Kurz nach Weihnachten ein Tweet von Antoine Bauza, in dem er auf das Spiel Pioneers der Indischen Finanzfirma Avendus hinweist – bei dem Spiel handele es sich um ein Plagiat von 7 Wonders. Ist das so?
Kurze Antwort: Ja. Wer sich das Regelvideo ansieht oder die Spielregel durchliest, stellt fest, dass das Gameplay 1:1 von 7 Wonders übernommen wurde. Der einzige Unterschied sind die Begriffe; das Spiel ist jetzt im Finanzsektor angesiedelt. Ironischerweise ist die neue Entsprechung des Militärs „Intellectual Property“. Nun ist das Spiel ein reines Werbespiel – es ist nicht im freien Handel erhältlich, sondern ein Diwali-Geschenk (Diwali ist ein hinduistisches Fest) für die Aktionäre. Avendus selbst hat das Plagiat nicht einmal direkt zu verantworten- sie haben eine Firma beauftragt, die dann 7 Wonders einfach umgemodelt haben. Avendus hat sich mittlerweile entschuldigt. Also ein unwichtiger Fall – mittlerweile erledigt, etwas exotisch vielleicht, aber letztlich ohne Konsequenz?
Nicht ganz. Das Problem in diesem Fall ist tatsächlich weniger der Plagiatsfall an sich. Er steht aber stellvertretend für ein anderes Problem: Brettspiele in der Werbung.
2014 fand sich Reiner Knizia in einer ähnlichen Situation wieder: Auf Flügen der Lufthansa wurde eine ungenehmigte Version seines Spieles Heckmeck am Bratwurmeck als „Sammelsurium “ kostenlos verteilt. Knizia wehrte sich juristisch, die Lufthansa stellte die Verteilung ein. Hier wie in dem Fall oben dürfte in beiden Fällen keine Böswilligkeit seitens des Plagiatoren vorliegen. Wahrscheinlicher ist es, dass in beiden Fällen einfach gar nicht bekannt war, dass das jeweilige Spiel -bzw Spiele generell – urheberrechtlich geschützt ist.
Spiele haben in der Werbung eine gewisse Tradition: „Memospiele“ (alias „Memory“), Quartette, Kartenspiele werden gerne verteilt, auch Mensch-Ärgere-Dich-Nicht- oder Gänsespielvarianten begegnet man immer wieder, gelegentlich auch mal einem Schach- oder Backgammonbrett (allerdings ist dort das Anbringen eines Logos schwieriger, daher sind diese Fälle seltener). „Spielen“ ist eben positiv besetzt, dieses positive Gefühl soll sich auf die Fimen übertragen. Hinzu kommt, dass Spiele zu den wenigen Werbegeschenken gehören, mit denen die Leute auch tatsächlich etwas anfangen können. Die eben erwähnten Spiele sind alle gemeinfreie Klassiker. Eine Werbefirma, die damit beauftragt wurde, ein geeignetes Werbegeschenk zu suchen, landet daher schnell bei diesen Spielen. Aber wenn es etwas besonderes sein darf? Vielleicht ein nettes Spiel, was irgendwo mal gespielt wurde (wie Heckmeck am Bratwurmeck) und das mit wenig Material auskommt und einfache Regeln hat? Warum nicht? Dass diese Spiele als Autorenspiele in der Regel Urheberrechtlichen Schutz genießen (wenn es sich nicht um traditionelle Spiele handelt), kommt den werbetreibenden vermutlich gar nicht in den Sinn – und hier merkt man eben auch noch, dass sich außerhalb der Brettspielblase noch nicht herumgesprochen hat, dass Spiele Urheberrechtlich geschützte Werke sind.
Insofern muss man diesen Episoden mit einem lachenden und einem wenienden Auge begegnen: „Lachend“, weil sie ein Zeichen für die steigende Akzeptanz des Hobys in der Bevölkerung sind, „weinend“, weil professionelle Kreativlinge vermutlich mehr über die Verwendung von Bildern aus dem Internet wissen, als über Autorenspiele. Und um einen verbreiteten Vorurteil einzugehen: Spieleautoren haben natürlich auch durch unverkäufliche Werbespiele einen Schaden: Zum einen kaufen potentiell weniger Leute das Original, wenn es die Kopie umsonst gibt. Das setzt aber zumindest auch das Wissen um das Original vorraus, was nicht einmal gewährleistet ist. Vor allem aber, würden extrene Graphiker oder Schriftsteller oder Filmschaffende für andere Werbeprodukte bezahlt. Werbefirmen sollten -und tun das auch – Spieleautoren dafür bezahlen, dass sie sich ein Werbespiel ausdenken. Ein Medium ist nur so gut, wie die Leute, die damit arbeiten. Angemessene Bezahlung sorgt für mehr Leute, die es sich leisten können, kreativ zu arbeiten – das gilt auch für Brettspiele in der Werbung.
ciao
peer
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