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Fragen über Fragen!

Willkommen zur dritten Ausgabe unserer Fragestunde! Wir machen weiter so lange Fragen kommen!

Heute kommen die Fragen von Manu aus dem Brettspiellabor:

Was ist für dich die größte Schwierigkeit beim Spieleentwicklen?

Das ist vielleicht nicht die Antwort, die du erhofft hast, aber für mich ist die größte Schwierigkeit, die nötige Zeit freizuschaufeln. Je komplexer der Proto ist und je mehr man initiativ ausprobieren muss, desto mehr Zeit am Stück muss vorhanden sein. Und nicht nur Zeit: Man muss auch die Ruhe haben, sich da ganz reinzufuchsen, ohne dass man ständig denkt: „Ich muss das jetzt aber schnell schaffen! Ich will ja noch soooo viel tun!“. Leider wird es mit Vollzeitjob, Haus mit Garten und zwei Kindern immer schwieriger, die nötigen paar Stunden abzuzweigen. Kurze, einfache Ideen sind da etwas pflegeleichter und daher im Moment etwas bevorzugt. Für die ambitionierteren (Neu-)Projekte brauche ich im Prinzip einen ganzen Nachmittag nur für mich und die sie im Moment rar gesäht. Aber es kommen auch schon noch wieder bessere Zeiten (wenn Kinder in der Pubertät sind und ich mein drittes Spiel des Jahres gewonnen habe und nicht mehr arbeiten muss).

Wie gehst du beim Balancing von Spielen wie „WSDV“ vor?

Ganz einfach: Spielen, spielen, spielen! Und zwar möglichst mit einem gleichwertigen Gegner. Und dann immer wieder analysieren: Warum hat wer gewonnen? War es Glück, Unvermögen oder ein Vorteil, den eine Seite hat? Was waren die Schlüsselzüge? Welche Fehler wurden gemacht? Bestimmte Kenndaten zu notieren ist auch nicht verkehrt. Aber im Prinzip hilft nur: Viel Spielen! Das Hauptproblem ist dabei, dass man durchaus auch mal die Gegner wechseln muss (um Group Think zu vermeiden), aber dennoch durchaus auch Gegner haben muss, die gut spielen. Das ist natürlich nicht ganz leicht… Manche Leute, die das etwas firmer sind als ich, spielen auch viele Testrunden im Internet, z.B. mit Vassal-Modulen.

Bei welchem Entwicklungsstand gehst du mit deinem Prototyp auf Verlage zu?

Wenn ich der Meinung bin, dass das Spiel rund ist und mir nichts einfällt, dass es zu verbessern gäbe. Wichtig ist, dass ICH entscheide, wann ein Spiel fertig ist. Natürlich ist die Meinung von Testspielern gold wert, aber in der Regel bin ich der einzige, der alle Partien analysiert hat. Und wie bei fertigen Spielen auch, gefällt nicht jedem alles. Da abzuwägen was Meinung ist und was ein Problem ist nicht leicht. Aber ich habe das letzte Wort.

Aber fertig muss es schon sein. Je länger ich spiele mache desto mehr lerne ich auf mein Bauchgefühl zu hören, dass mir schon meldet (meistens) wenn etwas nicht stimmt. Ist der Bauch zufrieden und das Hirn und ist das Spiel etwas, mit dem ich gerne identifiziert werden möchte und etwas das mir Spaß macht zu spielen, dann suche ich mir einen Verlag… Da bin ich mittlerweile auch etwas ruhiger geworden und suche mir langsam aus, wer in Frage käme. Als erstes frage ich dabei die Leute, zu denen ich direkten Kontakt habe und mit denen ich schon zusammengearbeitet habe.
Was ist aus deinem RAF-Spielidee geworden?

Bislang existiert nur die Idee, mal ein RAF-Spiel zu machen und ein paar lose Ideen, wie man das vielleicht umsetzen könnte. Es ist ein sehr schwieriges Thema, schwerer noch als bei Wir sind das Volk. Soll man wirklich Terroristen spielen? Das ist nicht ganz unbedenklich. Ich habe mir mehrere Gedanken gemacht, wie man das umgehen könnte, aber ganz konkret habe ich noch nichts. So arbeite ich allerdings meistens: Spielidee aufschreiben und ein paar Gedanken dazu machen. Wenn mir nichts überzeugendes mehr einfällt, was anderes machen. Und dann immer mal wieder drüber nachdenken, bis der Knoten platzt… An konkreteren Ideen arbeite ich dann aber auch konkreter.

Im Moment sind aber auch andere Projekte weiter vorne, die ich erst einmal bearbeiten möchte. Die RAF steht also gewissermaßen noch Schlange. Wie lange kann ich nicht vorhersagen, aber wenn nicht plötzlich eine geniale Überidee kommt, die leicht umsetzbar ist, dann wird es wohl noch ein paar Jahre dauern, bis das Spiel Formen annimmt – siehe erste Frage…

(Abgesehen davon: Ich kann nur eine sehr begrenzte Anzahl an Projekten gleichzeitig bearbeiten. Da mache ich das meistens so, dass ich verschiedene Typen von Spielen gleichzeitig in der Pipeline habe. Das RAF-Spiel wäre dabei derselbe Typ wie Wir sind das Volk, also sehr anspruchsvoll, sehr komplex, sehr historisch. Und innerhalb dieses Typuses arbeite ich an etwas anderem und habe eigentlich auch schon etwas für den Fall, dass ich an dem aktuellen Spiel nicht weiterkomme/fertig wäre).

ciao

peer

P.S. Weitere Fragen habe ich auf Reich der Spiele beantwortet – primär, aber nicht beschränkt auf North American Railways.

Peer Sylvester
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