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Scheiße Quartett

Verlag: www.scheisse-quartett.de
Spieleranzahl: Je nach Variante für 2 bis 4 Spieler
Alter: ab 8 Jahren

Manche Rezensionsexemplare verdienen es, dass man sich mit Ihnen beschäftigt…

Das erste Quartettspiel erschien wohl um 1850 in England. Jeder wird sie aus seiner Kindheit kennen: Durch beliebiges Fragen „Hast du…?“ galt es Vierersätze zusammen zu bekommen. Eine erste Renaissance erlebte das gute alte Quartettspiel gefühlt in den 70er Jahren mit den Autoquartetten. Zwar könnte man mit diesen theoretisch auch das klassische Spiel spielen, durchgesetzt hat sich aber das Krieg-und-Frieden-mäßige Abfragen von Eigenschaften: „Mein Auto hat mehr km/h!“. War ein beliebter Zeitvertreib in der fünften Klasse, auch wenn man das Ergebnis kaum beeinflussen konnte (es hilft allerdings wenn man weiß, ob 4 Zylinder nun eher wenig oder eher viel sind).
Ich vermute mal, es war das Döner-Quartett, das die aktuelle, zweite Renaissance der Quartettspiele einläutete. Nun werden statt Autos Imbissbuden verglichen. Das Konzept war originell, ging auf und nun wird alles verglichen, was man nur vergleichen kann: Döner, Toiletten und dank der „Top Trumpf“-Reihe von Schmidt auch die dunkle Seite der Macht diverser Starwarscharaktere. Ein Verlag verglich Diktatoren, was für einen kleinen Pressewirbel sorgte. Und nun darf man auch (ich spreche es ganz offen aus) Scheiße miteinander vergleichen. Eine Idee, auf die die Macher ungemein stolz sind.
Nun, ähnlich wie bei den Top Trumpf haben wir es hier eher mit virtuellen Werten zu tun: Schmerzfaktor, Stinkfaktor, Anzahl Abwischer… und größtenteils auch mit eher virtuellen Klößen, wie der „Rentnerschiss“. Alles schön dargestellt mit Foto und tabellarsich aufgelisteten Werten. Sieht nicht gerade übermäßig professionell aus, aber auch nicht dilettantisch. Etwa das was man erwartet, wenn man ein Spiel wie Scheiße-Quartett über das Internet bestellt.
Der letzte Absatz hat ihnen dann auch gezeigt ob das Spiel was für sie ist. Es ist halt Quartett mit Scheiße. Das kann man witzig finden oder geschmacklos. Man kann sich über die Karten lustig machen oder es eher für ne echt Beschissene Idee halten. Ich tendiere zur letzteren Meinung, bin aber wohl auch nicht die Zielgruppe.
Die besteht aus meinen Achtklässlern. Deren Urteil: Hahahahahahahahahaha! Wie lustig. Hahahahahahahahahhahahahahahahahahahaha! Und hier Renterschiss. Hahahahahahahaha! (und so weiter bis alle Karten durch sind)
Nein, spielen würden sie Scheiße-Quartett trotzdem nicht. Da bleiben die lieber bei Autos, denn die haben „harte“ Wertungen.
Und ruhig habe ich die in den nächsten zwei Unterrichtsstunden auch nicht mehr bekommen.
Mag mans ihnen verübeln?

Peer Sylvester
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7 Kommentare

  • Amüsante Rezension – diese dämliche Spiel eignet sich wunderbar als Indikator für den Pubertätslevel, auf dem sich der Spieler gerade befindet! Die Tyrannen- etc. Spiele sind jedenfalls deutlich niveauvoller. Gruß, Chris vom quartettblog

  • Auf was für Ideen manche kommen. In der Bild der Wissenschaft schrieben sie mal, dass eine naturwissenschaftliche Ausstellung über Ekelthemen wie Rotz, Kot oder Urin bei Schülern Interesse an Biologie wecken konnte und auch sehr erfolgreich war. Also, wenn es hilft.

  • Danke für das Lob vom Fachmann ;-)
    Tatsächlich haben einige meiner Schüler sich das Quartett mal ausgeliehen (laufen wollten sie es dann doch nicht), die Zielgruppe wird also durchaus erreicht. Reich dürften die Betreiber wohl dennoch nicht geworden sein…
    Ihre neue Erfindung ist allerdings noch grenzwertiger…

  • Das Quartett ist also deines, wie sich die Lehrer immer bei den Schülern beliebt machen wollen :).

  • Dann hat sich das Reziexemplar für sie gelohnt. Was ich überraschend finde, dass ein Euro von jedem verkauften Spiel für ein Projekt gegen Nazis geht. Siehe unter „About us“ auf deren Homepage.