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Kickstart my heart

Ich hab gerade -auch aus Neugier – mein erstes Spiel bei Kickstarter unterstützt.

Bei Kickstarter kann jeder der möchte (und in den USA eine Bankverbindung besitzt – an der Internationalisierung arbeiten die noch) ein Projekt vorstellen, für das er Unterstützer werben möchte. Wichtigste Eckdaten sind: Wieviel Geld muss zusammenkommen und wie lange läuft der Aufruf?

Jeder (auch Leute außerhalb der USA) kann sich nun verpflichten, Geld zu zahlen. Das schöne daran ist: Man zahlt erst, wenn das Projekt vollständig finanziert worden ist. Und natürliuch bekommt man etwas für sein Geld: Je nachdem wieviel man „spendet“ reicht das von einem „Dankschön“ bis hin zu Spezialausgaben oder ähnlichem. Wie gesagt, vorrausgesetzt, das Projekt wird finanziert. Läuft die Deadline ab, ohne dass das Ziel erreicht wurde (das Ziel sind immer x Dollar), zahlt niemand etwas – das Projekt ist gescheitert (es steht dem Initiatoren natürlich frei es erneut zu versuchen).

Dieses Prinzip bietet zwei große Vorteile: Aus Sicht des Unterstützers ist es sehr viel angenehmer als eine Vorbestellung, denn er muss ja nur zahlen, wenn das Projekt auch durchgeführt wurde (Das ist zwar theoretisch bei einer Vorbestellung auch der Fall, aber da muss der Verlag das Spiel erst einmal finanziert kriegen – siehe Alien Ascendacy und so). Und die Verlage können so problemlos erst einmal gucken, ob sich überhaupt genug Kunden für ein Spiel finden würden. Das ist gerade bei etwas ungewöhnlicheren Spielen sicherlich eine recht sinnvolle Herangehensweise (Gryphon Games macht gerade genau das mit „The Canterbury Tales“).  Gibt es mehr Unterstützer als benötigt, kann die Ausgabe entsprechend etwas größer ausfallen.

Ich denke, dass Kickstarter in Zukunft eine große Rolle in der Spieleszene spielen wird. Da es immer mehr Spiele gibt, wird es riskanter für Spieleverlage ein Spiel einfach soherauszubringen, weil sie es gut finden. Mit Kickstarter haben besonders Kleinverlage eine Entscheidungshilfe, die ihnen hilft, sich zu entscheiden, ob es sich lohnt ein Spiel zu produzieren. Und natürlich hilft Kickstarter die erste Auflage überhaupt zu finanzieren. Es würde mich nicht wundern, wenn in naher Zukunft weitere Kleinverlage auftauchen, die nur produzieren, was bei Kickstarter vorgestellt wurde. Hinzu kommt noch, dass durch die Unterstützungswerbung das Spiel ja schon eine gewisse Bekanntheit erreicht haben muss – die Gefahr des „untergehens“ ist somit viel geringer.

Alles in allem kann die Spieleszene durch Kickstarter nur gewinnen: Es können mehr Spiele produziert werden, die Interesse wecken und Möchtergernverleger müssen nicht ihr eigenes Vermögen riskieren. Eventuell nimmt die Zahl der Spiele, die am Markt vorbeiproduziert werden sogar ab, wenn sich Kickstarter durchsetzt, denn Spiele, die niemanden interessieren, bekommen nicht genug Unterstützer. Damit das alles passieren kann, muss aber eine Möglichkeit gefunden werden, dass auch Leute außerhalb der USA Projekte starten können.

ciao

peer

p.S. Was hat eigetlich Nikki Sixx mit diesem Artikel zu tun? 3 Siegpunkte.

Peer Sylvester
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13 Kommentare

  • Ich konnte mich auch nicht zurückhalten … das Konzept scheint wirklich recht „sauber“ zu sein. Ich hätte ja gerne die 250er Variante genommen … ;-)

    LG,
    Klemens

  • Ich habe vor einigen Monaten „1955: The War of Espionage“ unterstützt und in einem deutsches Forum darauf aufmerksam gemacht. Daraufhin fanden sich eine 6er und eine 3er-Gruppe zusammen, was die Kosten natürlich drastisch senkt, zumal ja die Einfuhrumsatzsteuer noch zuschlägt (zusätzlich zu den USPS-Kosten – aaaaah!). Wenn ihr also was Interessantes seht, lohnt es sich, Mibesteller ausfindig zu machen, die sich an die eigene Bestellung dranhängen. Man kann nämlich die eigene Unterstützungssumme (und damit Goodies, bzw. Exemplare des Spiels) beliebig updaten …

    Bei „Montage“ war ich wieder in Versuchung, habe es dann aber gelassen. Beim obigen Beispiel muss ich mal schauen … ;-)

  • Ich habe selber schon Sachen auf Kickstarter unterstützt, aber eher technisches, wo ich auch eine geniale Idee hinter sehe und wo ein kleines Team auf keinen Fall das ohne Finanzierung herstellen kann.

    Im Brettspielbereich sehe ich das nicht. Erst recht nicht hier in Deutschland. Das von dir unterstützte Spiel hat wenig Aussage und auch wenn es spannend klingt, kann ich mir etliche Stellen vorstellen, wo es im fertigen Zustand nicht funktioniert.

    Ein wichtiger Aspekt fehlt nämlich, der Redakteur. Gerade der kann ein Spiel nochmal erheblich verbessern oder gar erst zu der Spielbarkeit bringen, die auf dem Markt für einen Erfolg sorgt. Sollte ein Spiel gut genug sein, dass es auch ohne Redakteur ein Erfolg ist, dann würde es ein Verlag auch so nehmen und es müsste sich nicht so präsentieren. Das Verlage also auf diese Plattform zugreifen um Spiele auszuwählen sehe ich nicht.

    Das allerdings Kleinverlage diese Möglichkeit nutzen um ein Spiel finanzieren zu können, möchte ich nicht ausschließen. Aber auch das wird eher die Ausnahme darstellen.

    Was aber richtig ist, ist darüber zureden, wenn man von etwas überzeugt ist. Durch deinen Artikel hast du dem Kickstarter-Projekt vermutlich mindestens nochmal so viel geholfen wie durch das Geld was Du gebacken hast.

  • Hallo Matthias, natürlich kann es sein, dass das Spiel ein Flopp ist – das gilt für jede Art der Vorbestellung so. In diesem Fall steht ein Kleinverlag (Minion Games) dahinter und nicht bloß der Autor. Im Falle von „Canterbury Tales“ steht sogar ein in den USA renommierter Verlag (Gryphon Games) hinter der Aktion. Es ist also nicht so, dass nur Autoren ihre Lieblinge herausbringen wollen. Da stehe ich z.T. auch kritisch gegenüber.
    Aber auch die Verlage bringen nicht alles raus, was sie gutfinden. Und gerade bei speziellerem wissen die auch nciht, ob die eine Zielgruppe finden. Da ist Kickstarter eine gute Möglichkeit mal zu schnuppern.

  • Ich kann mich da Matthias nur anschließen. Wenn ein Autor nur seinen Schatzi verwirklichen will, ohne dass da je ein Redakteur mit Markt- und Texterfahrung drübergeschaut hat, dann ist das nix.
    Allerdings müssen ja erstmal die Vorfinanzierer mobilisiert werden. Da glaube ich, dass die Masse tatsächlich auf diesem Weg zwischen Spreu und Weizen vorab schon trennt.

  • Mmh, ich stimme im Prinzip zu. Ich sehe aber auch Verlage wie Warfrog, Histogames, Cwali, Bambus… und so weiter. Die bestehen auch nur aus einem Autor und Verleger in Personalunion, ohne Redaktion. Und die haben auch angefangen, bevor sie was veröffentlicht hatten.
    Ich denke es hängt eher davon ab, wieviel Ahnung die Leute von der Spielszene haben. Der einzige Knackpunkt sind die Spielregeln, da erkennt man tatsächlich regelmäßig den Kleinverlag.

  • Fast alle Kleinverlage – ob Treefrog, Fragor, oder die von Peer schon erwähnten, haben keine extra „Redakteure“ – auch „Troyes“ ist von einer kleinen Gruppe Spieleautoren quasi selbstverlegt worden.

    Eher ein Grund zu zögern ist wohl, dass man oft die „Katze im Sack“ kauft. Spiele wollen nun mal gespielt werden, bevor man sich ein Urteil erlauben kann.
    Bei „1955“ war es so, dass es pdfs gab und ich mir einen Prototyp selber basteln und spielen konnte – das war dann schon weniger Blindkauf.

    Und es gibt natürlich auch Wiederveröffentlichungs-Projekte wie das Wort-Spiel „Montage“, dass Gryphon gerade durch Kickstarter vorfinanziert hat.

    Die Möglichkeiten sind also durchaus vielfältig …

  • Die Möglichkeiten für Kleinverlage sind tatsächlich vielfältig. Der große Vorteil von Ravensburger & Co besteht hauptsächlich in dem Vorurteil vieler Leute, daß nur da was Gutes drinstecken kann- und auch bei den Großen gibt es ja trotz redaktioneller Profis jede Menge Schrott im Angebot. Gegen diese Mauer in den Köpfen ist es schwer anzukommen.
    Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, wie das mit dem eigenen „Schatzi“ (i9n) so läuft:
    In Deutschland : so lala. In Japan, wo zufällig durch die Messe in Essen auch zwei Spiele gelandet sind: verkauft sich ohne jegliche Werbung trotz Tsunami wie „geschnitten Brot“.
    Meine Vermutung: Japan ist weit genug weg, so dass hierzulande geltende Marken Positionen keine Bedeutung haben :-).

    Zurück zur Kickstarter Thematik: Gerade für Kleinverlage ist die Sache interessant, da man nicht regional eingeschränkt ist und sich die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass man einen Markt findet. Wir spielen mit dem Gedanken, auf diesem Weg eine rein japanische Version aufzulegen. Ein Risiko besteht nicht- und wenn es klappt umso besser.

  • Hallo dirk,
    deine Erfahrungen decken sich mit meinen (als Autor, zugegebenermaßen beschränkten) Erfahrungen: Im Ausland verkaufen sich Kleinverlagsspiele im Verhältnis zur „Availibility“ besser als in Deutschland – vielleicht liegts daran, dass in den USA eh alles was nicht Hasbro ist, irgendwo als Kleinverlag gilt und da die Grenzen verschwimmen? Vielleicht ist das auch subjektive Wahrnehmung. (2F fällt mir übrigens noch als Einmannbetrieb ein, der recht bekannt ist).
    Ich werde mich der Thematik „Redakteursarbeit“ demnächst mal annehmen… Nach der Jury-Berichterstattung…

  • Sowas wie Kickstarter gibt es seit ein paar Monaten in Deutschland auch: Crowdfunding-Plattformen, mit denen man Mikrosponsoren für sein Projekt gewinnen kann. Die erste deutsch Plattform ist vergangenen September gestartet startnext http://www.startnext.de, weitere folgeten (z.B. http://www.inkubato.com, mysherpas, visionbakery..)

    Leander Wattig hat da mal eine Liste zusammengestellt von Crowdfunding Plattformen: http://leanderwattig.de/index.php/2010/10/22/liste-mit-crowdfunding-plattformen-wer-kennt-noch-andere/

    Ich denke auch, dass das eine gute Möglichkeit ist, sich und seine Spieleidee bekanntzumachen, zu schauen, wie die ankommt, Feedback zu sammeln – und auch gleich Geld für die Umsetzung einzusammeln.
    Ich möchte – wahrscheinlich erst nach den Sommerferien – mal ausprobieren, ein Spiel darüber finanzieren zu lassen, das dann über meine Plattform http://www.spieltz.de vertrieben werden soll. Dafür suche ich noch Autoren, wer Interesse hat – gern bei mir melden!
    Werde das aber auch noch im Spieltz-Blog ausschreiben