spielbar.com

Porto

Verlag: Mebo
Autor: Orlando Sá
Spielerzahl: 2-4
Alter: ab 8 Jahren
Dauer: ca. 50 Minuten

Es ist eine der Marotten von Eurogames, dass sie oft nach Ortschaften, Städten oder Regionen benannt sind. Der Vorteil sollte auf der Hand liegen. Eine lose Ansammlung unterschiedlicher Spielregeln nach einem Ort zu benennen ist so stimmungsvoll wie es nichtssagend ist. Statt eines Plättchenlegespiels mit Bereichswertungen, spielen wir Carcassonne! Statt einem ulkig aussehenden Spiel in dem man Kartenreihen sammelt, spielen wir St. Petersburg!

Porto ist nicht das Spiel, das mit dieser Tradition brechen wird. Auch wenn es auf dem Spielbrett von Sehenswürdigkeiten und Anspielungen auf Portos Geschichte und Kultur nur so wimmelt, weckt die Kartenspielerei, die darauf stattfindet, nur bedingt Eindrücke dieser Stadt. Allerdings gibt es nur wenige Spiele, die tatsächlich davon handeln, was auf der Schachtel steht.

Bei Porto errichten die Spieler mit Hilfe ihrer Karten die bunte Promenade in.. nun… Porto. Das Spielkonzept ist einfach und griffig. Wenn man am Zug ist, nimmt man bis zu drei Karten auf die Hand oder errichtet ein Gebäude, in dem man zwei Karten aus der Hand spielt, und punktet damit. Wenn eine bestimmte Zahl an Gebäuden fertig gebaut ist, beginnt die letzte Runde. Das ist schnell, einfach und man weiß worauf man sich einlässt.

Gleich zu Beginn des Spiels fällt einem auf, wie das Verknüpfen des Spieltempos mit den Entscheidungen der Spieler dadurch gewinnt, dass es nur so wenige Optionen gibt. So kann man das Spiel entweder langsam oder schnell vorantreiben. Denn Porto ist ein herrlich interaktives Spiel. Nicht im Stil der alten Schule, als man noch mit Würfeln, Ereigniskarten und Blockaden die sorgfältigen Pläne anderer Spieler zunichte macht. Es erreicht seine Interaktion zwischen den Spielern auf eine Weise, wie es Eurogames nur noch selten gelingt. Jede Spielerentscheidung eröffnet neue Punktemöglichkeiten für alle am Tisch. So bleibt die Spielsituation durchgehend spannend und in Bewegung.

Denn in Porto gibt es viele Möglichkeiten, um zu punkten. Angefangen mit den Gebäuden selbst, hin zu persönlichen Zielen, öffentlichen Punktekarten oder einfach Punkteplättchen, die auf dem Spielbrett verteilt sind. Das mag nach Punktesalat klingen, aber statt sämtliche Nuancen unter einem offenen Siegpunkte-buffet zu vergraben, entsteht so ein einladendes Netz an Anreizen, denen man folgen kann.

Autor Orlando Sá hat ein schickes Netzwerk an verschachtelten Zielen geschaffen, welches dem Spiel sein Tempo gibt und das Spielerinteresse zu halten weiß. Ein Kunststück, das einfacher aussieht als es ist. Zwar gibt es Vielspieler, die sich daran erfreuen mehr reizvolle Optionen zu besitzen als Spielzüge, um sie alle auszuführen, aber es ist keine angenehme Spielerfahrung an sich. Zum einen eröffnet diese Knappheit viel gedankliches Hin und Her, während man versucht sich für die eine oder andere Option zu entscheiden. Hobbyisten bezeichnen das als analysis paralysis (zu dt. Entscheidungsunfähigkeit). Im bestmöglichen Fall ist man seine eigene Unentschlossenheit irgendwann leid. Statt sich gegenseitig ausschließenden Optionen abzuwägen, fällt man einfach eine Bauchentscheidung. Damit koppelt man sich leider auch vom reizvollsten Aspekt eines guten Eurogames ab: das genüßliche Ausknobeln und Vorplanen des eigenen Zuges. Es ist eine Falle, in die viele stark interaktive Designs tappen. Sobald die eigene Entscheidung zu stark von den Entscheidungen anderer Spieler abhängt, und das Zusammenspiel der Aktionen zu undurchsichtig wird, verschiebt sich der Kern des Spielerlebnis. Was als vielversprechende Knobelei beginnt wird im Handumdrehen zum weißem Rauschen. Stattdessen spielt man sich durch eine Reihe an Lernrunden, in denen man experimentiert und ausprobiert, um nach einigen Abenden ein funktionierendes Spielskript im Kopf zu haben, das man in zukünftigen Runden anwenden kann. Je ungenauer das Verhältnis zwischen Aktion und Reaktion ist, umso länger wird man experimentieren müssen.

Auftragskarten bringen Bonuspunkte

Glücklicherweise will Porto, dass man in diesem Spiel schon Spaß hat und nicht erst im nächsten. Darum bekommt man nur zwei Möglichkeiten aus denen man wählen kann. Man kann bauen, um Punkte zu machen. Aber das erhöht womöglich die Chancen für die anderen Spieler diese Runde noch mehr Punkte zu holen. Wenn man allerdings jede Gelegenheit, die Mitspieler einem anbieten, auskosten möchte, braucht man dafür eine Vielzahl unterschiedlicher Karten in der Hand.

Porto zu spielen, heißt ein Gespür fürs richtige Timing zu haben. Wann genau springt man vom Ausfüllen der eigenen Kartenhand auf den Zug in Richtung Siegpunkte? Ist es besser sich lange vorzubereiten bevor man wiederholt Punkte in den letzten Runden des Spiels einheimst? Oder sollte man eher kurzfristig und schnell Punkte holen, um so mit Masse den Sieg zu holen? Bevor man sich versieht spielt man mit seinen Freunden eine seltsame Art des Feiglingspiels: wer kneift zuerst um sich die Siegpunkte auf dem Brett zu holen, und gewährt dabei seinen Gegnern unvermeidlich einen Vorteil?

Für ein Eurogame ist das nicht zwingend ein ungewöhnliches Spielerlebnis. Es ist jedoch beeindruckend, dass das mit so wenigen Regeln umgesetzt wurde. Portos Schlichtheit und einfache Spielbarkeit lässt einen das beeindruckend robuste Regeldesign übersehen. Schon bald richtet man seine Aufmerksamkeit auf andere Spieler, statt auf das Brett zu starren und die nächste Aktion zu planen. Jede Entscheidung spielt eine Rolle und bereichert den Knobelspaß, wenn es darum geht, wann man den Schritt zum Punkteholen macht.

Es stören an Porto nur Kleinigkeiten. Die Illustration sind zwar charmant und humorvoll, aber auch etwas unruhig. Das Spielbrett ist absolut funktionsorientiert, aber vielleicht einen Tick zu groß. So weckt es die Erwartung, man hätte es hier mit einem komplexeren Spiel zu tun als es der Fall ist. Porto spielt sich aber nicht nur schnell. Man kann es auch während des ersten Spiels begreifen. Das sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die im Hintergrund laufenden Zahlenspiele fehlerfrei arbeiten. Die Regeln des Spiels sind kein Brocken, den man erst lange verdauen muss, weil Porto durch sein sauberes Design zu überzeugen weiß. Dieses Spiel wird das Hobby nicht revolutionieren, aber es ist ein sehr gutes Beispiel dafür, was moderne Brettspiele leisten können, wenn sie sich nicht auf Gimmicks verlassen wollen.

Georgios Panagiotidis
Letzte Artikel von Georgios Panagiotidis (Alle anzeigen)