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Origins Online wird gecancelled

GAMA ist die Organisation, hinter der Origins Games fair (kurz: Origins), dies ist ein Con für Brett- und Rollenspiele und neben GenCon sicherlich diewichtigste in den USA. Aufgrund von Corona sollte dieses Jahr die Veranstaltung online stattfinden. Da Workshops und Podiumsdiskussionen schon immer ein Bestandteil von Origins waren und man diesen Teil ja durchaus auch gut virtuell stattfinden lassen kann, war dies sicherlich eine naheliegende Idee. Nun wurde auch diese Online-Veranstaltung komplett abgesagt. Warum? Einige der Panellisten, also der Leute, die für die Veranstaltungen gebucht wurden, hatten erst intern dann öffentlich nachgefragt, warum die GAMA noch kein Statement zu Black Lives Matter abgegeben haben. Immerhin haben sich praktisch alle anderen großen Organisationen positioniert – inklusive NASCAR oder auch das Computerspiel- Äquivalent GAMAS. GAMA selber hat wohl etwas in die Richtung geantwortet: „Wir wollen Politik aus Origins heraushalten“. Daraufhin sind mehr und mehr Panelisten abgespruchen, dann weitere, z.T. auch in Solidarität mit den ersten und schließlich haben auch eine Vielzahl an Verlagen und anderen Organisationen -wie Boardgamegeek – abgesagt. Origins hat dann den Stecker gezogen, denn ohne Leute, die Content anbieten, gibt es eben auch keinen Inhalt.

Nun gibt es natürlich Leute, die sagen: „Warum diese Reaktion, weil etwas NICHT gesagt wurde? Ist ja nicht so, als dass GAMA sich dagegen positioniert hätten“. Tatsächlich aber ist es „Black Lives Matter“ keine Sache, bei der es eine „neutrale“ Position geben würde – es geht hier ja um Menschenleben, um systematischen Rassismus, der Menschen tötet. Dagegen zu sein ist kein Kraftakt, dagegen zu sein, sollte nicht kontrovers, sondern selbstverständlich sein. Wenn nicht einmal selbstverständliches gesagt werden kann, aus angst, Kunden zu verlieren, spricht eine deutliche Sprache. Hier keine Meinung zu haben -oder keine zu vertreten – ist nicht unpolitisch, sondern ebenfalls eine politische Aussage, wie man auch an den Reaktionen (insbesondere von PoC) sieht. Diese minimale Hürde nicht zu nehmen sagt viel über die Entscheidungsträger bei GAMA aus. Bei der offiziellen Bekanntgabe der Absage wird übrigens nicht auf diesen Hintergrund eingegangen. Stattdessen heißt es jetzt, dass aufgrund der Unruhen eine solche Veranstaltung unsensibel wäre. Nur in einem Nebensatz wird erwähnt, dass andere Leute GAMA darauf hingewiesen hätten – kein großer Verweis auf die PoC die erst einmal mutig abgesagt haben, geschweige denn eine Entschuldigung. Es steht zu befürchten, dass die Origin Crew hier nur aktiv wurde, weil sie es mussten, nicht weil ein Wille zur Veränderung dagewesen wäre (Leder Games haben daraufhin ein sehr deutliches Statement abgegeben und geben all ihre Oirgins Awards zurück und werden diese nicht mehr auf die Spieleschachteln drucken). Nicht vergessen habe ich -und andere – dass dieselben Leute es vor zwei Jahren eine gute Idee fanden den ultrarechten Larry Correira einzuladen und auch dort nur auf massive Kritik von anderen Teilnehmern reagierten. Diese Geschehnisse deuten schon darauf hin, dass im Entscheidungszirkel eine gewisse Sensibilisierung fehlt. Es ist eben nicht genug Minderheiten zu Diskussionen einzuladen, generell sollte eine Anti-Rassismus und Pro-Diversität/Gleichberichtigung Politik in allen Entscheidungen sichtbar werden.

Und das gilt nicht nur in den USA.

Auch wenn hierzulande der strukturelle Rassismus anders aussieht und die Szene hierzulande, zumindest wie ich sie wahrnehme, deutlich weniger rasisstischen Arschlöchern eine Platform bietet (durchaus ein Problem, wie man weiß, wenn man häufiger auf englischsprachigen Foren unterwegs ist), ist es nicht so, dass wir hier komplett vorurteilsfrei wären. Auch hier ist die Szene absolut überwiegend durch weiße Männer geprägt, auf der letzten Spiel sind mir auch nicht besonders viele Mitarbeiter Deutscher Verlage oder Podikusmdiskutanten mit Migrationshintergrund aufgefallen. Das deutet durchaus darauf hin, dass das Hobby auch hierzulande nicht so attraktiv für Minderheiten ist, wie wir vielleicht gerne glauben wollen.

Eine positive Nachricht kann ich aber auch geben: Auf den Brettspielseiten von reddit (reddit/boardgames) sind mehrere Moderatoren zurückgetreten, weil sie keine Rassisten bannen durften – sie waren es leid, immer Posts von denselben Leuten löschen zu müssen (und irgendws rutscht ja immer durch). Daraufhin haben sich einige Leute aus Twitter zusammengesetzt und einen neuen Bereich geöffnet mit der einfachen Regel: Rassisten/Sexisten etc. werden nicht geduldet. Ich hoffe, dass sie durchhalten, Reddit war schon sehr lange kein Ort mehr, wo ich mich wohlgefühlt habe und da auch Boardgamgeeek seinen Anteil an Trollen und Elchen hat, wird es schwerer gute Diskussionen im englischssprachigen Sprachraum abseits vonm Twitter zu führen.

Über Village Green und Polynesia rede ich ein anderes Mal, im Moment ist mir mehr nach Zuhören zumute.

ciao

peer

 

Peer Sylvester
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