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Alea iacta est

Würfel haben in den letzten Jahren ein großes Comeback gefeiert, das sollte mittlerweile auch der letzte mitbekommen haben. Die Frage ist: Wie sieht es nun mit weiteren Comebacks alter Klassiker aus? Um diese Frage zu beantworten gibts eine kleine Einführung in Sachen Zufallsfaktoren:

Karten sind wohl die beliebtesten und universellsten Zufallswerkszeuge. Nicht nur kann man die beliebig komplex und zusammenhängend gestalten (selbst die klassischen Karten unterscheiden Zahl und Symbol und damit einen Faktor mehr als Würfel, was die deutliche größere Varianz von klassischen Kartenspielen im Vergleich zu klasssichen Würfelspielen erklärt) und sie können verdeckt gehalten werden. Aus Sicht der Wahrscheinlichkeitsbeeinflussung bieten Karten zudem eine Wahlmöglichkeit: Wenn zwischendurch nicht gemischt wird, wird jedes Karte einmal gezogen werden können (wenn denn alle Karten gespielt werden) – es ist also klar was passieren kann, aber nicht wann. Extremverteilungen wie Siedler-Partien mit vier gewürfelten Zwölfen (schon erlebt) sind nicht möglich. Das kann durch „Mischkarten“ geändert werden. Wird zwischendurch gemischt können würfelähnliche Verteilungen erreicht werden. Karten genießen damit von allen Wahrscheinlichkeitsprinzipien die größten Variationsmöglichkeiten.

Würfel sind etwas simpler gestrickt, denn sie haben nur eine Information pro Seite (meistens) und haben (anders als ein Kartenstapel) kein Gedächnis. Gerade in der Einfachheit liegt ihre Stärke – Würfeln und fertig! Zudem ist die Berechnung der Wahrscheinlichkeiten einerseits sehr einfach oder zumindest intuitiv irgendwo zu erfassen  was spielerisch genutzt wird – siehe Backgammon oder Siedler von Catan. Ausbaufähig ist der Einsatz von anderen Würfeln abseits des Sechsseiters. Hier kann der Zufallsfaktor gezielt gesteuert werden – ein Zwanzigseiter steht spieltechnisch für etwas anderes als die Summe von 2 Zehnseitern.

An Urnenmodelle denkt man beim Spielen ja nun nicht unbedingt. Und doch werden sie seit Jahren verwendet: Und zwar immer wenn irgendwas aus einem Beutel/Tasse gezogen wird. Vorteil ist hier eine große Flexibilität und ein „Gedächnis“. Allerdings lies sich das ganze grundsätzlich auch immer als Kartenspiel simulieren – Das ziehen ist aber oft athmosphärisch stimmiger (Jenseits von Theben) bzw. ermöglicht besseres/interessanteres/billigeres Material (Ra, Livingstone). Der einzige Vorteil von „Karte“ vs. „Beutel“ den die Beutel tatsächlich haben, ist dass Beutel die Möglichkeit bieten etwas zu fühlen. Das wird aber selten genutzt.

Spinner sind jenseits von Kinderspielen selten geworden. Dabei haben sie die Einfachheit der Würfel und bieten zusätzlich zwei Vorteile: Zum einen können die Wahrscheinlichkeiten völlig frei gewählt werden – 10% Option A, 5% Option B, 3% Option C und 82% Option D? Kein Problem! Einfach die Flächen entsprechend einfärben! Außerdem sind sogar flexible Wahrscheinlickeiten möglich, wenn die Flächen selbst verschoben/gedreht werden können oder  wenn der Spinner zwischen zwei Figuren zeigen soll, von denen min. eine beweglich ist (nicht dass ich solche Spiele kennen würde, möglich ist es aber). Hier ist noch viel möglich und daher erwarte ich einen Spinner-Boom in einigen Jahren. Allerdings haben Spinner auch zwei Nachteile: Zum einen ist es Materialtechnisch immer umständlich einen Spinner zu verwenden (Loch stanzen, Sockel einbauen etc.) – Da sind die anderen Methoden billiger und sehen auch besser aus. Zum anderen  gibts bei Spinnern immer das Problem der Grenzlinien, die gerne mal getroffen werden.

Zu Beginn des letzten Jahrhunderts wurden gerne mal Kreisel verwendet. Das hatte vor allem religiöse Gründe: In den USA galten Spiele mit Würfel als Glücksspiele und Brettspielhersteller wichen dem mit Kreiseln aus. Spieltechnisch macht es keinen Unterschied ob ein Kreisel oder ein Spinner (oder ein Würfel, wenn alle Flächen des Kreisels gleich groß sind) verwendet wird und daher glaube ich nicht an ein Comeback des Kreisels.

Münzen sind eigentlich nur zweiseitige Würfel und doch wll ich sie kurz erwähnen: Wenn es nur zwei Möglichkeiten gibt nimmt man einen Würfel. Gibt es aber viele Möglichkeiten nur zwei Dinge zu ermitteln, sprich bräuchte man sehr viele Würfel, wären Münzen eine echte Alternative. Allerdings: Ich hatte einen Münzmechanismus und viele Spieler fanden es vom Handling her besser zu würfeln als zu werfen. Daher glaube ich auch nicht an Münzen.

Computerbasierte Zufallsfaktoren bieten natürlich größtmögliche Flexibilität und zudem ein belieb einsetzbares Gedächnis. Doch ebenso klar ist, dass ihre Einsetzmöglichkeiten stark begrenzt sind. Letzte Woche habe ich bereits dargelegt, warum mit Computer-Brettspielhybriden in absehbarer Zeit nicht zu rechnen sein dürfte. Bei echten Brettspielen kommen sie nur bei den großen Verlagen Ravensburger (Die Insel) oder Hasbro (Monopoly- Die Börse) oder bei Yvio zum Einsatz.

Fazit: An der Vorherrschaft von Karten und Würfeln wird es nichts zu rütteln geben. Ihre Einsatzmöglichkeiten werden weiter ausgebaut. Urnenmodelle (Ziehen aus dem Beutel) wird aber an Boden gewinnen. Hier ist noch viel möglich und hier kann viel Athmosphäre und Spielspaß erzeugt werden.

Und weil Autoren gerne was neues mit alten Mechanismen probieren progostiziere ich ein kleines Spinner-Comeback (nicht nur im Forum – SCNR). Nicht so groß wie das aktuelle Würfelcomeback, aber sicherlich spürbar.

ciao

Peer

Peer Sylvester
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