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3-3-3 Anthrazit schlüpft aus dem Ei

Wer hats nicht mitbekommen? Die Jury hat ihre Listen fertig! Und zwar 3×3 nominierte:

Spiel des Jahres (regulär): Asara, Qwirkle, Die verbotene Insel

Spiel des Jahres (Kenner): Strasbourg, 7 Wonders, Lancaster

Spiel des Jahres (Kinner): Da ist der Wurm drin, Die kleinen Zauberlehrlinge, Monster-Falle.

Ich freue mich zu sagen, dass die Jury einiges richtig gemacht hat! Insbesondere die Beschränkung auf 3 nominierte Titel pro Hauptpreis war eine gute Entscheidung. Vom Kinderspiel mal ab (über das ich eh nicht viel sagen kann) haben wir jetzt 2 Hauptpreise aus 6 Nomnierten anstelle von 1 aus 5.

Interessanterweise stammen diese 6 Nominierungen aus demselben Pool wie bisher auch. Defacto bleibt alles beim alten (was prinzipiell gut ist), nur wird jetzt ein Preis aus dem oberen und einem aus dem unteren Anforderungsbereich „gezogen“, statt wie bisher einen Hauptpreis aus allen Anforderungsbereichen zu ziehen. Eine Erweiterung des Anspruchsbereiches nach „oben“ findet so nicht statt. Die Jury erspart sich so in erster Linie die ewigen Diskussionen „Geht Stone Age jetzt noch oder nicht? Ist T&T vielleicht zu kompliziert? Liegt Tikal beim Verbraucher nur herum oder nicht?“ Versteht mich nicht falsch, ich halte den neuen Preis nach wie vor bestenfalls für überflüssig, schlechtenfalls für kontraproduktiv – aber so wie er jetzt ist macht er imho am ehesten Sinn. Wer sich bisher beschwerte, die Gewinner seien zu kompliziert wird besänftigt und wer sich beschwert etwas komplexeres hätte eh keine Chance, ebenfalls. Die nach wie vor ausgeschlossenen Spiele des „echten“ Vielspielerbereichs müssen nicht durch die Jury geadelt werden, denn die Zielgruppe der Spiele kennt sie sowieso und die Juryzielgruppe kann damit nichts anfangen.

Was nun die Spiele selbst betrifft: Die drei Kandidaten für den Hauptpreis (heißt der eigentlich immer noch „Hauptpreis?“) sind gut gewählt – immerhin hatte ich alle drei selbst auf meiner Tippliste. Die gewählten sind auch die imho geeignetsten der fünf von mir genannten Titel.  Insofern – Hut ab! Ich rechne jetzt ganz fest mit dem Titel für „Die verboete Insel“ (die Gründe hatte ich bereits im letzten Post genannt). Asara hätte allerdings den Vorteil, dass nach ein paar Jahren wieder ein „klassisches“ Spiel gewinnen würde, die Art von Spiel, die der Normalspieler erwartet und kennt (im Gegensatz zu einem Kommunikationsspiel oder einem Spiel mit neuartigem Mechanismus wie in den letzten Jahren).

Bei der Kennerspielliste hatte ich mich mehr vertippt, aber in erster Linie deshalb, weil ich einen anderen Anforderungsbereich im Kopf hatte.  Geht man davon aus, dass nur Spiele in Frage kommen, die sonst auch nominiert worden wären (aber eben nur „gerade eben“), dann ist das Fehlen der Burgen von Burgund irgendwo logisch – bislang hätte das nie eine Chance gehabt und so hat es jetzt auch keine. 7 Wonders ist die logische Wahl (Ich halte die Einstiegshürde übrigens auch für etwas höher als die von Asara – Kartenfunktionen sind schwieriger zu lernen als grundsätzliche Spielverläufe. Die Weightwertung  bei BGG ist hier ein schlechter Maßstab, da es da auch um die strategischen Möglichkeiten geht und die sind bei 7 Wonders ja überschaubar). 7 Wonders wird wohl auch den Titel abräumen, da sind die anderen Nominierungen fast egal. Strasbourgh freut mich, denn es ist tatsächlich die Art von etwas anspruchsvollerem Spiel, die genau in die Kennerspieldefinition passt (ähnlich wie Tore der Welt). Lancaster hab ich noch nicht gespielt, kann also nix dazu sagen.

Also: Die Nominierungen sind so gut wie lange nicht mehr, das Format ist das beste, was wohl möglich ist, wenn man denn unbedingt einen dritten Preis haben muss. Wie siehts mit den Empfehlungen aus? Auch hier: Anders als andere sehe ich es durchaus positiv, dass es eine gemeinsame Empfehlungsliste gibt. Die empfohlenen Spiele werden eh nicht besonders markiert, so dass nur Eingeweihte von ihnen wissen und die sehen ja auch die „Einstiegswertung“. Zwei Listen hätten nur verwirrt, zumal auch so jeder sieht dass alles mit drei Sternen als „Kennerspiel“ gilt. Wie immer hätte noch das eine oder andere mehr drauf sein können, aber letztlich ist die Liste völlig in Ordnung. Schön finde ich dass mit Freeze wieder ein absolutes Nischenspiel auf die Liste gelangt ist – Dafür ist die Jury da!

Alles in allem kann man sich freuen, dass der spielerische Weltuntergang abgewendet wurde und die Jury die Kurve gekriegt hat. ;-)Ich war jedenfalls lange nicht mehr so zufrieden mit der Liste (auch wenn ich immer noch Bauchweh wegen des Kennerspieles habe) wie lange nicht!

ciao

peer

Peer Sylvester
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4 Kommentare

  • Mir gefällt, dass Du es schaffst den Preis so positiv dastehen zu lassen. Ich wäre damit vermutlich auch sehr zufrieden, wenn die Jury dass auch so kommuniziert hätte.

  • Ja, die Jury hätte vorher etwas klarer darstellen können, was sie jetzt eigentlich genau mit dem neuen Preis meinte – dann hätte es jetzt weniger lange Gesichter gegeben. Und dass es nur je 3 Nominierungen geben sollte…
    So könnte man den Eindruck bekommen, die hat auch erst am Wochenende festgelegt was es mit dem neuen Preis auf sich hat… (Die Presseerklärung war allerdings schwammig genug, als dass die Jury jetzt „Haben wir doch gesagt!“ rufen kann ;-) )

  • Dein Post ist ein schönes Beispiel (also ganz individuell für mich), dass man manchmal nur einen guten, zusammenfassenden, sich um Objektivität bemühenden Artikel zu lesen braucht und sich 482 Thread-Posts zu lesen sparen kann.
    Zustimmung auf ganzer Linie. :-)

  • […] Ein Traum in Anthrazit: Und last aber sowas von nicht least: Die Jury stellt mal wieder was auf den Kopf. In diesem Fall kommt ein neuer Titel hinzu- Vermutlich damit der Hauptpreis auch einfach gehalten sein darf, ohne dass sich jemand beschwert. Was nicht klappt, wie man im Forum sieht. Was aber besser klappt, als in den Jahren davor, wie man auch im Forum sieht. Auch weil die Jury, immerhin, Methode im Wahnsinn gezeigt hat. Naja, es verlängert die Preisträgerlisten und wenn das Internet etwas braucht, dann sind das längere Listen. Ansonsten bleibt unterm Strich; Solide Arbeit, Ungünstige Kommunikation im Vorfeld und das Fehlen des Beweises der Existenznotwendigkeit. Und viel blabla. […]