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Games Workshop wird verklagt, Randolph plagiiert und Skandinavische LARPS missverstanden

Guten Abend, meine Damen und Herren.

Kaum macht man mal ein bisschen Urlaub, gibt es gleich mehrere Meldungen, die meiner Aufmerksamkeit bedingen. Fang ich gleich mit der ersten an:

Games Workship wird auf 62,5 Millionen Dollar verklagt. Nun ist Games Workshop ja nicht gerade der beliebteste Verlag auf diesem Planeten (die Gründe sind vielfältig und werden weiter unten z.T. angedeutet) und entsprechend gabs durchaus eine Reihe von Schadenfreuden-Posts im Netz. Doch für mein Rechtsverständnis hat die Klage wenig Aussicht auf Erfolg, so sie denn überhaupt zugelassen wird. Die Summe ist vermutlich sowieso erst einmal mehr Presseevent, als realistischte Schadenssume.

Die Hauptstoßrichtung ist eine Anweisung von GW an die Läden, sich bei Onlinepreisen an einen bestimmten Richtwert zu halten (wobei 20% Abweichung erlaubt ist). Laut Kläger wiederspricht dies einerseits einem vorherigen Versprechens GWs an seine Läden (nämlich Freiheit bei der Preisfindung) und zum anderen ist eine derartige Anweisung nach Amerikanischen Recht eine illegale Preisabsprache. Um das beurteilen zu können, fehlen mir das nötige Wissen, aber Sätze wie „In Amerika haben wir (…) einen freien Markt, der sich vom Sozialismusbasierten System Europas unterscheidet“ lassen mich vorsichtig werden, was die Substanz der Klageschrift betrifft. Außerdem wirft er Games Workship Produktpiraterie vor, wobei er das Urheberrecht anscheinend nicht richtig durchdrungenn hat: Er wirft GW vor, dass Warhammer 40.000 ein Plagiat von Battlemech ist, weil auch dort Maschinen, Space Marines, Ramschiffe etc. gegeneinanderkämpfen. Er geht noch einen Schritt weiter und erklärt, dass der Begriff „Space Marine“ von Robert Heinlein stammt (Tut er nicht) und dass GW außerdem auch die Elfen und Zwerge aus von Tolkien klaut und Gigers Alien. Nun sind die Aliens aus Warhammer tatsächlich sehr Giger-artig und es stimmt, dass Games Workshop versucht hat, den Begriff „Space Marine“ für sich zu beanspruchen (und so kurzzeitig ein E-buch mit dem Titel aus Amazon entfernte), aber letztlich ist das nicht relevant; Urheberrechtlich bildet Warhammer 40.000 ein Werk, dass sich sicherlich aus anderen Werken großzügig bedient, aber dennoch stellt es klar ein eigenständiges Werk dar.
Ich sehe aber auch nicht, wieso diese Frage für die eigentliche Klage relevant wäre.
Dieses Prinzip zieht sich durch die ganze Klageschrift: Es wird  vieles beschrieben, was durchaus kritikwürdig ist -und was auch ein Grund für die Unbeliebtheit Games Workshops darstellt – aber das meiste davon ist für den eigentlichen Fall irrelevant. Manches ist schlicht bizzar: Er behauptet die Preismarge einer Figur liegt bei 50.000%, vergleicht dabei aber nur die Herstellung mit dem Verkaufspreis. Ich meine, dass Games Workshop-Krams überteuert ist, wissen wir alle. Auch dass es als Luxusgut kaum relevant sein dürfte, wie hoch die Gewinnmarge nun ist (Wucher liegt dann vor, wenn Notsituationen ausgenutzt werden, wenn es z.B. um Medikamente oder Grundnahrungsmittel geht). Aber davon ab fehlen auch Verpackung, Transport, Bezahlung aller Personen, Werbung und bei GW eben auch das Store-System, dass sich finanzieren muss in der Berechnung. Irgendwie wiederspricht sich der Kläger mit diesem Punkt in meinen Augen sogar, wenn er vorher den freien Markt zitiert, dann aber anprangert, dass Games Workshop den nutzt, um überteuerte Figuren zu verkaufen. Games Workshop hat ja kein Monopol auf MIniaturenspiele, ist halt nur der Marktführer…
Immerhin will der Kläger das Geld nicht für sich, sondern es nutzen, um aus einigen Produkt Common Use zu machen. Mal sehen. Wie gesagt, man darf Games Workshop von mir aus jeden Tag verklagen. Aber bei dieser Klage habe ich das Gefühl, sie ist mehr Mittel zum Zweck um Medienecho zu erzeugen und die Presse auf Games Workshops Geschäftsmethoden zu lenken.

Etwas anders gelagert ist die Lage bei Alex Randolphs Twixt. Laut diesem Thread besteht kein Urheberrechtsanspruch seitens der Erben mehr. Wenn dem so ist, so liegt das an einer Gesetzesänderung in den USA, dass bei älteren Urheberrechtlichen Dingen eine Erneuerung verlangt, die aber (vermutlich aus Unkenntnis) nicht existiert. Damit ist das Urheberrecht in den USA verfallen und das Spiel frei verfügbar. Nun hat sich ein Wayne Dolezal wohl die Titelrechte an dem Spiel gesichert und möchte es in den USA herausbringen ohne Randolphs Erben zu beteiligen. Er hat sich wohl auch die Titelrechte in Europa gesichert, wohl ohne zu wissen, dass Randolph das Spiel hier erfunden hat, daher in Europa Österreichisches Recht gilt und dort die Urheberschaft nicht einfach verfällt (erst 70 Jahre nach dem Tod, u.U. auch etwas länger). Hier kann er das Spiel also schon einmal nicht vermarkten, ohne die Erben um Erlaubnis zu bitten (Günter Cornett weist im Spielboxforum darauf hin, dass selbst der Titel nicht unbedingt verfügbar war und die Markenanmeldung u.U wirkungslos sein könnte) (Bei Gelegenheit muss ich mal einen Post über die Unterschiede von Urheberrecht, Markenrecht, Titelrecht und Patent schreiben. Oder besser noch: Schreiben lassen).
Bleiben also die USA. Wenn Herr Dolezal Recht hat, kann er tatsächlich das Spiel in den USA herausbringen. Aber jeder andere auch. Nichts hält mich davon ab „Alex Randolphs Bridge Game“ in den USA zu vermarkten – und damit zu werben, dass bei meiner Version die Erben beteiligt sind (wenn dass denn der Fall ist). Marketingtechnisch könnte sich Dolezal ins Knie geschossen haben, wenn er nicht gerade einen starken Vertrieb an der Hand hat. Kleiner Nebenaspekt: Er möchte durchaus mit Randolphs Namen werben. Ich bin nicht sicher, ob das ohne Genehmigung erlaubt ist, denn jetzt ist wieder ein anderes Gesetz betroffen (Persönlichkeitsrecht und das Recht am eigenen Namen) und da sind die Amerikanischen Gesetze sicherlich wieder anders, als die Deutschen.

And now for something completly different.

Manchmal entsteht aus eher negativen Geschehnissen auch etas Positives. So wurde beim World Con in Finnland ein LARP abgesagt, weil es so viel Kritik am Setting gab. Das entpuppte sich im Nachhinein als Schnellschuß und wurde sehr kritisiert. Das Positive: Ich weiß jetzt mehr über die Skandinavische LARP-Szene und die ist faszinierend (auch wenn ich nur einen Mini-Blick hineinwerfen konnte). Das Problem der Kontroverse: Die vorwiegend Nicht-Skandinavischen Gäste erwarteten beim Begriff LARP ein Spiel. LARP steht für Live-Action-Rollenspiel und auch hierzulande assoziiert man das am ehesten mit Schaumstoffwaffen und Herumschleichen in irgendwelchen Wäldern (überspitzt formuliert).
In Skandinavien sieht man LARPs aber eben auch als Medium, dass nicht primär der Unterhaltung dienen muss, sondern auch dazu dienen kann, sich mit einem Thema ernsthaft auseinanderzusetzen. So ging es bei dem dort angebotenen Programmpunkt „Home for the old“ um ein LARP, dass sich mit dem Umgang mit Demenzkranken befasst. Kritik kam von Leuten, die aufgrund der (rein sachlichen) Beschreibung vermuteten, dass es als Spiel um Lachen und Spaß und so geht und das Thema zu ernst ist, um sich darüber lustig zu machen. Nun interpretiere ich diese Rollenspiele eher so wie die pädagogischen Rollenspiele: Durch das Einnehmen einer definierten Rolle, sollen neue Perspektiven gewonnen werden. Eine gute Leitung ist da natürlich wichtig, aber das hier erwähnte Spiel scheint mir die nötoge Sachlichekit zu haben. Bei meinen (kurzen) Recherchen bin ich auf ein anderes LARP gestoßen, bei dem es um den Umgang mit AIDS geht. Hier sind sie also: Die Spiele, die mehr sein wollen als Unterhaltung. Gut zu wissen, dass es so etwas gibt – ein Kulturgut braucht auch diese Aspekte! Ich werde da bei Gelegenheit mal weiter in diese Richtung recherchieren und bitte um weitere Hinweise!

ciao
peer

 

Peer Sylvester
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