Ferienzeit. Den Kindern lüstet es nach Kartenspielen – im Urlaub oder beim Besuch der erweiterten Familie oder Freunden oder so. Vielleicht nicht bei unsereins (vielleicht doch), aber Uno ist komischerweise immer noch ganz weit vorne, was schnelle Sommerkartenspiele betrifft. Warum? Weil man es einfach so wegspielt, weil es schnell geht und jeder die Regeln kennt. Und weil man sich gegenseitig ärgern kann. Mit Uno-Extrem wurde dies noch einmal potentiert: Mit Karten wie „Tausche alle Karten mit jemand anderem“ wurden alle Ansätze von Taktik vom Tisch geworfen. Gleichzeitig ist das Spiel nicht mehr portabel. Naja, da bleibt die Lücke für anderes. Hier einige im Kreis der Zielgruppe getesteten Alternativen – wunderbar geeignet als Mitbringsel für die erweiterte Familie oder Freunde oder um in den Urlaub mitzunehmen. Hier ein paar Kandidaten, aufsteigend geordnet nach streng mathematisch ermitteltem Uno-Killer-Index:
Star Plus: Bereits in meiner Rezension beschrieb ich Star Plus als „das bessere Uno“ und daran hat sich absolut nichts geändert. Star Plus spielt sich fast genau wie Uno, aber man legt auf seinen eigenen Ablagestapel ab. Oh und es gibt keine Farben, man muss nur die Summe des Vorgängers weiterzählen (bis 12, dann geht es wieder bei 1 weiter). Wer nicht kann, muss nachziehen. Das ist in einer Minute erklärt. Und es gibt Ärgerkarten – aber nur ein paar. Denn der ganz große Vorteil von Star Plus ist: Man kann mit allen Karten ärgern! Wer seine Summe aus min. 3 Karten bildet, zwingt alle nachvolgenden dasselbe zu tun. Das sorgt für Gestöhne und Böse Blicke und genau das will man ja. Dabei ist niemand jemals total abgeschlagen. Wer viele Karten hat, kann auch eher die geforderten Summen bilden. Wo Uno schnell langweilig und frustrierend wird bleibt Star Plus bis zum Ende spannend. Dabei hat man genügend Kontrolle, um zu denken, man könnte das Ergebnis beeinflussen (daher macht es auch Erwachsenen Spaß), aber nicht so viel, als dass die Kinder nicht ständig gegen die Erwachsenen gewinnen würden – So soll es sein! Der einzige Nachteil ist die knifflige Verfügbarkeit – Meines Wissens ist Nice game shop die einzige Einkaufsquelle in Deutschland.
L.A.M.A.: Georgios hat sich Knizias Kartenablegespiel schon angenommen. Auch hier ist Spielziel und -Ablauf so einfach, dass jeder innerhalb weniger Minuten einsteigen kann. Es gibt keine Sonderkarten, die direkten Ärgererlebnisse kommen, weil es eben doch jemand schafft fertig zu werden, obwohl ich gerade noch eine Sechs aufgenommen habe oder weil ich ausgestiegen bin, obwohl alle anderen plötzlich noch fleißig Karten nachziehen oder vor allem, weil mein Vordermann eine 1 spielte, wo ich doch noch dringend das letzte Lama loswerden wollte. Hier ist der Ärgerfaktor also ins Spielprinzip mit eingebaut, statt über Karten künstlich erzeugt. Insbesondere die Regeln, dass jemand der fertig ist, einen schwarzen Chip loswird, sorgt dafür, dass bis zum Ende alles offen ist – und es nicht selten spannende „Endspiele“ gibt. L.A.M.A. hat alles was einen Uno-Killer ausmacht – das es mangelns Rechnerei auch von meiner Sechsjährigen (die erst nach den Sommerferien in die erste Klasse kommt) gespielt werden kann, hebt L.A.M.A. mittlerweile über das eigentlich bessere
Skyjo: Warum halte ich Skyjo für überlegen? Rein von den nackten Zahlen her hat Skyjo den unglaublichen Vorteil, dass es in allen Besetzungen -von 2 bis 8 Spielern – gleich gut funktioniert, während L.A.M.A. zu zweit gerade so funktioniert und erst mit steigender Mitspieleranzahl an Spaß gewinnt. Rein von der Meta-Ebene her halte ich Skyjo auch deswegen für überlegen, weil es ganz anders funktioniert als die typischen Spiele der Spielgruppe, ohne das es jedoch auffällt – Aufdecken von verdeckten Karten oder austauschen einer (offenen oder verdeckten) Karte – das fühlt sich intuitiv an. Das drei gleiche Karten aus den Spiel genommen werden, sorgt für etwas Taktik und etwas Zock, dass man seine Minuspunkte verdoppeln muss, wenn man die Runde beendet, ohne die niedrigste Punktzahl zu haben, sorgt für Spannung. Und all das, ohne dass es sich „kompliziert“ anfühlen würde – auch nicht für Wenigspieler. Die bloße Tatsache, dass sich Skyjo nur über Flüsterpropaganda zu einem kleinen Hit gemausert hat, zeigt, dass es die Zielgruppe perfekt bedient. Der obligatorische Nachteil? Der Platzbedarf, der einen Tisch bedingt, den man unterwegs in der Regel nicht hat. Aber sonst? Das Spiel ist in meiner Familie seit einem Jahr ein Hit und auch wenn neuere Spiele mittlerweile etwas häufiger auf dem Tisch kommen, kommt es eben doch immer noch auf den Tisch. Von den hier vorgestellten Spielen mein persönlicher Favorit. Platz drei im Uno-Killer-Index eigentlich nur, weil ein direkter Ärgerfaktor fehlt.
Diese drei Spiele sind für mich die wichtigsten Waffen im Kampf gegen Uno. Im folgenden stelle ich noch drei Spiele vor, die eine ähnliche Zielgruppe abdecken, spielerisch aber doch ganz anders funktionieren:
Birds of a feather: Ähm OK, es ist mir etwas peinlich, aber dieses Spiel gibt es wohl nur noch direkt beim Verlag in den USA oder gebraucht via BGG (oder so). Sicherlich nicht optimal, aber ich wollte das Spiel hier vorstellen, und wie ich beim Brexit gelernt habe, darf man seine einmal gefasste Meinung nicht mehr ändern und muss seine Pläne durchziehen, auch wenn sie vielleicht in der Zwischenzeit komplett obsolet geworden sind (Ich schreibe dies übrigens an dem Tag, an dem über die PKW Maut entschieden wird). Jedenfalls ist Birds of a feather ein Kartenspiel das gänzlich anders funktioniert als Uno, aber dennoch vom Spielgefühl her definitiv ein Uno-Killer ist: Es spielt sich fluffig, die Regeln sind einfach und man kann sich ärgern. Es spielt sich einfach, denn alle spielen gleichzeitig und geheim eine Karte. Die Karten zeigen Vögel unterschiedlichen Typs und Farbe. Alle Spieler, die eine Karte derselben Farbe gespielt haben, „sehen“ die Vögel derselben Farbe die von irgendwem in dieser oder der Vorrunde gespielt wurden. Was man sieht darf man ankreuzen, wobei es nur darum geht, die Symbole, die man kreuzt überhaupt zu sehen – wie oft spielt keine Rolle. Das ist ungewöhnlich, aber intuitiv. Und man kann ein bisschen spekulieren, denn Ziel ist es eine Farbe möglichst vollständig zu kreuzen. Vom Spielgefühl her ist Birds of a feather eher an einem „Roll and Write“ dran (Gleichzeitiger Chaos-Mechanismus und dann kreuzen) als an Uno, aber das ist absolut OK. Der Ärgerfaktor kann mit der optionalen Regel erhöht werden, dass Raubvögel andere Vögel vertreiben, was die Sache deutlich kniffliger macht. Ich brauche das nicht unbedingt, aber Uno und so… Die Spielerzahl ist übrigens zwar ,it 1-7 angegeben, aber so richtig gut ist es vor allem im Bereich 4-5, was nun nicht gerade ein wenig umkämpftes Segment ist. Dennoch: Nicht zuletzt auch wegen der tollen Bilder (Birds of a feather hat die beste Graphik aller hier vorgestellten Spiele) ein Hit bei der Zielgruppe und sehr Urlaubskompatibel: Spiel rausholen, 20 MInuten runterspielen, Schwimmen gehen. Passt.
Ohanami: Und wo wir sowieso in Kartenspielwelten weitab von Uno sind: Warum nicht ein Draftspiel? Ohanami ist die Draftversion von The Game, allerdings spielt hier jeder für sich. Karten auswählen, anlegen weitergeben, nächste Karte. Dabei spielt jeder für sich in seine eigene Auslage, die aus maximal drei Reihen besteht und bei der man nur an den Enden (oberhalb / unterhalb) anlegen kann. Für gelegte Karten gibt es je nach Farbe Punkte, wobei nur bei der Endwertung tatsächlich alle Karten punkten. Das ist sehr entspannend, weil konfliktneutral und tatsächlich ist das anlegen in den meisten Fällen leichter als man denkt. Wenn man nicht total Pech hat oder extrem hohes Risiko geht, sollte man eigentlich kaum in Probleme geraten. Die Wertung ist etwas zu rechenlastig für die Zielgruppe, die muss schon ein professioneller Kopfrechner übernehmen. Ich habe auch das Gefühl, es lohnt sich kaum auf Blau zu spielen – zu gering der Ertrag im Vergleich zu den anderen Farben. Viele Leute beklagen zudem das Ohanami zu simpel ist, was ich absolut nachvollziehen kann. Es ist eben ein entspannendes Spiel und nicht unbedingt ein spannendes. Das aber passt in den Urlaub und ein paar Runden Ohanami sind schnell runtergespielt. Es kam in den Unokreisen trotz fehlendem Ärgerfaktors bislang immer gut an.
Cat Lady: Meine jüngere Tochter ist jetzt sechs Jahre. Und Cat Lady ist ihr Lieblingskartenspiel -das erwähne ich, denn auf dem Papier ist es alles andere als ein „Uno-Killer“: Zwar ist der grundsätzliche Mechanismus einfach (Eine Zeile oder Spalte der Kartenauslage nehmen und zu sich legen), aber die Abrechnung ist kompliziert, weil alle möglichen Wertungssysteme verwendet werden: Mehrheiten für dies, Mindestanzahl für jenes, Bonuspunkte für solches. Und jede Katze muss gefüttert sein, um Siegpunkte abzuwerfen und dann kann sie ggf. sogar noch Sonderfertigkeiten anwenden, die andere Katzen beeinflussen… Das alles mit Text, d.h. jemand muss mitspielen, der lesen kann (ist jetzt bei uns nicht so die Hürde…). Zudem beschränkt sich der Ärgerfaktor auf das Nehmen einer Karte, die man selbst gerne gehabt hätte und liegt damit weit im unteren Eurogamebereich. Cat Lady zieht seinen Reiz tatsächlich vor allem aus dem Thema – was bei dem Genre „Aktionskarten mit Text nehmen“ oft versucht wird, aber nur selten klappt. Das Thema zieht, die Katzen sind süß und Spielablauf simpel genug um zu fesseln. Zudem entwickelt der Zwang seine Katzen möglichst genau zu füttern (sowohl ungefütterte Katzen wie als auch nicht verfüttertes Futter zählen Minuspunkte) genügend Spannung, um das Spiel auch mechanisch zu tragen. Im Uno-Killer-Index weit unten, ist Cat Lady doch bei der Zielgruppe weit oben und damit der Beweis, dass alle Theorie die Farbe nächtlicher Katzen hat.
Schöne Ferien!
Peer
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