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Profis am Werk?

Meine Meinung zum Thema „Professionalisierung der Spieleautoren“ habe ich schon häufiger kund getan (z.B. hier oder auch hier), ich möchte hier nicht alles wiederholen, nur kurz zusammenfassen: Wenn es auf lange Sicht eine gesunde Spieleszene geben soll, dann braucht man das gesamte Spektrum an Autoren: Den Hobbyautoren, der für sich und seine Freunde erfindet bis hin zum reinen „Arbeiter“, der fest beim Verlag angestellt ist und Spiele rein nach Marketinggesichtspunkten zusammenbastelt. So wie das Spektrum im Moment zusammengesetzt ist, ists imho sehr konstruktiv und fast ideal. Eine Verschiebung hin zu wenigen Professionellen würde wenig Leuten helfen und den meisten schaden; Wenig Diversisfikation bedeutet Stagnation.

Wohl gemerkt: Das gilt für die Autoren.

Sicherlich, es gibt viele Hobbyverlage (auch „Kleinverlage“ genannt“), welche die Szene bereichern. Dennoch: Verlage sollten schon professionelle Strukturen aufweisen, damit die Szene bereichert wird. Weniger was die Spieleauswahl betrifft (Da haben Kleinverlage natürlich den Vorteil, dass sie nur bedingt gewinnorientiert arbeiten können/Müssen/wollen und dadurch eben das Angebotsspektrum gewaltig erweitern), sondern eben in Punkto Regelheft, Graphik, Vertriebsstrukturen… Wenn ein Verlag die Riege der Kleinverlage hinter sich gelassen hat, darf man schon größere Ansprüche stellen, insbesondere im Umgang mit Autoren. So häufig der Satz „Wir Verlage sind ja sowas von abhängig von euch Autoren“ auch gern zitiert wird, so weit ist mancher Verlag von der Wirklichkeit entfernt. Autoren sind oft in einer Bettelrolle gegenüber den Verlagen- zumindest wir kleineren, unbekannteren Autoren. Ein paar wahre Beispiele:

– Ein Verlag behält einen Prototypen ungespielt über ein Jahr und verschlampt ihn dann (nach eigener Aussage). Ein anderer braucht 1,5 Jahre um festzustellen, dass ein Spiel nun gar nicht ins Verlagsprogramm passt und ein dritter hat nach zwei Jahren immer noch einen ungespielten Prototypen von mir im Schrank.

– Ein Verlagsvertreter behauptet gegenüber dem Autoren, der Vertrag sei unterwegs, während ein anderer Vertreter desselben Verlages meint, das Spiel sei intern noch gar nicht diskutiert worden.

– Ein Verlag verweigert die Zahlung aufgrund von finanzieller Engpässe an einen Autoren. Erst nach einiger Verhandlungen, gibt es Geld – weniger als vereinbart. Der Verlag produziert nach wie vor Spiele.

Da wäre es doch gut, wenn es eine  Vereinigung von Spieleautoren gäbe, die es sich zum Ziel gesetzt hat „die Interessen der Spieleautor/innen/en zu vertreten„, oder?

Wäre aber schon schön, wenn diese Vereinigung das professioneller tun würde…

Ja, ich rede von der SAZ. Ja, ich weiß, dass es ein ehrenamtlicher Verein ist und ehrenamtlich Tätige haben eigentlich immer meine Bewunderung für ihr Engagement. Aber: Die SAZ sieht sich als Interessenvertretung. Als solche sollte sie Interessen vertreten. Das hat sie in der Vergangenheit nicht wirklich gemacht. Und auch in der Gegenwart ist keine Positionierung erkennbar: Zwar nennt der zweite Vorsitzende Reiner Stockhausen die Ravensburger Erklärung hier auf der Spielbar „überflüssig“, aber widerrufen wurde sie nie. In Bezug auf die Urheberrechtsdebatte gab es zwar einige Beiträge im eigens eröffneten Spielblog, aber die Seite ist schon wieder geschlossen. Stattdessen steht in der aktuellen SAZ-News ein Artikel über Urheberrecht von Spielen, geschrieben von jemanden, der gar keine Ahnung vom deutschen Urheberrecht hat – Unkommentiert. Auch zum Thema „Professionalisierung“ sind keine Aussagen (pro oder Contra) mehr vorhanden. Stattdessen wird darauf verwiesen, die SAZ beherberge eben eine Vielfalt von Meinungen. Das ist richtig, aber um Interessen zu vertreten, muss man sie eben auch kennen. Und als Außenstehender ergibt sich nicht das Gefühl, das Sprachrohr der SAZ gäbe sich jetzt exorbitante Mühe, diese Interessen in Erfahrung zu bringen. Im Zeitalter von Email und Foren sollte eine Mitgliederbefragung eigentlich keine allzu großen Probleme aufwerfen.

Gänzlich unprofessionell ist aber wie mit öffentlicher Kritik umgegangen wird. Bestes Beispiel: Dieser Thread. Hier hätte man ohne Not schreiben können „Oh das haben wir übersehen.“ Stattdessen ein böser offener Brief Richtung Günter Cornett, der überhaupt nicht auf die Kritikpunkte eingeht. Und das ist kein Einzelfall – Im Gegenteil! Professionelles Auftreten ist aber immanent, will man als „Sprachrohr“ ernst genommen werden. Leider ist das Gegenteil der Fall – und hat jetzt einen traurigen Höhepunkt erreicht, den ich ansprechen muss:
Im Spielbox-Forum gab es Kritik (mal wieder) von Günter Cornett an der SAZ, insbesondere an der Alex-Vergabe (siehe auch hier für weitere Kritik). Daniel Danzer, der an der Preisvergabe beteiligt war, schrieb einen (imho) interessanten und ausführlichen Bericht über die Preisvergabe. Es gab noch etwas Diskussion. Plötzlich wurde ein Beitrag „auf Wunsch von Andrea Meyer gelöscht“. Noch einige Stunden später wurde der ganze Thread gelöscht („um juristischen Schritten zu vermeiden“) und Günter Cornett wurde aus dem Forum ausgeschlossen. Auch wenn man genaueres nicht erfährt: Wer ausser einem SAZ-Mitglied (mit oder ohne Rücksprache mit der restlichen Organisation) hätte juristische Schritte angedroht? Außenstehende waren ja nicht betroffen und ich glaube kaum, dass Daniel oder Günter da aktiv wurden… Das ist für mich (und einige andere) aber ein deutliches Zeichen, dass die SAZ Kritik nicht duldet – ein Armutszeugnis udn (ich bin da ganz offen) für mich sogar ein kleiner Skandal. Spieleaturen sollten von Haus aus mit Kritik umgehen können – Sie sind (in ihren Testrunden) schließlich darauf angewiesen!

Das alles wäre ärgerlich, aber nicht tragisch, ginge es doch nur um irgendeinen Verein. Es ist aber die SAZ. Und die hätte das Potential, tatsächlich die Zusammenarbeit mit Verlagen zu verbessern und die Rechte der Autoren zu stärken. Im Moment ist sie wenig mehr als eine Möglichkeit Spieleautoren kennen zu lernen. Wenn es das ist was sie will, sollte sie das Wort „Interessengemeinschaft“ aus ihrem Selbstverständnis streichen.

…Und noch ganz passend zum Thema eine neue Rezension: Scheisse-Quartett

ciao

Peer

Peer Sylvester
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2 Kommentare

  • Als Spieler habe ich die SAZ bisher nur peripher wahrgenommen. Deshalb muss ich zu meinem Kommentar einschränken, dass ich die von Peer kritisierten Vorgänge nur aus seiner Sicht kenne.

    Wir Spieler sind auf die Kreativität und Vielfalt der Autoren angewiesen. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Autoren in der schwächeren Position sind, denn sie sind in der Regel stärker auf einen Verlag angewiesen, als der Verlag auf den einzelnen Autor. Der Verlag kann aus einem größeren Pool an Autoren schöpfen, als ein Autor passende Verlage finden kann. Die Aussagen der Verlage über die Anzahl der eingereichten Prototypen unterstreicht meine Aussage. Insofern haben auch wir Spieler ein Interesse an einer Vertretung der Spieleautoren (abgesehen von meinem Gerechtigkeitsempfinden). Die Kritik von Peer unterstütze ich voll und ganz. Gerade in der Urheberrechtsdebatte, die ich am ehesten verfolgt habe, hat die SAZ meiner Meinung geschlafen. Wenn der Umgang mit Kritik so aussieht, wie von Peer geschrieben, braucht die SAZ einen Umsturz oder eben eine alternative Interessenvertretung, was ich aber eher nicht favorisieren würde, denn die Spieleautoren brauchen Einheit, um ihre Interessen gegenüber den Verlagen oder auch der Politik/Justiz (s. Urheberrecht) durchzusetzen.