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Technik die begeistert?

Ende der 70er, Anfang der 80er trennte sich die Spielewelt in „Elektronische Spiele“ und „analoge Spiele“. In der Zwischenzeit gab es immer mal wieder Überschneidungen, aber vermutlich nichts, was mit dem neuen Trend vergleichbar wäre: Brettspiele und Apps.

Schon seit längerem gibt es Apps für Brettspiele, z.B. Hilfsprogramme zum werten, für die Regeln oder ähnliches. Manchmal (z.B. bei Eye Know von Kosmos) findet man in der zugehörigen Apps gewissermaßen Bonusmaterial, wie neue Karten, Fragen oder passende Animationen.

Mittlerweile sind Spiele angekünfigt, die noch einen Schritt weiter gehen: Bei X-Com (Fantasy Flight) zum Beispiel benutzt jeder Spieler ein Smartphone (vermutlich nicht im Spiel enthalten. Aber bei FFG weiß man nie…) oder ein I-Pad o.ä., um geheime Informationen zu bekommen und zu verwalten. World of Yoho geht sogar noch einen Schritt weiter: Hier sind die Smartphones die Spielsteine, die Apps liefern Graphik und würfeln die Schlachten aus. Der Spieler manövriert sein Schiff taktisch durch die Gewässer (jedenfalls hoffe ich das – wäre schade, wenn World of Yoho nichts weiter ist, als ein reines Onlinespiel, dass man auf einem schicken Untergrund spielen kann). Auch das neue Czechisch Boardgame arbeitet mit Smartphone-Unterstützung; auch hier geht es um geheime Informationen.

Diese Spiele machen vieles richtig (wenn die Infos stimmen): Sie nutzen die App nicht als Gimmick, sondern als Mechanismus. Es gibt nun einmal Dinge, die sich sehr schwer in einem rein analogen Brettspiel simulieren lassen: Geheime Informationen sind zum Beispiel oft mit einem großen Verwaltungsaufwand verbunden, insbesondere, wenn die Spieler auch geheime Handlungen durchführen sollen/müssen. Echte Überraschungen in Form von neuen Elementen sind praktisch unmöglich (außer durch Umschläge á la Risiko Evolution). Und komplexe Berechnungen macht niemand gerne. Diese Smartphoneanwendungen versprechen also dahin zu gehen, wo es den Brettspielen wehtut und neue Möglichkeiten zu eröffnen.

Aber dafür altern sie.

Das Phänomen kennt man von Spielen, die alte Medien nutzten: VHS, CDs, DVDs zum Beispiel. Spiele mit  Videokassetten sind mittlerweile unspielbar; irgendwo ironisch, wo die ersten Technikspiele á la Senso immer noch spielbar sind (wenn auch nicht unbedingt spielenswert). Bei de Smartphones erlaube ich mir keine Aussage darüber, ob die „in Würde altern“. Vielleicht kann man die in 20 Jahren noch auf Emulatoren spielen, vielleicht aber auch nicht.

Aber dass ist in meinen Augen kein großer Preis,wenn dafür das Spielgefühl stimmt. Nur wenig Spiele werden auch noch nach 20 Jahren noch einmal ausgepackt. Viel kritischer ist imho, dass jeder Spieler ein Smart Device benötigt. Zumal das etwas ist, dass man vor einem Spieleabend abfragen müsste.

Aus diesen beiden Gründen ist es wichtig, dass die Apps keine reine Gimmicks sind. Sie müssen sich harmonisch ins Spiel einbeziehen und sie müssen Dinge ermöglichen, die ohne sie nicht möglich sind. Zumindest scheinen sie das zu tun. Damit ist die Überschneidung sinnvoll. Mich würde aber wundern, wenn nicht bald auch Spiele erscheinen, die besser als reine Apps oder als reine Brettspiele herausgekommen wären…

ciao

peer

 

Peer Sylvester
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