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Die Spielbar-Buchecke

Sommerzeit ist ja auch Lesezeit. Angeblich. Gute Gelegenheit vorm Urlaub etwas Spieleliteratur vorzustellen:

Matt Forbecks Dangerous Games: How we play (Danke noch einmal an Matthias Nagy für den Titel!) ist der erste Band einer Triologie, deren Bände aber abgeschlossen sind. Dieses (e-)Buch ist ein Krimi: Bei Gen-Con wurde ein Spieleautor ermordet und der Spieler, Spieleautor und angehender Polizist Liam Parker soll helfen den Fall zu lösen.

Bevor ich meine Gedanken zum Buch hier kundtue, eine (etwas längere) Anekdote aus meinem Leben: Als ich noch in Bangkok lebte, war eines der wenigen englischsprachigen Bücher, die man dort überhaupt lesen konnte das Buch „The Vampire of Siam“ von einem freien Journalisten (den Namen weiß ich nicht mehr). Dabei handelte es sich vordergründig um eine Vampirgeschichte, die im modernen Bangkok spielte. Eigentlich war es aber mehr eine Aufzählung aller Klischees, die dort lebende Westler an Thailand haben: Motorradunfälle, Deutsche Touristen, korrupte Polizisten… Die Geschichte hätte sich ohne dieses ganze Vehikel niemals verkauft, war das Buch doch voller Plotholes, flacher Charaktere und schlicht durch und durch unlogisch, literarisch auf dem „Der Landarzt“-Niveau (geholfen hat sicherlich auch, dass der Autor bei einer Zeitung arbeitete, die das Buch sehr positiv besproch)

How we play ist jetzt bei weitem nicht so schlimm, aber der eigentliche Kritikpunkt ist derselbe: Der Hintergrund (Gen Con) ist der eigentliche Vordergrund. Forbeck kennt sich aus, er beschreibt viele Details, viele große Namen der (amerikanischen) Spieleszene tauchen auf (darunter er selbst) und da der Hauptdarsteller auch Autor ist, erfährt man, wie es ist Prototypen vorzustellen und es wird oft wiederholt, dass man mit dem Spiele erfinden nicht reich wird. Das erfreut den Spieler. Aber die Geschichte selbst ist in das Setting nicht wirklich eingebettet und bleibt weit hinter den „Seht mal her!“-Augenblicken zurück; Die Charaktere sind eher flach und klischeehaft. Die Story ist bestenfalls Krimi-Alltagskost und nicht wirklich originell und wirkt eher wie ein Projekt in einer „Kreativ Schreiben“-Schule. Zudem ist Ende und Erklärung sehr vorhersehbar. Damit ist das Buch für mich doch sehr enttäuschend. Ich lese gerne coole Ideen, ich tauche gerne in eine Welt ein. Hier geschieht beides nicht. Schade drum.

Eric Zimmerman, Katie Salen Tekinbas: Game Design Fundamentals habe ich noch nicht durchgelesen, aber da es hier passt, will ich es zumindest kurz vorstellen: Es ist, wie der Titel schon sagt, ein Buch über die Spieleentwicklung und war meines Wissens das erste (oder zumindest eines der ersten) dieser Art. Nach eigener Aussage wollten die Autoren ein Fachbuch über Spieldesign schreiben, denn sowas gab es damals noch nicht. Heutzutage ist das ein bisschen anders, denn mit dem Einrichten von Universitätskursen für Computerspielentwicklung gibt es natürlich auch mehr Fachliteratur. Game Design Fundamentals beschränkt sich dabei nicht auf Computerspiele, eher im Gegenteil. Die Autoren machen klar, dass die fundamentalen Dinge für jedes Spiel gelten, unabhängig vom Medium.

Das Buch ist nun -sagen wir mal – sehr fundamental. Viele Dinge, die angesprochen werden sind richtig, aber sie werden für meine Dinge auch etwas sehr groß ausgewalzt. Manchmal hat man den Eindruck, dass hier Leute angesprochen werden sollen, die noch nie versucht haben, ein Spiel zu designen oder auch nur darüber nachgedacht haben, was ein Spiel ausmacht. Das liegt vermutlich an dem Ansatz, Grundlagen zu schaffen. Ich schwanke mit meiner Bewertung – Einerseits gefällt mir der Ansatz und auch die Themen sind interessant. Andererseits nervt der ausufernde Stil immer wieder. Das interessanteste Kapitel (bislang) war für mich das vom Gastautor Reiner Knizia über die Entwicklung von „Herr der Ringe“. Dabei lese ich „Designer Diaries“ sonst gar nicht so furchtbar gerne (ich vermute hier liegt der Fall anders, weil ich das Spiel so gut kenne).  Nur für dieses Kapitel mag ich es aber nicht empfehlen – denn das Buch ist teuer. Die physische Aufgabe übrigens noch deutlich teurer, dafür bekommt man da ein Spiel mitgeliefert (das bei der ebook-Ausgabe naturgemäß fehlt und über das ich daher nichts sagen kann).

ciao

peer

Peer Sylvester
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