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Airship City

Verlag: analog Lunchbox / Spielfaible
Autor: Masaki Suga
Spielerzahl: 3-4 Spieler
Alter: ab 14 Jahren
Spieldauer: 75-120 Minuten

Airship City ist ein innovatives Worker-Placement-Spiel aus Japan“ heißt es auf der Schachtel. „Japan“ stimmt zweifelslos, Autor und Verlag sind ein bekanntes Duo in der Japanischen Brettspielszene. Über die anderen beiden Punkte lässt sich diskutieren.

Ob es sich bei dem Spiel tatsächlich um ein Worker-Placement-Spiel handelt, ist ein bisschen Definitionssache, denn die „Worker“ (hier: Zeppeline) werden weniger „geplaced“ als über die 4×4-Auslage bewegt – wo sie landen führen sie die jeweilige Gebäudeaktion aus. Letzteres entspricht natürlich dem gängigen Worker-Placement, allerdings gründet die in diesem Genre übliche Beschränkung bei der Platzierung sich eben aus der fehlenden Reichweite, statt wie sonst aus den Mitspieler. Die stören die Bewegung nicht, sondern sorgen ‑ im Gegenteil ‑ manchmal sogar für einen „Huckepackbonus“, wenn sie eine Aktion an einem Ort durchführen, an denen die Spieler ebenfalls vertreten sind. Das mag ein Detail sein, aber bei Airship City spielt tatsächlich der Weg zum Wunschziel eine größere Rolle: So ist es verboten, dass zwei eigene Zeppeline sich dasselbe Feld teilen. Stattdessen können Felder mit eigenen Figuren übersprungen werden. Das sorgt für eine nette Puzzelei, weil die Reihenfolge, in der die Arbeiter bewegt werden, entscheiden welche Aktionen durchgeführt werden können. Zudem kann (gegen einen kleinen Preis), die Auslage im Stil vom verrückten Labyrinth verändert werden. Das so entstehende Puzzel fühlt sich anders an, als herkömmliche Worker Placements, gerade eben weil der Schwerpunkt so ein anderer ist. Und innovativ ist dieser Mechanismus tatsächlich ebenso.

Aber! Nicht die ganze Spieldauer wird hier gepuzzelt. Im Mittelteil läuft oft eine austarierte Maschine und hier bewegen sich die Arbeiter schon ein wenig ähnlich: A geht zum Steinbruch, B holt sich Getriebe, C geht zur Werft. Dann B  zum anderen Steinbruch, C holt sich Getriebe, A geht zur Werft. usw. Kleine Variationen sind natürlich nötig, da die Rohstoffe schneller verschwinden als hergestellt werden, aber im ersten Drittel sind die Überlegungen abwechslungsreicher, da die Maschine erst einmal aufgebaut werden will (bzw. man sich erst einmal entscheiden muss, welche Maschine man überhaupt konstruieren möchte) und im Endspurt holt man die Punkte oft durch bis dato selten benutzte (weil sehr teure) Felder. Das mag die interessante Puzzelei nicht mindern, aber es zeigt, dass die Spieldauer insgesamt etwas länger ist, als unbedingt notwendig.

Vor allem aber ist der originelle Zentralmechanismus umpackt mit einem sehr elaboriertem Bonussystem. Ein bisschen wie die Eurogamevariante von Ganz schön clever, hängen an den Aufbau-Aktionen immer noch Vorteile für spätere Aktionen und/oder Rohstoffboni, die man abgreifen sollte. Und natürlich Siegpunkte. Zwar sind diese Werte deutlich weniger inflationär als beim eben genannten RnW, aber hier ein Punkt und dort einen Punkt, bekommt man eben doch. Das wirkt zwar erst einmal alles wie ein Uhrwerk, ist aber bei weitem weniger innovativ als der Kern. Wer genau hinschaut erkennt zudem einige Unwuchtem im Spiel, so sind bestimmte Bonuschips zu schwach, um den regeltechnischen Aufwand in sie zu rechtfertigen.

Bei Airship City geht es übrigens um das Bauen von Luftschiffen, aber ganz ehrlich: Es könnte auch um Fabergé-Eier oder Müllverbrennungsanlagen gehen, zumal die Luftschiffe gar nicht selbst genutzt, sondern an die Stadt (ergo: Das System) verkauft oder verschenkt werden. Immer aber mechanisch eine interessante Wahl, denn einerseits ist Geld enorm knapp, andererseits sind die Boni, die ausschließlich beim Verschenken blühen, fett. Airship City erlaubt durchaus eine Reihe von Strategien, die allerdings -wie so oft in dem Genre – den  Erwerb mindestens eines weiteren Workers beinhalten sollten. Das spricht dann doch wieder dafür, Airship City als Worker Placement zu bezeichnen.

Wenn dem allerdings so ist, dann lässt sich auch festhalten, dass Airship City sich als zweistündiges Worker-Placement-Spiel (eine Zeit, die man auch erst mal erreichen muss, die ersten Partien dauern deutlich länger) in einem umkämpften Marktsegment befindet. Und wenn es auch vielleicht rein strategisch von den drei Spielfaible-Spielen, die ich bislang gespielt habe (neben diesem noch Freshwater Fly und Über die Entstehung der Arten) das variationsreicheste ist, so ist es auch das längste und am wenigsten innovativste. Da wiederspreche ich dem Schachtelaufdruck dann doch ein bisschen.

Ein abschließendes Wort zur Graphik: Ich mag den Stil. Wirklich! Der Stil ist was mich an dem Spiel ursprünglich reizte. Der Übersicht ist das Design aber nicht zuträglich, gerade bei den Zeppelinen ist das wichtigste (der Bonus) am kleinsten, das unwichtigste (Die Graphik des Zeppelin) am präsentesten gedruckt. Bei einem Spiel, wo ständig nötige Informationen an vier (!) unterschiedlichen Stellen gelesen werden wollen, nicht die beste Entscheidung.

Auf der anderen Seite passt die Graphik: Wie das Spiel auch, ist sie etwas für „Kenner“, für Leute eben, die wissen wollen, wie sich ein japanisches Worker-Placement-Spiel wohl anfühlen mag.

 

 

Peer Sylvester
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