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Tag 1 der Tagung XIXth Board Game Studies Colloquium, 2016

Derzeit bin ich als fachfremder Wissenschaftler – eigentlich beschäftige ich mich ja mit Wirtschaftsinformatik – auf dieser Tagung zur Forschung rund um Brettspiele. Nun denn, wie noch festzustellen sein wird sind moderne Brettspiele nicht unbedingt im Fokus der Community.
Die Tagung findet in diesem Jahr in Nürnberg statt. Gastgeberin ist das Deutsche Spielearchiv welches in sehr repräsentativen Räumlichkeiten direkt in der Innenstadt von Nürnberg zu finden ist. Und insgesamt muss ich festhalten, Nürnberg ist einen Besuch wert. Ich bin zum ersten Mal hier und nachhaltig begeistert von der fantastischen Innenstadt.
Die BGS hebt sich in einigen Aspekten von den für mich üblichen Tagungen ab. Z.B. ist die Welt hier bei weitem noch nicht so ‚powerpointerisiert’ wie in meiner Disziplin. Das liegt vielleicht auch am Background der Vortragenden. Neben Hochschulmitgliedern finden hier nämlich auch Vorträge von Autoren, Sammlern, Privatpersonen oder Studierenden ihren Platz. Insgesamt eine sehr spannende Mischung, aber auch durchaus eine spezielle Community mit oftmals sehr tiefgehenden Detailkenntnissen.
Der heutige erste Tag war geprägt von Beiträgen zu ‚ancient games’ sowie von Beiträgen mit Bezug zum Schachspiel. Dabei zeigt sich, dass Rückschlüsse auf das Spielverhalten der alten Griechen nur aufgrund einer Abbildung auf einer historischen Vase schwerlich zu treffen sind. Spannend war hingegen ein Vortrag zu münzähnlichen Bronzeprägungen, deren Verwendung bei den Römern nicht abschließend geklärt ist. Es besteht vielleicht durchaus die Möglichkeit, dass diese zu einer Art eines Spiels gehören könnten, jedoch konnte auch hier noch kein Beleg gefunden werden. Dass die Prägungen erotische Situation verbildlichen, hat jedoch in jedem Fall das Interesse am Vortrag massiv aufrecht erhalten. :-) Übrigens, ein Aspekt ist übereinstimmend mit meinem Forschungsfeld: Es ist deutlich durch Männer dominiert. Ein Beitrag zur Verwendung von Spielmechanismen in Computerspielen ist ein wenig untergegangen, das liegt wohl doch zu sehr außerhalb der Interessen der Community.
Anschließend wurde die Bedeutung und Verbreitung des Dame-Spiels betrachtet, wobei interessante Rückschlüsse aus der Verbreitung von Lehrmaterial (z.B. Bilderbücher, um Buchstaben zu lernen) gezogen werden konnten. Darin fanden sich nämlich oftmals Dame-Bretter zur Visualisierung des Buchstabens ‚D’. Im Vergleich dazu wurde z.B. Schach niemals herangezogen. Spannend ist auch die Möglichkeit, Rückschlüsse zur Entstehung von Spielen anhand von Patentunterlagen aus den Niederlanden zu ziehen. Die dann folgenden Vorträge fokussierten auf Indian Chess; mangels Wissen über die dortige Kultur und deren Spiele muss ich hier jedoch mit einem Bericht passen. Im späten Nachmittag folgten dann noch Beiträge zur Entdeckung von Spielen in den Felsenstadt Petra, wo sich immer wieder in den Stein geschlagene Muster von Vertiefungen finden. Interessant dabei: Archäologen hatten zunächst keine Idee, was deren Zweck sein gewesen sein könnte und haben sich über den Hinweis aus der Brettspiel-Forschung sehr gefreut. Nun möchten beide Forschergruppen stärker kooperieren. Interessant auch die Masse an in den Stein gehauenen Spielbrettern für traditionelle Spiele in einer Festungsanlage in Frankreich.
Der erste Tag der BGS 2016 endete mit der üblichen Welcome Reception, also ein paar offiziellen Reden verbunden mit leckeren Häppchen.

Jürgen Karla