Verlag: Avalon Hill / Hasbro
Autor: Bruce Glassco
Spieleranzahl: 3-6
Alter: ab 12 Jahre
Spieldauer: 60-90 Minuten
Die Hasbro-Marke Avalon Hill verwöhnt mich. Vor ein paar Jahren bekam RoboRally eine durchaus gelungene Frischzellenkur, seit Januar kann ich mit meinen Kindern HeroQuest spielen und nun erscheint endlich eine fehlerbereinigte und vor allem Deutschsprachige Ausgabe von Betrayal at the House of the Hill (die Rezi war eine meiner ersten für die Spielbar). Das Umstellen von letzteren auf Edition 3 lohnte sich für mich schon aus sprachlichen Gründen – für andere auch?
Betrayal… schmeißt die Spielenden in ein mysteriöses Haus. Das gilt es erst einmal zu erkunden, was im wesentlichen Plättchen aufdecken, Karten aufdecken und würfeln beinhaltet. Irgendwann triggert ein Würfelwurf den sogenannten „Spuk“ – jetzt beginnt die eigentliche Geschichte! Ab jetzt spielt jetzt eine Person gegen den Rest (es gibt ein paar Ausnahmen, wie kooperative oder gänzlich kompetitive Szenarien, aber der Normalfall ist einer gegen alle). Das originelle dabei, ist dass jede Seite ein eigenes Szenarioheft mit Regeln bekommt, so dass man über die Möglichkeiten und Ziele der jeweils anderen im Dunkeln bleibt. Um aber dabei zu bleiben: Es geht weiterhin spielerisch vor allem um Plättchen, Karten und Würfel.
Betrayal lebt von der trashigen Horrorfilmathmosphäre (die Fälle der dritten Edition bedienen sich auch bei angrenzenden Genres, viele klassische Elemente wurden ja schon sehr ausführlich in den diversen Vorgängern zitiert) und vor allem den Bildern, die es in den Köpfen der Spielenden zeichnet. Wie die Tanz der Teufel -Filme ist sich Betrayal der eigenen Absurdität bewusst; Wenn ausgerechnet auf einer Brücke Möbelstücke Augen bekommen, der mit magischen Gegenständen hochgerüstete Hexer beim Sturz durch den Fussboden stirbt, das schreckliche Monster es nicht hinbekommt mit 6 Würfeln eine 2 zu würfeln oder das kleine Mädchen blutüberstömt als einzige das Haus lebend verlässt, sind das Momente die bleiben. Dabei läuft das Spiel prinzipiell immer weiter auf den Höhepunkt zu, auf dessen Weg einzelne Spielende durchaus auch auf der Strecke bleiben – sich aber nicht langweilen dürften, da es genug zum Zusehen gibt. Auch die vielen Filmzitate und die zum Teil durchaus witzigen Horrorgeschichten machen Spaß…. wenn einem klar ist, dass hier vor allem König Zufall regiert. Absprachen und Koordinierungen sollten stattfinden -auch zu einem größeren Maß als bei HeroQuest – aber Betrayal ist definitiv kein Strategiespiel. Es ist eine Wundertüte, bei dem man sich immer freut was auch immer man rauszieht, auch wenn es mal nur ein kleiner Gummiball und eine Lakritzstange ist und nicht das coole Gummimonster, dass man sich erhoffte.
Insofern ist es wichtig, dass die dritte Edition das Regelwerk noch leicht entschlackt und ein paar Regelhürden beseitigt hat – so wird bei Kämpfen normalerweise nichts mehr geklaut (etwas was sowieso selten vorkam), die Hindernisregel ist einfacher und es gibt keine zweigeteilten Räume (wie den Tresorraum) mehr. Zumindest der Einstieg ist dadurch deutlich leichter und das Spiel kann flotter gespielt werden. Spätere Betrayal- Legacy – Partien hatten ja das Problem, dass das flockige Würfelwerfen mit gelegentlichen schiefen Partien nicht so recht zum regeltechnischen Überbau passen wollten. Auch jetzt kann es noch Regelfragen geben – das liegt in der Natur der Sache: Es gibt zum Beispiel viele Karten die wiederrum mit Szenarioregeln kollidieren können und gerade diese Regeln sind stark komprimiert, um sie schneller lesen zu können. Das kann für Unklarheiten sorgen, die zwar im Sinne des Spieles gelöst werden können, aber ggf unbefriedigend sind. Wir sind hier aber Meilen von der ersten Edition entfernt, dessen FAQ-Liste so lang ist, wie die A7.
Fast die wichtigste Änderung ist, dass die Spielenden jetzt einen Grund bekommen, vor Ort zu sein: Sind sie etwa paranormale Ermittler oder haben sie einen mysteriösen Brief bekommen? Das ist wenig mehr als ein Prompt, der später auch den den Spuk bestimmt (basierend auf der auslösenden Karte), aber vor allem ausreicht, um gerade Neulingen zu zeigen, um was es geht. Auch bekommen die Charaktere einen kurzen Hintergrund. Für ein Spiel, dass vor allem vom Kopfkino lebt, eine gelungene Hilfe. Alles was deutlich macht, um was es hier eigentlich geht – und damit meine ich das Meta „Genieß die Show!“ – ist hilfreich.
Die dritte Edition ist kein Gamechanger, wie es etwa die Neuauflage von RoboRally war. Stärken und Schwächen bleiben weitestgehend erhalten, es werden aber ein paar Akzente neu und durchaus zum Vorteil gesetzt. Das gilt auch für das Material, dass sich auf dem Niveau der zweiten Edition hält, wobei das wichtigste eh die gelungenen Texte sind. Wer „Betrayal – aber episch!“ erwartet, greift besser zur Legacy – Edition, soweit sprachlich möglich (bislang ist die Legacyvariante nur auf englisch verfügbar). Die dritte Edition ist für den Besuch zwischendurch gedacht und lebt vom Tempo einer einstündigen Folge American Horror Stories. Vorhang auf zur Horrorshow!
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