OK, ich habe gestern einen kompletten Blogpost fertig geschrieben und jetzt kommt Asmodee mit einer Meldung um die Ecke, die ich nicht unkommentiert lassen kann: Der Gründung von Asmodee Entertainment. Als erstes einmal: Ist es gewollt, dass der Titel impliziert, dass die Spieleabteilung nicht zum „Entertainment“ gehört, also nicht unterhalten? ;-)
Na gut, wollen wir heute einmal keine Haare spalten, sondern uns auf inhaltliches beschränken. Und das ist genau genommen nicht viel: Asmodee Entertainment soll die IP (ergo: Marken und Spiele) des Verlages auch anderen Kanälen zufügen, insbesondere wurden Filme, Serien und Comics (inkl. Graphic Novels) genannt. Dies soll durch „Lizenzen und strategische Parnterschaften“ geschehen. Asmodee Entertainment produziert also erst einmal nicht selber, sondern versucht (vermutlich proaktiv, wie es so schön in Neusprech heißt) andere zu überzeugen, die eigenen Spiele als Basis für einen Film/Serie/Comic zu nutzen.
Das ergibt natürlich sinn: Hasbro hat vorgemacht, wie ein solcher Deal aussehen könnte, insbesondere was (Kinder-)Serien betrifft. Aber da Hasbro Universal Pictures ziemlich erfolgreich in die Beinahe-Pleite getrieben hat (Hier mein Prä-Battleships-Artikel), dürfte sich die Anzahl der potentiellen Abnehmer in der Filmbranche in überschaubaren Grenzen halten. Zumal Videospielumsetzung auf die große Leinwand ebenso fast ausnahmslos gefloppt sind (trotz potentiell größerer Zielgruppe) bei Brettspielen sieht es fast noch düsterer aus: Die einzigen einigermaßen erfolgreichen Brettspielfilme waren ein Cluedo-Film und Jumanji – und der basierte auf einem fiktionalen Spiel (Ja, es gibt ein Jumanjispiel, das kam aber nach dem Film heraus, war also ein Merchandisingprodukt) Wer sich schon auf Dragon-Castle-Film gefreut hat, muss sich folglich noch ne Runde gedulden.
Bei Serien mag die Lage etwas besser aussehen, vielen serienproduzierenden Streamingdiensten zum Dank. Auch hier muss aber erst einmal jemand überzeugt werden, eine Serie zu produzieren. Asmodee wird da bestenfalls auls Sponsor auftreten, finanzieren muss die Serie sich schon selbst – die Idee ist ja, dass der Serienproduzent eine Serie erhält, die erfolgreich ist und somit für sich Einnahmen generiert. Asmodee profitiert dann davon, dass das ursprüngliche Spiel quasi das Merchandisingspiel zur eigenen Serie ist. Problem ist: Was bei Hasbro geklappt hat waren ikonische Spielzeuge wie My little Pony oder Transformers. Für Ikonen ist Asmodee noch zu jung. Und: Diese Serien richteten sich an Kinder, bei Kinderspielen ist Asmodee aber gerade nicht so stark aufgestellt. Ergo würde ich vermuten (und mehr kann ich eh nicht tun), dass Serien nur dann in Frage kommen, wenn deren Setting interessant genug ist, um eine Serie ganz unabhängig von der Vorlage zu rechtfertigen. Das wäre am ehesten bei TIME Stories der Fall. Der Charakter des Spieles mit den Zeitreisen und den verschiedenen Szenarien ist schon sehr TVesk. Eine TIME-Stories -Serie wäre interessant, wenn auch teuer in der Produktion. (Winter der Toten ginge natürlich auch, aber diese Serie gibt es schon…)
Als drittes wurden Comic/Graphic Novels genannt und ich habe mich sofort gewundert, warum nicht normale Romane aufgezählt wurden. Immerhin sind z.B. die Battletechromane meines Wissens recht erfolgreich gewesen und das obgleich Battletech als Tabletop sicherlich jetzt nicht die ganz große Verbreitung hatte. Aber Asmodee ist als französischer Verlag vielleich dichter an der französichen Comicszene dran. Tatsächlich kann ich mir hier sogar am ehesten Auftragsarbeiten vorstellen (obwohl davon im Pressetext nicht explizit die Rede war); mit einigen Zeichner arbeitet man eh schon zusammen, die Kontakte sind also da. Die Kosten halten sich im Vergleich zu Filmen oder Serien in Grenzen und bei Comics nehme ich am ehesten an, dass große Fans des jeweiligen Brettspieles diese ebenso kaufen würden. Ich sehe rein vom Narrativ die meisten Spiele auch eher im Graphic Novelbereich. Pandemic Legacy ist z.B. meiner Meinung nach zumindest in der ersten Staffel (die zweite beginne ich erst Ostern) storytechnisch zu dünn für einen Film oder gar eine Serie. Als Graphic Novel kann ich mir den Kampf gegen Krankheiten und den Weltuntergang aber sehr gut vorstellen: Viel kann man mit einzelnen Bildern erzählen und man kann ohne Budget-Probleme Szenen in der ganzen Welt spielen lassen. Auch Wettstreit der Diebe ergäbe eine schöne Geschichte, denke ich (aber eben keine ganze Serie)
Aber bevor ich mich in Spekulationen verliere noch ein kleiner Besuch in der kalten Realität: Erst einmal wurde Asmodee Entertainment gegründet. Jetzt werden Partner gesucht. Ob tatsächlich welche gefunden werden, ist offen. Und selbst wenn: Schon so manche Film/Fernsehumsetzung ist in der Entwicklungshölle verschwunden. Ich erwarte daher erst einmal nicht viel. Wenn ich überrascht werde – um so besser! Dem Hobby kann eine weitere Verbreitung nur guttun.
ciao
peer
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Entertainment dürfte wohl eher eine einseitige Form der Unterhaltung meinen:
Der Entertainer oder das Entertainment Medium unterhält das konsumierende Publikum.
Beim Spiel ist jeder Beteiligte Entertainer und Konsument gleichzeitig.
Zu „Dem Hobby kann eine weitere Verbreitung nur guttun.“ ist nicht wirklich falsch, aber doch auch etwas naiv.
Ist es nur positiv, wenn der Brettspielsektor möglicherweise von Themen und Mechaniken dominiert wird, die für Entertainment geeignet sind? Wenn die Produzenten auch die Vertragsbedingungen bestimmen? Es findet eine Marktkonzentration statt, die auf Konsumentenseite mit Vielfalt einhergeht. Momentan steigen Vielfalt, Qualität und auch die Zahl der Verlage. Aber ob das auf lange Sicht so bleibt? Ich sehe das nicht allzu düster, aber in zehn Jahren kann das ganz anders aussehen und auch eine größere Abhängigkeit für die AutorInnen und GrafikerInnen bedeuten.
Das ist eine interessante Idee, dass die eigenen Spiele für Comics usw. genutzt werden sollen. Allerdings verlaufen Spiele nach einem anderen Muster als Bücher oder grafische Novellen, oder? So wie es beim Theater den Bühnenvorhang gibt, der gekauft werden muss, um die Atmosphäre zu schaffen, fehlt sie beim Film und der Eindruck ist ganz anders. Auch müssen Drehbücher für Theater und Film anders aussehen.