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Zug um Zug – Das Kartenspiel

Verlag: Days of Wonder
Autor: Alan R. Moon
Spieleranzahl: 2-4
Alter: ab 8 Jahre
Spieldauer: 30 Minuten

Was auch immer die „Szene“ davon halten mag: Ein Verlag tut gut daran an den Erfolg eines gut laufenden Spieles anzuknüpfen und die Marke soweit auszubauen wie es eben geht. Das produziert laufendes Einkommen und damit verbunden ist eine gewisse Planungssicherheit, die es dem Verlag erlaubt auch mal ein riskanteres Spiel auf den Markt zu werfen. Das Resultat ist eine grössere Spielevielfalt, die uns allen zu gute kommt.

Und das war schon alles, was es positives über das ZuZ-Kartenspiel zu berichten gibt. Ach, nein, halt, da ist noch was: Die Karten sehen wirklich sehr schick aus.

Eine Rezension sollte die Zeit des Lesers nicht unnötig verschwenden, daher eine kurze Zusammenfassung all dessen was hier falsch gelaufen ist:

-Das Spiel wirkt extrem mechanisch: Am Anfang seines Zuges bewegt man eine Karte jeder Farbe, die vor einem ausliegt von einem offenen auf einen verdeckten Stapel. Danach nimmt man Karten auf oder legt welche ab. Dabei liegt es oft auf der Hand was man davon tun sollte.
– Beim Ablegen darf man beliebig viele einer Sorte oder drei Karten verschiedener Sorten auslegen. Letzteres ist beim Spiel zu viert eigentlich überhaupt keine Option: Zum einen verhindert die Einschränkung dass es keine zwei Auslagen derselben Farbe geben darf in ca. 90% der Fälle eine Auslage gänzlich, zum anderen wird eine derartige Auslage wenn sie denn durchführbar wäre in den meisten Fällen vom Gegner zerbombt.
– Und damit sind wir beim Hauptkritikpunkt: Nachziehglück hatte das Urspiel auch. Und das gegenseitige blockieren machte einen der Hauptreize aus. Hier gibts keine Blockaden, dafür wird die Auslage einer Farbe entfernt, wenn ein Mitspieler mehr entsprechende Karten auslegt. Das soll Unsicherheit und Ärgerfaktor mit sich bringen und das tut es auch, aber es passt nicht zum Spiel. Beim Urspiel konnte man sich blockieren, aber was man hatte, das hatte man. Hier weiss man bis zuletzt nicht was man hat und haben wird. Zum Nachziehglück kommt somit noch die Frage, was einen die Mitspieler liegen lassen. Und da der Stapel schnell schwindet und das Spielende naht, kann man es sich normalerweise nicht leisten grosszügig zu kalkulieren. Und eine Farbe mehrmals auslegen zu müssen erst Recht nicht.
– Und überhaupt das Spielende: Wenn der Stapel sich dem Ende neigt kann man eigentlich nichts sinnvolles mehr tun – Man darf noch eine Karte verschieben aber das wars dann auch.
– Dann gehts ans Auszählen der Routen und das ist ja eher abstrakt: Hab ich die Karten erfüllen können? (Die verdeckten Stapel darf man sich nicht ansehen, was zwar für den Spielfluss notwendig ist, aber eine unnötige Memory-Komponente mit ins Spiel bringt). Hier zählen in erster Linie die Joker, so dass deren Erwerb erstes Gebot sein müsste. Aber das ist nebensächlich denn es gibt eine absolut überflüssige und fehlkonstruierte Zusatzwertung: Jede Karte, deren Farbkombination man im verdeckten Stapel findet zählt nicht nur ihren Punktwert, sondern auch noch für bis zu zwei Städte. Und wer in einer Stadt die Mehrheit hat bekommt nochmal richtig Punkte geschenkt. Und ich sage geschenkt, weil sich diese Mehrheit kaum gezielt ansteuern lässt: Ich habs nur begrenzt in der Hand welche Zielkarten ich überhaupt bekomme. Ich kann versuchen bestimmte Zielkarten zu erfüllen, aber der Erfolg hängt nicht zuletzt von den Mitspielern ab. Und ich hab keine Ahnung was die Mitspieler für Zielkarten erfüllen werden. Ergo: Ich kann hier Glück oder Pech haben. Und wenn ich grosses Pech habe, liegen all meine Mitspieler in einer Stadt gleichauf vor mir und bekommen alle so viele Punkte gutgeschrieben wie ich durch eine erfüllte Strecke bekomme., während ich leer ausgehe. Was diese Wertung soll ist mir wirklich schleierhaft.
– Zug um Zug – das Brettspiel ist ein interaktives, taktisches Legespiel mit einem gewissen Glücksfaktor, der aber gut in den Griff zu bekommen ist. Zug um Zug – Das Kartenspiel ist eher „zufällig interaktiv“, mechanisch, mit hohem Glücksfaktor, der nicht durch geschicktes Spiel kompensiert werden kann und damit zum Frustfaktor wird.

Mir tut es um die vertanene Chance leid: Ich mag Zug um Zug in allen bisheriegen Inkarnationen. Es hätte ein gutes Spiel verdient gehabt. Dieses Kartenspiel verdient es nicht.

Peer Sylvester
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