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Strasbourg

Verlag: Pegasus
Autor: Stefan Feld
Spieleranzahl: 3-5
Alter: ab 12 Jahre
Spieldauer: 60-90 Minuten

Irgendwo müssen Spieleverlage eine Namensliste für Euros liegen haben, insbesondere für Euros, die thematisch „irgendwo, irgendwann im Mittelalter“ angesiedelt sind und bei denen die Warensorten das Thema bestimmen. Diese Namen müssen gut klingen und sollten nicht allzu viele Assiziationen wecken – Das Setting ist ja egal. „Burgund“ z.B. ist schön oder „Hawaii“ oder „Kreta“ oder „Piranensi“ oder… „Strasbourg“?

Ja, sicherlich – Strasbourg passt schon. Wissen Sie etwas über Strasbourg? Außer dass es im Elsaß liegt und die Altstadt Weltkulturerbe war? Ich nicht! Und das letzte weiß ich auch nur, weil ich eben kurz bei Wikipedia vorbeigesurft bin… Aber auch wenn der Name passt, halte ich es für eine grobe Verfehlung des Verlages, einen Namen zu wählen, bei dem ein eigentlich wohlmeinender Rezensent ständig nachschauen muss, ob es jetzt Straßburg, Strassburg, Strasbourgh oder gar Strasbourg heißt. Und der könnte geneigt sein zur Strafe den Namen in seiner Rezi ab einem bestimmten Punkt einfach nicht mehr zu kontrollieren! (Gut, Carcassonne hatte dasselbe Problem und es hat ihm nicht geschadet…)

Doch genug des inhaltlosen Geschwafels, denn Strassebuorg bietet mehr als nur kein (nennenswertes) Thema! Zum Beispiel einen höchst originellen Bietmodus: Jede Runde darf ich beliebig viele meiner Handkarten aufnehmen und nach Gusto zu kleinen Stapeln zusammenpacken – und „nach Gusto“ meint „nach Gusto“! Die Anzahl der Karten die ich nehme ist mir überlassen (wobei mein Kartenvorrat allerdings die 5 Runden, die das Spiel dauert, halten sollte), ebenso ob ich viele kleine Stapel mache oder wenige „große“ (ergo mit vielen Karten). Diese Stapel dienen in den folgenden 7 Phasen als Bietmasse: Beginnend beim Startspieler decke ich EINEN Stapel komplett auf oder passe. Der Spieler mit der höchsten aufgedeckten Kartensumme darf etwas machen, manchmal bekommen auch der zweite oder gar der dritte noch eine schwächere Aktion. Das sorgt fast für Poker-Athmosphäre, nur das schon die Vorbereitung knifflig ist: Mache ich viele kleine Stapel, kann ich jede Phase etwas aufdecken, werde aber kaum mal was gewinnen und muss mit Brosamen vorlieb nehmen. Mache ich große Stapel bin ich unflexibel und generell weniger dran. Und ärgere mich noch mehr, wenn ein anderer Spieler mich sogar noch überbietet und in der fast identischen nächsten Phase eine popelige 1 ausgereicht hätte. Dieses Dilemma wird noch dadurch verschärft, dass es in den eben erwähnten sieben Phasen um unterschiedliche Dinge geht und dass bestimmte Aktionen gar nicht in allen Runden zur Verfügung stehen und es ergo lebenswichtig sein kann, in einer bestimmten Phase die berühmte Nase vorne sein zu können! Dieser Mechanismus ist insgesamt so klasse, dass ich den Rest des Spieles gar nicht erklären müsste – bereits hier sollte sich jeder, der mit Eurogames etwas anfangen kann, den Kauf wagen!

Aber ich nehme an, meine Leserschaft nähme mir das übel, also kurz worum es eigentlich geht, in diesen eben erwähnten Phasen: Zum einen geht es darum, in bestimmten Spielplanteilen die Mehrheit zu ergattern (wozu man Steine einsetzen muss, wozu man tunlichst die entsprechende Phase gewinnen sollte). Dafür gibt es Siegpunkte (ja, darum geht’s) und das Privileg Kirchtürme oder Gebäude auf den Plan zu setzen, wofür es bei Spielende indirekt wieder Siegpunkte gibt (dazu gleich mehr). Außerdem kommt man an Geld und das wird für die wichtigste Aktion gebraucht: Pöppel auf Spielplanteile stellen. Diese Aktion darf sogar von den ersten drei Gewinnern gemacht werden, aber perfiderweise ist besagter Plan in verschiedene „Zünfte“ unterteilt (ja, hier findet sich das Thema wieder) und besagte Aktion ist in jeder Phase immer nur in einer bestimmten Zunft möglich. Und jeder Spielplanteil (respektive jede Zunft) kann nur dreimal pro Spiel „besiedelt“ werden. Überlebenswichtig, ich sagte es bereits.

Siegpunkte gibt es nämlich vor allem für das Erfüllen von Aufträgen und diese sind nicht selten zunftbezogen. Wer drei Leute bei den Schuhmachern unterbringen will, muss in den drei Auktionen jeweils mindestens dritter werden, sonst kann er den Auftrag schon einmal abschreiben. Und selbst wer nur Eckfelder besetzen will oder ein 2×2 Quadrat in irgendeiner Ecke stellt bald fest, dass ihm die Plätze ausgehen, wenn er nicht schleungst ganz bestimmte Versteigerungen gewinnt. Spannung pur!

Am Ende gibt es wie bei Feld üblich noch tonnenweise Siegpunkte für allerlei Krams, wie Pöppel in verschiedenen Stadtgebieten oder Pöppel, die neben Kapellen stehen oder Pöppel, die während des Spieles umgefallen sind oder versehentlich aufgegessen wurden (OK, letzteres bringt vielleicht doch keine Punkte sondern nur eine gestörte Verdauung, aber will das anschließend noch wer wissen?).

Stressbrug hatte ich bereits unter die drei besten Spielen des letzten Jahres gewählt und jetzt wo ich (dank großzügiger Spende seitens Pegasus) endlich ein eigenes Exemplar mein Eigen nenne, das ich fleißig bespielen konnte (die Wahl zum Sylvester vollzog sich nach nur zwei Partien), ist es mit wachsender Erfahrung in meinen Augen eher noch besser geworden. Es ist spannend, es ist originell und wer Feld-Spielen sonst kritisch gegenübersteht, darf sich freuen, dass es nicht so kleinteilig ist – im Gegenteil, sogar recht elegant – und dass auf Wertungsorgien verzichtet wurde. Das einzige, was den einen oder anderen abschrecken könnte, sind die Aufträge, bei denen man sich (wie bei Zug um Zug) vor der Partie entscheiden muss, ob und welche man annehmen will. Das ist ein großer Nachteil für Neulinge, denn das Einschätzen ist nach der ersten Partie deutlich leichter – aber mich hat das nicht abgeschreckt, Sie sollte das auch nicht abeschrecken und überhaupt sollten alle viel häufiger Starsbourg spielen!

Oder wie man das auch immer schreiben mag!

Peer Sylvester
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