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Die Welt ohne Verlage

Thygra hatte im Kommentarbereich die Frage gestellt: „Welche Aufgabe haben deiner Meinung nach die Verlage“ (leicht editiert) und auch wenn die Frage nicht an mich gerichtet war, will ich sie mal beantworten. Jedenfalls indirekt.

Erst einmal ist „Aufgabe“ natürlich eher biologisch zu verstehen: Niemand hat ja den Verlagen eine Aufgabe gestellt, sondern die Verlage haben sich quasi-evolutionär entwickelt. Genauso wie z.B. die Destruenten (in einem atheistisch geprägten Weltbild zumindest) keine Aufgabe von irgendjemanden zugestellt bekamen, sondern ihre Nische ausgefüllt haben und so die Entwicklung anderer Organismen erlaubten. Ohne sie sähe unsere Welt ganz anders aus. Und genauso sähe die Brettspielwelt ohne Verlage ganz anders aus. Womit ich nicht Verlage und Destruenten gleichsetzen wollte… ;-)

Wie sähe nun die Welt ohne Verlage aus?

Nun, jeder Autor würde seine Spiele offensichtlich selbst vertreiben. Dadurch ist die Spielewelt natürlich erst einmal kleiner, denn viele Autoren mangeld es an Zeit, Eigenkapital und Motivation eigene Spiele auf den Markt zu bringen. Ich z.B. habe eher wenig Interesse mich mit Dingen wie Buchhaltung oder Vertrieb zu beschäftigen.

Vor allem wäre die Spielelandschaft aber auch unübersichtlicher, denn viele Autoren bringen ja nur ein Spiel auf den Markt und verschwinden dann wieder. Messen wie die Spiel hätten eine viel größere Bedeutung, denn nur da könnte man einen Überblick über die Spielelandschaft gewinnen. So richtig funktioniert so eine Spielewelt erst seit dem Internet.

Aber nur ein Teil der Spiele wird über das Internet verkauft. Nur ein Teil der potentiellen Spieler ist bereit sich ausführlich zu informieren. Und wie wird man zum Spieler, wenn es keinen Spielestandard gibt?

Wenn Spiele tatsächlich in Läden verkauft werden, dann eher lokale Produkte: Ohne Verlage wird jeder Autor selbst bei den Kaufhäusern anfragen, ob die Spiele annehmen wollen und unter welchen Bedingungen. Ganz so wie es die Parkerbrüder am Anfang des letzten Jahrhundert gemacht haben. Das ist unübersichtlich für die Spielzeugläden und Kaufhäuser. Sollte es unter diesen Bedingungen tatsächlich Hits geben, werden sich daher schnell Leute darauf spezialisieren, gute Spiele zu suchen – Agenten und Vertreiberfirmen werden gegründet.

So lange es nur Vertreiber gibt, liegt das unternehmerische Risiko immer beim Autoren. Wenn nun aber ein Autor einen Hut landet, aber dennoch kein zweites Spiel produzieren möchte – weil er etwa noch Beruf und/oder Familie hat – könnte ein Vertreiber auf die Idee kommen, ihm das Geld vorzuschießen. Oder – wenn die Zeit das Problem ist – ihm Teile der Arveit abnehmen, z.B. Werbung oder Buchhaltung, denn der Vertrieb hat diese Unternehmensteile eh unter sich, da kann er sie dem Autoren auch zur Verfügung stellen… und wenn das Ergebnis gut geht, dann wird das Beispiel Schule machen.

Vielleicht bin ich nicht visionär genug – aber ich glaube, wenn es Verlage nicht gäbe, würde (sic!) man sie erfinden.

ciao

peer

P.S.:  Als ich klein war, gab es ein Buch in der Bücherhalle bei der auf jeder Seite etwas war wie „Was möchtest Du lieber“… und dann zwei (mnachmal drei) Alternativen: Wie Eis mit Kirschen oder Nudeln mit Fleisch? Meistens witzig, bund illustriert. Im Gedächtnis ist mir geblieben, dass es eine Doppelseite gab mit Alternativen, die alle sehr unangenehm waren und dann eine Seite weiter war dann „…oder den Berg hinunterrollen“ (oder was anderes total witziges). Der Autor könnte Helme Heine gewesen sein, jedenfalls meine ich mich an Schweinebilkder erinnern zu können. Wenn irgendjemand meint, dass er trotz meiner sehr vagen Darstellung (Hey, ich war noch nicht in der Schule!) meint zu wissen, welches Kinderbuch das war bitte Titel und/oder Autor in den Kommentaren posten!

 

Peer Sylvester
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1 Kommentar

  • Wunderbarer Text, Peer. Das ist der Grund, warum ich immer wieder auf Eurer Seite lande: weil Deine Texte prima geschrieben sind und – recht oft für mich – interessante Themen behandeln.

    Weiter so!

    Gruß, Ralf