Verlag: Ravensburger
Autor: Dieter Nüßle
Spielerzahl: 2-5
Alter: ab 8 Jahren (eher ab 6)
Dauer: ca. 5 Minuten pro Mitspieler
Das Werfen eines Würfels an sich ist eine eher profane Tätigkeit. Moderne Roll and Writes haben deshalb so viel Erfolg, weil sie den Focus von der Tätigkeit des Würfels weg, auf die Interpretation des Ergebnisses hin bewegen – Nicht das Würfeln selbst ist entscheidend, es ist was wir mit dem Ergebnis machen. Reine Würfelspiele, bei denen die Entscheidung, was mit dem Ergebnis genau gemacht werden soll, fehlt, bei denen es also nur darum geht eine bestimmte Kombination zu würfeln, werden oft als weniger interessant angesehen. Das ist aber nun genau das was bei Strike eigentlich geschieht: Es wird mindestens ein Würfel geworfen, in der Hoffnung, dass dieser ein Symbol zeigt, das bereits auf einem zuvor gewürfelten Würfel zu sehen ist. Gelingt das nicht, dürfen weitere Würfel nachgewürfelt werden. Das ist im Prinzip so wenig bemerkenswert, wie es klingt.
Nun wäre das Spiel von Dieter Nüßle nicht seit fast zehn Jahren unter wechselnden Titeln (aber immer mit furchtbaren Titelbildern) im Programm von Ravensburger, wenn das in der Tat alles wäre. Reine Ergebniswürfelspiele halten sich normalerweise nicht lange am Markt, wenn sie nicht gerade Kniffel heißen und auf über 50 Jahre Anlauf zurückgreifen könnten. Tatsächlich greift Strike an einer unerwarteten Stelle ins herkömmliche Würfelspiel ein: Beim Würfeln selbst nämlich.
Aus der oben erwähnten profanen Tätigkeit macht Nüßle eine Art Autoscooter. Die Würfel werden nicht einfach gewürfelt, sie werden in die Arena geworfen. Und können so durchaus bereits liegende Würfel umstoßen oder wegschießen und so wird der Eindruck vermittelt, man könnte mit Geschicklichkeit ausgleichen, was Fortuna für uns bereithält. Das ist natürlich Blödsinn – aber Blödsinn mit Selbstüberlistung.
Ist würfeln normalerweise profan, macht das Werfen tatsächlich als Tätigkeit Spaß. Der Rest des Spieles steht dem zumindest nicht im Wege: Es geht ums nackte überleben, denn wer keine Würfel mehr hat, ist raus. Das kann u.U. schnell gehen, da alle Würfel werfen muss, wer keine Würfel in der Arena vorfindet. Und nur Würfel mit denselben Symbolen dürfen zurückgenommen werden. Würfel mit einem X werden zudem sofort entfernt. Das ist gemein, das ist unfair und reines Glück – aber durch das Werfen ist das haptische Erlebnis groß genug, für ein Looping-Louie-ähnliches Popkorngefühl. Noch mal! Und genau deswegen hat sich Strike auch schon reölativ lange gehalten.
Ich kann diese Rezension aber nicht beenden, um auf das Lizenzthema einzugehen. Harry Potter ist ein Zugpferd, keine Frage. Es ist aber das Zugpferd von J.K.Rowling, die in den letzten Jahren immer verkniffener gegen Trans-Menschen kämpft – Vom Verklagen von Freizeit-Blogerinnen zum Aufhetzen der eigenen massiven Social-Media-Folgschaft gegen einzelne Kritiker*innen. Ihre z.T. kruden Thesen gegenüber Transmenschen möchte ich an dieser Stelle nicht wiederholen, aber wer ein Harry Potter-Produkt kauft, dem sollte schon klar sein, dass damit eine Anti-Trans-Aktivistin unterstützt wird. .
In diesem Fall ist es das eventuell auftretende Dilemma aber leicht zu vermeiden, denn ein Harry-Potter-freies Strike ist auf dem Markt zum selben Preis erhältlich und es ist nicht so, dass das Thema irgendetwas mit dem Spiel zu tun hätte. Der einzige Unterschied: Statt Zahlen zeigen die Seiten Symbole, die für bestimmte Zauber aus dem Harry-Potter-Universum stehen sollen und wenn sie genommen werden für Sondereffekte sorgen – entweder Umkehrung der Spielerreihenfolge oder das Stapel aller verbleibender Würfel in der Arena zu einem Turm. Das gab es bereits in einer früheren Version unter der Bezeichnung „Elemente“ und hat sich auch deswegen nicht durchgesetzt, weil die Anwendung z.T. verwirrend ist – verwirrender zumindest als für ein Spiel dieser Kategorie angemessen. Zudem sind diese Effekte eher marginal, weniger das Salz in der Suppe, als die kleine Prise Ingwer in der Karottensuppe- vielleicht ein Ticken interessanter, aber viele würden das Fehlen nicht bemerken. Wer dennoch nicht darauf verzichten will, der kann natürlich auch beim normalen Spiel die einzelnen Augenzahlen die entsprechenden Effekte zuweisen. Anders ausgedrückr: Es war selten so einfach, kein schlechtes Gewissen zu haben!
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