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Für eine buntere Spielegesellschaft

Ich bin mehr oder minder gerade aus dem Urlaub zurück und noch nicht so richtig wieder da. Island war toll und ich kam in Hamburg viel zum spielen (Rezensionen folgen sicherlich auch irgendwann). Ich war aber etwas im Unklaren über was ich heute schreiben sollte – bis ich diesen Artikel gelesen habe. Zusammengefasst geht es um die Umsetzung von Bildern von Crowdfunding-Unterstützern innerhalb von Spielen. Gegen ein solches Angebot sprechen drei Dinge: 1.) Die von den Backern bereitgestellten Vorlagen sind für eine Weiterbearbeitung oft ungeeignet. 2.) Die Abgebildeten sind nicht unbedingt mit ihrer graphischen Umsetzung zufrieden, insbesondere wenn der Graphiker sich künstlerische Freiheiten nimmt und 3.) unterstützende Spieler sind meistens ältere „weiße“ Männer und so fehlt eine ethnische Diversität in den Spielen.

Interessant finde ich insbesondere Punkt 3.

Figuren in Spielen sind mit überwältigender Mehrheit männlich und Europäischer Herkunft. Das liegt natürlich auch darin begründet, dass die meisten Spiele historisch in einer Epoche angesiedelt sind, wo eben die meisten Leute in Europa europäisch waren und in der Frauen selten wichtige Posten bekleideten. Ein Spiel über die Entdeckungen der Spanier und Portugiesen etwa, wird naturgemäß in erster Linie Spanier und Portugiesen zeigen. Und meistens Männer, denn Frauen hatten wenig in der Seefahrt oder der Politik zu melden.

Das erklärt aber nicht, warum auch in Spielen, die in anderen Epochen spielen, andere Ethnizitäten nur eingesetzt werden, wenn sie in dem jeweiligen Setting zu Hause sind. In Wirtschaftsspielen der Gegenwart sind Frauen genauso unterrepräsentiert, wie Afroamerikaner, Asiaten oder Indianer in SF- Horror- oder Fantasyspielen. In Winter der Toten etwa sind alle Charaktere weiß (wenn mich meine Erinnerung nicht trügt), obwohl die USA doch eigentlich ein recht diverses Land ist, was Ethnien betrifft (immerhin sind rund die Hälfte aller Charaktere Frauen). Eine thematische Begründung fehlt hier also.

Nun kopieren Spiele hier im Prinzip nur die Standards aus Film und Fernsehen, wo ebenfalls die überwältigende Anzahl der Protagonisten männlich und Europäisch ist. Auch bei Videospielen beherrschten lange Zeit weiße Männer das Bild. Dich diese Medien sind im Umbruch und entdecken langsam auch dass zwar die Hauptzielgruppe weiße Männer sind, aber andere Protagonisten auch spannende Geschichten erzählen können – man denke an die weiblichen Actionhelden á la Tribute von Panem, die vermehrt die Kinoleinwände erobern oder Chell von Portal. Auch asiatische oder afroamerikanische Helden gewinnen langsam an Bedeutung. Marvel hat diesen Trend recht früh erkannt und Charakteren wie Nick Fury oder Spiderman einen anderen Background gegeben.

Das alles heißt natürlich nicht, dass Brettspiele zwangsläufig folgen müssen. Doch jenseits von thematischen Zwängen kann eine buntere Welt helfen mehr Leute anzusprechen, für eine realistischeres Bild sorgen und letztlich auch neue Geschichten zu erzählen. Vor allem aber sorgt eine solche realistischere, buntere Darstellung auch für ein Stück Normalität. Dagegen spricht — nichts. Spieler, Graphiker und Verlage denken oft schlicht nicht daran, dass man durchaus aus Araber, Schwarze oder Asiaten in modernen Großstädten trifft und daher werden diese Gruppen auch nicht in Brettspielen abgebildet. Aber das lässt sich ja ändern. Warum auch nicht?

ciao

peer

P.S. Andor hat IIRC großes Lob dafür bekommen, dass jeder Charakter auch eine weibliche Seite hat.

Peer Sylvester
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1 Kommentar

  • Danke Peer für diesen Artikel! Den kann man einfach nur so unterschreiben. Es gibt noch viel mehr, was die Medienlandschaft – und ich zähle Gesellschaftsspiele jetzt mal großzügig zu den Unterhaltungsmedien – zu hinterfragen hat. Eine Diskussion über solche Themen ist immer ein guter Anfang, egal wie die Diskussion am Ende aus geht!

    Liebe Grüße,
    Alex
    Boardgamejunkies.de