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Happy Mochi und Jungo

Zwei kleine Kartenspiele sind hier hereingeflattert und da sie zumindest auf dem Papier sehr ähnlich sind, bietet sich der direkte Vergleich als Format an:

Happy Mochi

Autoren: Johan Benvenuto/Romarik Galomnier

Verlag: Asmodee

Für 2-6 Spielende ab 8 Jahren

Spieldauer: 20 Minuten

 

Jungo:

Autor: Toshiki Arao

Verlag: Cocktail Games /Asmodee

Für 3-5 Personen ab 10 Jahren (eigentlich genauso ab 8 wie Happy Mochi)

Spieldauer: 15 Minuten (eher: 10 Minuten)

Keine Ahnung was ein Mochi ist und warum die glücklich sein müssen? Egal, sie sind süß und haben Pastellfarben und mehr muss man nicht wissen (Bevor mir jetzt Leute Wikipedia-Artikel schicken: Natürlich weiß ich was die sind, ich habe schon häufiger welche im Zoo gesehen).

Happy Mochi ist ein einfaches Kartenspiel, bei dem man versucht, seine Handkarten loszuwerden, in dem man Kombos überbietet – wer nicht überbieten kann, muss Karten ziehen, was natürlich das „Hand leerspielen“ verlangsamt. Der Kniff: Man darf seine Handkarten nicht sortieren. Nur neu gezogenes darf man frei einsortieren, sonst darf man nur benachbarte Karten zusammenspielen.

Keine Ahnung was ein Jungo ist? Egal, irgendwas mit Affen, in einer Graphik die an Trio desselben Autoren erinnert und mehr muss man nicht wissen (Nein, auch keine Ahnung).

Jungo  ist ein einfaches Kartenspiel, bei dem man versucht, die Handkarten loszuwerden, in dem man Kombos überbietet – wer nicht überbieten kann, muss Karten ziehen, was natürlich das „Hand leerspielen“ verlangsamt. Der Kniff: Man darf seine Handkarten nicht sortieren. Nur neu gezogenes darf man frei einsortieren, sonst darf man nur benachbarte Karten zusammenspielen.

Die Spiele sind also durch eine gewisse strukturelle Nähe zueinander gekennzeichnet. Auch die Marker wie Zielgruppe, Anspruch und Glücksfaktor etc. sind praktisch identisch. Kein Aber: Es wäre vermessen zu sagen, dass die beiden Spiele Welten voneinander entfernt wären. Dennoch ist der einzige Grund, warum ich diese Zeilen hier schreibe, dass ein Spiel entwickelt und das andere entworfen wurde.

 

Bei Happy Mochi spiel man immer zwei Karten in die Mitte, diese ergeben wie bei Odin eine zweistellige Zahl und die muss (je nachdem was gerade gilt) entweder größer oder kleiner sein, als das, was bereits liegt. Manchmal müssen die beiden Karten zudem dieselbe Farbe haben. Und ein Zahlenpaar passt immer. Und gelegentlich passiert noch etwas durch einen Sondereffekt (z.B. dass man ab sofort niedrigere Kombos statt höhere benötigt). Und sollte man nichts spielen dürfen, darf man irgendwo eine Karte ziehen, das schließt die Zielzahl mit ein (meistens ergibt sich dadurch eine Vorlage für die folgende Person, das das Ziel einfacher zu über- oder untertreffen sein wird). Viele Unds für ein Spiel dieser Güte? Ja, aber nicht weil es tatsächlich kompliziert werden wird;  Thema, Spielverlauf, Anspruch, Spielehandlungen: Auf dem Papier klingt alles durchdacht.

Ja das ist eine 25. Zwei Karten die zusammen eine höhere Zahl ergeben oder jeder Pasch kann gespielt werden

Praktisch ist Happy Mochi eines der durchschnittlichsten Spiele der Welt. Thema: Süß und Fernost , Graphik: Bonbonpastell. Spielverlauf: Man spielt Karten, aber – und das ist das Problem – trotz aller „und Dann“ – regeln weitestgehend belanglos. Irgendwas geht fast immer und nur wenn die Zielzahl wirklich mal extrem und damit schwer zu über/untertreffen ist, wird ein paar mal hintereinander gezogen, bis irgendwas passiert und der Knoten sich löst.Dadurch kann man aber auf nichts wirklich hinspielen. Damit überbewerte ich den Glücksfaktor nicht, sondern meine tatsächlich die Perspektive der Spielenden: Selbst in Uno kann man sich Ziele setzen und Karten „aufbewahren“ oder eben nicht – auch wenn es reiner Zufall ist, ob die Planung aufgeht, man hat eine. Das sorgt für eine gewisse Identifikation mit dem Spielverlauf. In Happy Mochi spiele ich nur rein situativ, was eben gerade passt. Sich Ziele zu setzen ist kaum möglich, da Bedingungen ständig wechseln. Welche zwei Karten nebenander liegen ist fast egal (Pärchen sind bevorzugt, da die immer passen und es dann auch nicht einmal mehr auf das Pärchen selbst ankommt). Hinzu kommt noch, dass die Kombo in die Mitte gespielt wird, also nicht bei mir verbleibt. Auch das verringert die Identifikation. Als Resultat spielt man mal diese Karte und mal jene und zieht zwischendurch nach. Die Definition eines Blah-Spieles. Es wirkt nicht, als ob es eine Leitidee beim Spieldesign gegeben hätte – Es wirkt konstruiert.

Jungo dagegen wurde zumindest auf ein Ziel hin entwickelt und zwar, ein Shedding-Spiel, also das Überbieten von Kombos bis jemand keine Karten mehr hat, so einfach und barrierefrei wie möglich zu gestalten. Hier findet die Identifikation statt und zwar nicht nur, weil man die Kombos vor sich selbst ablegt, sondern auch, weil man mit einer höheren Kombo die niedrigere Aufnehmen und in sein Blatt integrieren kann. Da man ja zudem versucht möglichst so die Karten zu spielen, dass sich neue Kombos aus vormals getrennten Karten ergeben, bekommt man viele kleine Ziele: Die zwei Einsen kann man sofort spielen, aber wenn ich erst die 7 spiele, dann liegen drei Einsen nebeneinander und das ist viel besser! Wenn zudem niemand überbieten kann, darf man -wie bei vielen Spielen, aber nicht bei Happy Mochi – die Kombo wegwerfen und ganz neu beginnen. Auch das schafft Raum für Pläne und das Gefühl Zwischenziele erreicht zu haben. Dadurch ist die Identifikation mit den Spielehandlungen bei Jungo viel stärker und das Spiel fühlt sich interessanter und spannender an – und das bei sogar noch weniger Regeln als bei Happy Mochi.

Dass Jungo aber auch weit von den Höhen eines Trio entfernt ist, liegt am Fehlen jeglicher Punkte oder Wertungen: Einziges Ziel ist das Abspielen der Hand, gelingt das jemanden, ist das Spiel beendet und ein/e Gewinner:in gekürt. Sicher, bei Trio gilt ähnliches, aber Trio baut einen Spannungsbogen auf: Da erst das dritte Trio den Sieg bringt, läuft alles auf ein Finale hinaus und man hat auch wenn es nicht reicht, das Gefühl etwas geschafft zu haben.

Jungo dagegen endet oft recht abrupt, weil jemand alle Karten auf einmal loswird. Die anderen haben keine Quantifizierung des Erreichten und das kann frustrieren. Insbesondere kann es passieren, dass man sehr viel mehr Kartenpflege betreiben muss als die Mitspielenden und dann ist klar: Das wird eh nix, bis ich etwas brauchbares zustande bekommen habe, ist das Spiel längst aus! An diesem Punkt bietet Jungo wegen der Binärität der Siegbedingung keinen Trostpreis an, nichts auf das man hinspielen könnte, außer dem vermutlich zum Scheitern verurteile Hinterherlaufens. Es gibt schon einen Grund, warum die meisten Spiele des Genres eine Punktewertung anbieten und/oder vorbei sind, wenn alle bis auf eine Person noch Handkarten haben.

Interessanterweise verwendete die Originalfassung von Jungo genau diesen Kniff, um das Spiel interessanter zu machen, um ein tatsächliches Finale zu ermöglichen. Hier spielte man ähnlich dem Klassiker Schwimmen so lange, bis jemand dreimal verlor (also als letztes übrig blieb). Die Entscheidung das Spiel so zu verkürzen, verwundert, endet es doch ziemlich abrupt und nicht selten unbefriedigend. Das sich die Originalregel nicht wenigstens als Variante wiederfindet ist daher nicht nachvollziehbar.

Das ist ein bisschen Schade, denn Jungo hätte mit den Originalregeln durchaus das Zeug zum Uno-killer gehabt. Dass sich dieses Bedauern aber ausdrückt, ist ein Zeichen dafür, dass es dann doch Welten von einem Happy Mochi entfernt ist.

 

Peer Sylvester
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