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So spielt man in Südkorea

Wie bereits in meiner Essennachlese geschrieben habe ich die Spiel auch genutzt, um ein paar Interviews zu führen und mehr über die Spieleszene in anderen Ländern herauszufinden. Beginnen möchte ich mit Südkorea.

Die Szene in Südkorea ist noch relativ klein, insbesondere im Vergleich mit der enormen Onlineszene dort. Spiele werden dort in erster Linie als Lernhilfe angesehen und entsprechend konzentriert sich der Spielemassenmarkt auf Lernspiele für 5-8 jährige. Doch das könnte sich in Zukunft ändern: Nachdem 2001 das erste Brettspielcafe eröffnet hat, gab es 2004 bereits 300 solche Cafés in Südkorea. Da diese Cafes auch Vielspielerspiele anbieten, kristallisiert sich langsam eine Szene heraus.Wie auch in China (dazu komme ich in einer späten Folge noch) bilden diese Cafes den Eckstein der Szene.

Interessanterweise wird diese Entwicklung von der Koreanischen Regierung unterstützt: Aus der Überlegung heraus, dass Brettspiele pädagogisch viel wertvoller sind als die brutalen Computerspiele werden Brettspiele staatlich gefördert. So wurde der koreanische Stand auf der Spiel (in Halle 4) z.T. von staatlichen Mitteln finanziert.

Um die Szene kümmert sich die Korean association of Boardgame Industries (KABI), welche die Spielemesse Kabi-Com (findet immer so Ende Mai/Anfang Juni in Seoul statt) ausrichtet, sich um den Essen-Stand kümmert und die Brettspielmeisterschaften zwischen Japan und Korea ausrichtet. Für die Zukunft sollen diese Meisterschaften weiter ausgebaut werden – den Veranstaltern schweben eine Art „Asian Games“ der Brettspiele vor an denen dann auch aufsteigende Brettspielnationen wie Taiwan, China, Malaysia und die Philippinen teilnehmen können.

Was wird in Südkorea gespielt?

An Traditionelle findet man -neben dem asiatischen Klassiker Go (hier: Baduk) – vor allem Yut und Hwa-Too. Yut ist eine Parchisi-Variante (z.T. wird es auch als Parchisi-Vorläufer beschrieben), bei der über ein Brett gewürfelt wird. Statt Würfel werden aber die namensgebende Stäbchen geworfen. Hwa-Too ist ein Kartenspiel, das mit den japanischen Hanafuda-Karten („Blumenkarten“) gespielt wird. Hier findet man englische Regeln.
Außerdem erfreut sich das Kartenspiel Mighty, das in den 70er Jahren von einem koreanischen Studenten entwickelt wurde, in Studentenkreisen gewisser Beliebtheit. Hierbei handelt es sich um ein Stichspiel mit Reizen und Partnerwahl.

Das beliebteste „kommerzielle“ Spiel ist Blue Marble eine Monopoly-Variante, die in Korea mehr verkauft wird , als Monopoly selbst – obwohl das Spiel (zumindest habe ich nach kurzen Recherchen diesen Eindruck) weniger ausgereift zu sein scheint.

International erfolgreichster Export ist das auch in Korea sehr beliebte Gemblo von Justin Oh (in Deutschland bei Schmidt im Programm). Bei Gemblo geht es -wie bei Blokus- darum seine Steine möglichst vollständig auf dem Brett unterzubekommen. Dürfen die eigenen Steine bei Blokus nur über Eck angelegt werden, so berühren sie sich bei Gemblo gar nicht – es muss immer ein Feld frei bleiben,wo dann natürlich andere Steine durchziehen können. Ob man Gemblo oder Blokus bevorzugt ist wohl Geschmackssache (mir gefällt Blokus deutlich besser).

Gemblo ist ein recht typischer Vertreter koreanischer Spiele, denn Legespiele mit einfachen Regeln sind dort sehr beliebt. Und so ist es kein Wunder, das Gemblo eine Reihe von weiteren Produkten nach sich gezogen hat, die z.T. aber nichts mehr mit den Urspielen am Hut haben. Bei Gemblo Red Stone handelt es sich um eine „Gemblo-Version“ eines Online-Spieles, bei der es noch eine Zusatzkarte gibt. Ansonsten ist es Gemblo. Bei Gemblo-Pyramid werden Würfel gestapelt, wobei sich mit dem Material zwei Varianten spielen lassen. Beide sind etwas sehr grüblerisch und unübersichtlich und kommen imho nicht an das Original heran. Gemblo Woodman hat schließlich gar nichts mehr mit dem Ur-Gemblo zu tun – hierbei handelt es sich um ein plastiklastiges Geschicklichkeitsspiel, bei der man Plastikringe von einem Plastikbaum schlagen muss.

Was die im folgenden erwähnten Spiele gemeinsam haben sind schlechte Regeln. Über die koreanischen Regeln kann ich naturgemäß keine Aussage machen, aber sowohl die deutschen als auch die englischen Fassungen sind doch etwas lückenhaft, schlecht aufgebaut und offensichtlich nicht von Muttersprachlern übersetzt. Wer koreanische Spiele spielen will, muss sich also auf etwas Einarbeit einlassen.

Peeper von Joen ist eine Tichu-Variante für bis zu sechs Spielern, die mit Mah-Yong-ähnlichen Plastiksteinen gespielt wird, die auch eine Aufschrift in Blindenschrift haben. Locker und leicht, mit einer Backgammon-ähnlichen Verdopplungsregel für Fortgeschrittene.

Playoff hat auf der Messe drei Spiele vorgestellt: Super Stocks, ein Börsenspiel mit einigen interessanten Ideen (aber letztlich doch ein Börsenspiel á la Börsenspiel oder High/Low), Dino Island, ein Sammelspiel, bei dem man Dinosaurier für eine Vergnügungsinsel züchtet und das Mehrheitenspiel Seven Hills. Alle drei machen nach Regelstudium einen soliden, wenn auch nicht überwältigenden Eindruck.

Caterpillar:Age of Tank von Donghong Lee, erschienen bei Visionary ist ein postapokalyptsiches Wargame – Handelsroutenspiel. Mehr weiß ich leider auch nicht, aber vielleicht liest man ja demnächst was.

Penguin C wurde mir als Zooloretto-ähnliches Spiel beschrieben. Dale Yu, den ich am Stand traf meinte: „Naja, es ist praktisch wie Coloretto mit ganz kleinen Änderungen. Die Pinguine sind aber süßer.“

Wer mehr weiß, kann gerne entsprechend kommentieren!

ciao

peer

P.S. Hab gerade mein neues Lieblingsspiel entdeckt: Safeguard der englishen Firma Rhodar: Ein Quizspiel mit „allen wichtigen Fragen rund ums Asbest-Management“, bei dem „fragen gestellt werden, ähnlich wie bei Trivial Pursuit und Monopoly [Sic!]“ Wenn das nicht interessant klingt! Wo ich mich doch immer noch ärgere damals nicht das Spiel mit den „500 Fragen rund um den Heizungsbau“ vom Flohmarkt mitgenommen zu haben…

Peer Sylvester
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