Verlag: Piatnik
Autoren: Oliver Mahy
Spieleranzahl: 2-4
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: 20 Minuten
Wenn zwei das Gleiche machen, ist es noch lange nicht dasselbe. Sowohl Oliver Mahy als auch Jay Cormier/Chase Disher hatten die Idee, das „Punkt-zu-Punkt“-System, also das Entstehen von Bildern durch verbinden von aufsteigenden Zahlen, für ein Brettspiel zu nutzen. Die Ergebnisse sind Imagenius und Draw the line und liegen spielerisch doch sehr weit auseinder (vermute ich. Draw the line ist leider immer noch nicht verfügbar, so dass ich jetzt doch nur Imagenius bespreche):
Tatsächlich die besten Verbindungsbücher, mit z.T. zweiseitigen Bildern die bis 1000 (und darüber hinaus) gehen.
Bei Draw the line liegt der Schwerpunkt darauf (bzw. wird der Schwerpunkt darauf liegen, glaube ich), den Teammitgliedern per Pantomime die Symbole, die verbunden werden sollen darzustellen. Weder Pantomime noch Teams noch selbst gemalte Bilder gibt es bei Imagenius. Vielmehr handelt es sich hier um ein „Alle suchen gleichzeitig“-Spiel wie etwa 5er finden. Aber eben mit dem Kniff, dass das Suchen kein Selbstzweck darstellt.
Grundsätzlich funktioniert Imagenius mit einer Art Auftragskarte. Die geben an, welche Symbole miteinander verbunden werden müssen, ohne irgendeinen Hinweis zu deren Lage zu geben. Die Spielenenden versuchen nun möglichst schnell diese Symbole auf ihren Tableaus zu finden und entsprechend zu verbinden. Soweit erst einmal nichts neues, aber richtig verbunden entsteht eine Skizze von irgendetwas. Und genau dieses „Etwas“ gilt es zu raten – wer zuerst rät bekommt ggf. einen Bonuspunkt und dreht die Sanduhr um. Alle anderen erhalten also noch eine Chance.
Unabhängig vom Kernmechanismus ist diese Wertung schon sehr solide designend, denn sie verhindert Frust. Ein Punkt Vorsprung ist nicht viel (zumal man riskiert beim Falsch raten einen Punkt zu verlieren), so dass sich notorische Schnecken nicht vollends abgehängt fühlen müssen (siehe Durchblick). Aber er gibt genügend Anreiz eben doch ein bisschen schneller zu raten, als vielleicht gut wäre – man muss nämlich gar nicht alle Symbole verbunden haben, bevor ein Rateversuch abgegeben werden darf.
Allerdings ist das auch eine etwas theoretische Möglichkeit, denn die Skizzen bestehen naturgemäß aus wenigen Strichen und wenn man da ein paar von weglässt, wird es schon schwierig. Umgekehrt ist das Aha-Erlebnis bei diesem Spiel schon sehr präsent, gerade wenn der entscheidende Strich gesetzt wurde oder man sieht, dass das Bild umgedreht werden muss, um einen Sinn zu ergeben.
Was mag das nur sein?
(Kein Spoiler, nur ne Kritzelei von mir)
Was die Wertung aber nur teilweise kaschieren kann, ist dass Imagenius gelernt werden kann. Wer häufig spielt, hat einen Vorteil gegenüber jemanden, der nicht einmal eine rudimentäre Ahnung davon hat, wo die Symbole liegen könnten. Außerdem gibt es Symbole, die nicht verbunden, sondern umkurvt werden sollen, was besser gelingt, wenn man das schon mal gemacht hat. Auf der anderen Seite ist Imagenius eben klar als Familienspiel ausgelegt, in dem die Kinder durchaus gegen die Erwachsenen gewinnen können, weil sie schneller gucken (aber schlechter raten). Die meisten spielenden Erwachsenen finden an zeitbasierten Suchspielen schon aufgrund von Altersweitsichtigkeit potentiell etwas weniger Freude. Und natürlich sind die Auftragskarten begrenzt – aber nicht sehr. Imagenius ist das aktuelle Lieblingsspiel meiner jüngeren Tochter und wir haben dennoch gerade einmal etwa die Hälfte der Karten durch. Das ist in der Praxis also kein Problem, wenn man nicht in einer Almhütte eingeschlossen ist oder so.
Imagenius und Draw the line zeigen aber auch wie wenig eine Idee an sich wert ist: Die Idee „Punkte verbindenm, um ein Bild raten zu können“ ist klarer Ausgangspunkt bei der Entwicklung beider Spiele gewesen, die Kernidee also. Von dieser Idee gingen die Entwicklungen in völlig unterschiedliche Richtungen (jaja, hier der Disclaimer von oben einfügen). Eine Idee ist eben noch kein Werk und auch wenn die Schritte bei einfachen Spielen wie Imagenius auch klein sein mögen, so müssen sie eben gemacht werden. Wenn zwei das Gleiche machen, ist es eben noch lange nicht dasselbe.
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