So, die Diskussionen im Spielboxforum drehen sich wie üblich um dieselben Themen. Ich muss mal dran denken meine Argumente als Wordfileabzulegen und dann jedes Jahr cut&Paste zu benutzen. Ich kanns nicht mehr wirklich sehen. Jedes Jahr dieselben Argumente, die letztlich darauf hinauslaufen „Mein Lieblingsspiel ist gar nicht zu kompliziert“! Und deswegen lasse ich die Diskussion wo sie hingehört und spreche über etwas anderes.
Nämlich über eggertspiele.
Eggertspiele gibt es ja schon ziemlich lange: 1996 wurde der Verlag gegründet und war ein regelmäßiger Aussteller bei der Essener Spielemesse. In den Fokus der Szene kam er aber so richtig erst, als Peter Eggert erstmals das Spiel eines Fremdautoren -Golbal Powers veröffentlichte. Es folgten Neuland und Power Soccer, Dolmengötter und schließlich Antike, mit dem eggertspiele schlagartig bekannt wurde. Seitdem sind noch John Silver, Space Dealer, Imperial und Guatemala Cafe hinzugekommen. Imperial schaffte es dabei überaschend auf die Empfehlungsliste der Spiel-des-Jahres-Jury. Ein super Erfolg, bedenkt man doch Spieldauer, Anspruch und Thema!
Ich kenne Peter Eggert von den Pfeffersäcken, einem Spieleclub in Hamburg. Dort hätte ich auch fast einen frühen Prototypen von Global Powers gespielt (nur fast, außer mir und Peter wollten alle lieber Rheinländer spielen, was wir dann auch taten). Naja, jedenfalls nutze ich diese Bekanntschaft schamlos aus, um dieses Blog mal mit einem Interview zu bereichern:
> Danke für das Interview! Stelle Dich doch einmal kurz vor!
Eggert: Ich bin Peter Eggert 48 Jahre alt verheiratet und habe zwei Kinder. Geboren bin ich in Hamburg und lebe da auch schon die ganze Zeit. Früher habe ich mal Brauer und Mälzer gelernt und dann meinen Diplom Oecotropologen gemacht, ist aber auch schon lange her. Vor gut 10 Jahren habe ich mein erstes Spiel das „Duhner Wattrennen“ im Eigenverlag herausgebracht.
> Lange Zeit blieb eggertspiele ja ein Eigenverlag. Mit Global Powers hast du erstmals ein Spiel eines anderen Autoren veröffentlicht. Wie kam es zu der Zusammenarbeit?
Eggert: Ich war mal wieder auf einem Spieleautoren Workshop in Drübbern und wollte dort meine vermeintliche Herbstneuheit einem Härtetest unterziehen. Leider oder zum Glück habe ich wesentliche Teile davon zu Hause vergessen. Ich habe dann mit Leif seinen Prototyp „Weltmächte“ getestet und fand den besser als mein Spiel, von der Dauer, Komplexität her und der Spielerzahl waren die beiden identisch und da habe ich mich entschlossen das Spiel mit ihm zusammen weiter zu entwickeln, da noch vieles zu verändern war.
> Seitdem hast du nur noch Spiele anderer Autoren veröffentlicht – Warum?
Eggert: Die Zusammenarbeit mit Leif gefiel mir sehr gut und beim nächsten Autorentreffen habe ich Tobias mit seinem Neuland kennen gelernt und das fand ich auch gut aber auch dort mußte noch vieles verändert werden aber ich hatte einen weiteren sehr netten und kompetenten Partner gefunden. Zusammen macht mir die Arbeit halt mehr Spaß und so geht das jetzt schon eine ganze Weile weiter und es kommen immer mehr dazu
> Wirst du auch wieder eigene Spiele machen oder konzentrierst du dich jetzt auf redaktionelle Arbeit?
Eggert: Bei all den tollen Prottotypen die ich bekomme, teste und weiter mit bearbeite bleibt mir aktuell keine Zeit an eigenen Spielen zu arbeiten, Ideen hätte ich aber schon.
> „Antike“ gilt so ein bisschen als Durchbruch für eggertspiele. Was hat sich seitdem geändert?
Eggert: Mit Antike kam ein weiterer toller Autor (Mac) mit ins Boot und brachte auch gleich noch einen kompetenten Freund (Peter Dörsam), Tester und Finanzier mit. Damit hatten wir jetzt die Möglichkeit sehr viele Testrunden zu gestalten und so das Spiel ordentlich weiter zu Entwickeln. Zum ersten Mal hatte eggertspiele damit auch die Möglichkeit Spiele in größerer Stückzahl zu produzieren um gut ausgestatte Spiel zu marktfähigen Preisen auf den Markt zu bringen.
> Bei dieser Gelegenheit einen herzlichen Glückwunsch: Imperial hat es auf die Empfehlungsliste geschafft! Hast du mit einer Erwähnung eines deiner Spiele gerechnet? Was glaubst du wird die Erwähnung für Auswirkungen haben?
Eggert: Ich freue mich natürlich, das wir zum ersten Mal mit einem Spiel eine Empfehlung der Jury bekommen. Gerechnet habe ich damit nicht, da unsere Spiele nicht zur Erlangung des „Spiel des Jahres“ gemacht werden. Schaden wird das sicherlich nicht, da unsere Bekanntheit dadurch weiter steigen sollte. Da unsere Spiele überwiegend von Fans und Freaks gekauft werden glaube ich nicht, das sich der Verkauf deutlich erhöhen wird, aber Wissen tu ich das natürlich auch nicht.
> In einem vergangenen Post hab ich eggertspiele als positives Beispiel erwähnt, als einen Verlag der Spiele abseits des Mainstreams veröffentlicht. Siehst du das ähnlich? Suchst du speziell entsprechende Spiele oder hat sich das so ergeben?
Eggert: Ich persönlich liebe halt komlexere Spiele mit einfachen Regeln, möglichst ohne Gücksfaktor, die etwas besonderes haben, davon gibt es nicht soviel, deshalb kommen Autoren mit solchen Prototypen zu mir und das veröffentlichen wir dann auch gerne. Ich kann mir zur Zeit auch keinen anderen Verlag vorstellen der Imperial oder Space Dealer veröffentlichen würde, insofern sind wir schon etwas abseits vom Mainstream, kommen da aber gut mit zurecht.
> Du hast ja das Logo von eggertspiele geändert: Wer hatte die Idee zu dem Fuchs? Hat der eine besondere Bedeutung?
Eggert: Die Idee zu dem Fuchs hatte ich, da unsere Spiele alle so pfiffig wie der Fuchs sein sollen. Die Form des Logos entspricht immer noch der Form der Pferde von unserem ersten Spiel dem „Duhner Wattrennen“.
> Was kannst du uns über die Zukunft von eggertspiele verraten? Welche Spiele können wir erwarten?>
Im Herbst wir es nach gut 10 Jahren auch mal wieder ein Rennspiel geben, diesmal gewinnt jedoch derjenige dessen Pferd letzter ist wenn das erste Pferd durch Ziel geht. Der Arbeitstitel ist noch „Change Horses“ und kommt natürlich ohne Würfel und Ereigniskarten raus. Der Autor ist der Amerikaner „Bruce Whitehill“. Die Zweite Herbstneuheit kommt wieder von Mac Gerdts, wieder in Zusammenarbeit mit Peter Dörsam vom PD Verlag, Arbeitstitel „Civitas Hamburgum“. Es wird wieder ein Rondell geben, diesmal geht es allerdings um den Kirchenbau in Hamburg, also ohne Bewegung und Kämpfen aber mindestens genauso spannend. Für die dritte Neuheit konnte ich dann Michael Rieneck und Stefan Stadtler gewinnen, mit denen wir „Cuba“(Arbeitstitel) herausbringen werden, ein Spiel um Handel, Bauen und Gesetze in Cuba, hier ist nicht nur wichtig was man macht sondern auch wann man es macht.
> Vielen Dank für das Interview! Und viel Erfolg mit deinen Spielen! Klingt ja alles sehr interessant. Vielleicht kommt ja auch mal eines von mir bei dir raus ;-)
Abschließend möchte ich noch ein paar der jüngeren eggertspiele vorstellen. Leider muss ich zugeben, dass ich nicht so super vorbereitet bin: Leider nenne ich Imperial, Dolmengötter und Guatemala Cafe nicht mein eigen und habe die auch nicht gespielt… Was sich aber sicherlich ändern wird!
Aber ein paar kenne ich dann doch:
Antike: Ein Mittelmeerprügelspiel und davon gibt es viele. Dieses hier ist immerhin so gut, dass ich nach dem Kauf mein Mare Nostrum verscherbelt habe. Der Grund: Es spielt sich deutlich einfacher und regeltechnisch schlüssiger. Das Rondell sorgt dafür, dass jeder immer nur kurz dran ist – so halten sich selbst bei 6 Spielern Wartezeiten in sehr engen Grenzen. Zudem ist die Siegbedingung konstruktiv: Erreichte Ziele verliert man nicht, so dass auch die Spiellänge überschaubar bleibt. Wie bei vielen Spieler dieser Art gilt allerdings auch hier: Wenn sich zwei streiten freut sich oft der dritte. Angriffe sollten also überlegt sein. Ist dies bei einem Mitspieler nicht der Fall, kann er nicht gewinnen- seine Opfer aber wohl auch nicht! Aber das ist in „vernünftigen“ Runden kein Problem. Für mich das beste Prügelspiel seit Vinci. Letzteres ist für mich allerdings immer noch unerreicht.
John Silver ist ein kleines Kartenspiel von Martin Schlegel. Der Clou ist, dass Karten in ein Raster abgelegt werden, bei dem jeder Spieler eine Reihe hat. Karten kann man aber überall wo noch ein Platz frei ist, anlegen. Wenn eine Reihe voll ist, bekommt der Spieler mit der höchsten Karte, diese und auch die zweithöchste. Die niedrigste und ggf. die zweitniedrigste Karte bekommt der Spieler mit der schwächsten Karte. Die Karten zählen am Ende Plus- oder Minuspunkte. Äpfel zählen für den Nachbarn! Das Resultat ist ein Spiel, bei dem man um-die-Ecke-denken muss. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob man wirklich „gut“ spielen kann, oder ob man lediglich nicht „schlecht“ spielen kann. Ungewöhnlich ist es auf jeden Fall und auch recht flott. Kartenspielfreunde sollten es sich mal ansehen, dürfen aber kein „Skat“ erwarten!
Space Dealer hat ja in Essen die Fairplaywertung gerockt und das liegt an dem absolut innovativen Mechanismus, den sich der Tobias Stapelfeld (übrigens ein Studienkollege von mir) ausgedacht hat: Das Spiel dauert exakt 30 Minuten – die Zeit wird durch eine CD gesteuert. Während dieser Zeitspanne bauen die Spieler eine Raumstation aus und handeln mit Mitspielern. Auch das geschieht in Echtzeit, denn jede Aktion blockiert eine Sanduhr. Erst wenn die durchgelaufen ist, darf sie für eine andere Aktion benutzt werden. Anfangs sorgen die Sanduhren dadurch eher für Aktionslosigkeit als für Hektik, ist doch nichts zu tun, wenn beide Sanduhren, die dem Spieler zur Verfügung stehen, blockiert sind. Im Laufe des Spieles gilt es aber immer mehr Entscheidungen zu treffen und Zeit verrinnt und während man sich nicht entscheiden kann, was man macht, stehen Sanduhren ungenutzt herum und die Echtzeit verinnt und man gerät in Panik und…
Kurz gesagt: Nichts für Denker. Wer seine Optionen lieber in Ruhe prüft und seine Züge überdenkt sieht keinen Stich und wird an Space Dealer keine Freude haben. Auch Leute, die das Ungewöhnliche suchen müssen damit Leben, dass das Spiel nicht allzu interaktiv ist, das Spielfehler nicht rückgängig gemacht werden können (Regeln müssen vor dem Spiel absolut klar sein!) und das der Spielreiz sich zu einem nicht gerade geringem Teil aus der originellen Grundidee speist und es daher kaum zu einer dreistelligen Partienanzahl kommt. Unterm Strich ist Space Dealer aber ein gutes Spiel – von diesen Dreien knapp hinter Antike – das jeder Spieler zumindest aber enmal gespielt haben sollte; Das gehört zum „spielerischen Allgemeinwissen“ dazu!
ciao
peer
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