Autoren: Matt Brown, Zara Reid
Verlag: Mazaza Games
Für 1-5 Spielende ab 10 Jahren (Englischkenntnisse vonnöten)
Spieldauer: 40-60 Minuten
Irgendwie ist es ein besonders befriedigendes Gefühl, schöne Bilder von Tieren auszulegen. Und mittlerweile nutzen bereits so viele Spieleschaffende diesen Impuls, dass die Gefahr besteht, dass ein weiteres Spiel in dieser Kategorie übersehen wird. „Ach schon wieder nur Natur!“ ist ja bereits von einigen nihilistischen Ecken zu hören- „Man solle lieber was politisches machen!“. Nun ich habe gute Neuigkeiten: Kavango ist Natur und „was politisches“.
Kavango ist das größte länderübergreifende Naturschutzgebiet, es verbindet Namibia, Angola, Sambia, Simbabwe und Botswana- Eine Information, die in den meisten Spielen überflüssig wäre, denn in den meisten Spielen wäre „Kavango“ nur ein willkürlich gewählter Name für ein Spiel mit Graphiken von Zauneidechsen und Elefanten. In diesem Fall ist es aber der ehemalige Arbeitsplatz von Zara Reid, eine der beiden AutorInnen – Kavango ist tatsächlich ein Spiel von hauptberuflichen Naturschützern über hauptberuflichen Naturschutz in Afrika. Eine Information, die sich im Spiel selbst eher in kleinen Details wiederspiegelt – Kavango ist keine „Simulation“, wie auch immer die aussehen würde. Politisch ist es dennoch, denn die Aussage des Spieles, ist deutlich.
Mechanisch werden bei Kavango Karten gezapft, die anschließend überwiegend in die eigene Auslage wandern sollen. Dabei müssen natürlich Bedingungen erfüllt werden: Pflanzenfresser brauchen ausreichende Mengen, nun ja, Pflanzen. Fleischfresser Beutetiere. Je größer das Tier, desto mehr Symbole müssen durch andere Karten bereits ausliegen. Das erinnert ganz an Spiele wie Flügelschlag, da man auch hier versucht sich ein Kartenhaus aufzubauen, bei dem prinzipiell die Reihenfolge wichtig wäre… was bei einem Draftingspiel aber noch kniffliger ist, als bei einem normalen Tableauspiel.
Politisch wird es, weil die Tiere eben nicht nur Nahrung brauchen, sondern oft auch besonderen Schutz, wie spezielle Habitate oder auch bewaffnete Ranger. Diese müssen natürlich mit Geld bezahlt werden, das vorher irgendwie ins Projekt geflossen sein muss. Dies geschieht ganz geschickt über „Projekte“ hinter denen sich schlicht Wertungen verbergen, die man aber jederzeit auslösen kann und die Geld und Siegpunkte bringen. Eigentlich möchte man die möglichst spät werten, denn dann bringen sie eben potentiell mehr (weil man mehr zum werten gelegt hat). Aber manchmal braucht man ganz, ganz dringend JETZT Cash und wertet lieber suboptimal, um anschließend ein Tier mehr retten zu können. Das klingt jetzt nicht superthematisch, funktioniert aber durchaus als narrativ verstandene Wirkungskette. Dadurch werden die Handlungen mit „Tierschutz“ assoziiert und das Spiel wird in den Köpfen mit sinn gefüllt, der über „GRÜN PUNKTET VIEL DA!“ hinausgeht. Das ist nicht nichts, so als Designleistung.
Dass es sich hier um Spiel mit Tierschutzthema – und nicht nur mit Tierthema – handelt, merkt man aber am deutlichsten am sehr konstruktiv angelegtem Spielverlauf. So wird zum Beispiel die Umweltschutzleiste, die Bedingungen für viele Tiere darstellt, gemeinsam gefüllt. Man bekommt für seine Mitarbeit hier nur dann Punkte, wenn man sich besonders viel engagiert, ansonsten wird man hier nur investieren, wenn die eigenen Tiere das verlangen. Sollte das aber nicht klappen, gibt es viele Alternativen: Man kann Tiere reservieren, man kann Karten gegen Geld abwerfen, man kann sich Symbole hinzukaufen (allerdings zu einem horrenden Preis) und die oben genannten Wertungen sind nicht exklusiv, sondern stehen allen gleichermaßen zur Verfügung. Die schlimmste Aktionskarte erlaubt das Tauschen (sic!) eines reservierten Tieres mit dem reservierten Tieres eines/r anderen. Hatedrafting ist ebenfalls keine Option, da man mit dem eigenen Puzzle genug zu tun hat, als dass man noch andere Puzzles nebenher lösen könnte. Man merkt dem Design an, dass dem Team daran gelegen war, dass die Spielenden jederzeit das Gefühl haben, etwas sinnvolles tun zu können. Das ist wichtig, denn Kavango hätte das Potential gehabt, sehr zu frustrieren; Wer am Anfang des Spieles seine Nahrungskette zu sehr vernachlässigt (was bei der ersten Partie durchaus vorkommen kann), hat am Ende Probleme überhaupt etwas größeres in seinem Park anzusiedeln, weil die Produzenten (Tiere und Pflanzen am Ende der Nahrungskette) fehlen. Das Zählen der Punkt kann man sich dann fast schon sparen… Aber vorher konnte man sich wenigstens selbst ausreichend Ziele setzen, z.B. zumindest noch den Elefanten irgendwie reinzubekommen oder die Schuppenechse… Auch wenn das Ruder nicht mehr rumgerissen werden kann, macht das Puzzle noch Spaß. Und das macht ein gutes Design aus!
Durch die vielen kleinen Elemente ist Kavango interaktiver als Noah Planet, bietet aber ein ähnliches Puzzle. Das Zapfen macht die Sache zudem dynamischer und schneller – ein Trick, den schon 7 Wonders zu bespielen wusste. Die Kombination aus letzterem und Tableauspiel wirkt dabei viel greifbarer als die eher abstrakten Punktesammeleien des Wundervaters.
Und man legt wieder schöne Bilder von Tieren in seine Auslage – Ist es da ein Wunder, dass es das gehobene Familienspiel ist, dass meinen Töchtern dieses Jahr mit am besten gefällt?
#spiel2024
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