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Wettlauf nach El Dorado

Verlag: Ravensburger
Autor: Reiner Knizia
Spieleranzahl: 2-4
Alter: ab 10 Jahre
Spieldauer: Je nach Strecke und Mitspielerzahl 30-60 Minuten

Was ist eigentlich mit Alea los? Seit Broom Service sind nur noch Kartenspielversionen alter Hits und Neuauflagen erschienen. Sicherlich wirtschaftlich sinnvoll, aber die ehemalige Lieblingsmarke der Vielspieler ist etwas aus dem Fokus gerutscht. In der Zwischenzeit wildert der Mutterkonzern mit Wettlauf nach El Dorado im Zielgruppenrevier. Das macht mich nicht unbedingt traurig – aus ähnlichen Wilderreien sind Die Baumeister von Arkadia oder Sanssouci entstanden, zwei Spiele, die ich durchaus schätze.

Die Erwartungen an El Dorado sind also hoch, aber Hey, es ist das El Dorado!

Wobei: An dieser Stelle muss man sagen, dass „Wettlauf nach El Dorado“ bemerkenswert wenig El Dorado bietet. Aber viel Wettlauf und viel Dschungel. Aber es warten keine Gefahren im Dschungel und das Klima ist auch kein Problem. Genaugenommen ist der Wettlauf nach El Dorado also ein Geländelauf in den mittleren Breiten. Kein Wunder, dass man keine Goldstadt findet, sondern das Spiel je nach Szenario im Wasser oder im Wald beendet. Weil da die Ziellinie ist. Egal. Wir sind ja nicht wegen des Themas hier!

Gelaufen wird mit Karten: Die Karten entsprechen den Geländetypen und wer ein Geländefeld betreten will, braucht eine entsprechende Karte. Intuitiv verständlich. Viele Felder brauchen mehr Bewegungspunkte und entsprechend zeigen die Karten nicht nur eine Geländeart, sondern auch einen Punktwert – so viele Bewegungspunkte dürfen ausgegeben werden, um loszutraben.

Und damit sind wir beim zweiten Mechanismus: Dem Deckbau. Das Deck ist klein, die Bewegungspunkte mager. Theoretisch kann man damit ins Ziel kommen, aber nur, wenn man immer schön aussenrum läuft und zudem die richtigen Karten zur richtigen Zeit zieht (und bei nur einer einzigen „Wasserkarte“ im ganzen Deck, braucht man dazu schon einen Eimer voll Glück um die im richtigen Moment zu ziehen). Also kann man sein Deck ausbauen. Ein Kauf pro Zug ist gestattet, als Währung dienen die anderen Karten. Die meisten zählen einfach 0,50€, nur die braunen Geländekarten zählen gemäß ihres Wertes (was insofern Sinn macht, als dass die entsprechenden Felder oft höhere Werte haben, man die Karten also auch ganz gerne zum Laufen nutzen würde).

Also läuft man viel und kauft hoffentlich geschickt. Kaufen und Laufen sind schön intuitiv gehalten. Da man ja theoretisch alle Geländetypen braucht ist die Deckpflege nicht nur wichtig, es ist auch nicht so klar, welche Karten man eigentlich braucht. Ein ausgewogenes Deck erscheint mir im Moment wichtiger als eine bestimmte Kombo aufzubauen, so wie das bei anderen Deckbauspielen eher der Fall ist, aber ich bin kein guter Deckbauer und mag falsch liegen.

Wie dem auch sein: Der Wettlauf nach El Dorado ist relativ abstrakt – aber da Deckbau hier nicht Selbstzweck ist, ist es weniger abstrakt als Dominion & Co: Man sieht schneller die Auswirkungen und kann sich auch eher vorstellen, wozu die Deckpflege eigentlich gut sein soll. Damit ist die Einstiegshürde hier niedriger als bei anderen Deckbauern. Alles ist logisch, die Regeln sind klar und es gibt keine abstrakten Größen wie zusätzliche Käufe, Handlungen oder Geldstücke. Das tut dem Spiel gut. Zudem ist das Spiel durchaus spannend, denn man hofft mit jeder Hand endlich die richtige Kombo für diesen oder jenen Weg zu bekommen und man hofft, der andere bekommt sie nicht und man hofft der andere stellt sich nicht dahin, sondern dahin oder bleibt wenigstens stehen (auf jedem Feld kann nur einer stehen). Allerdings merkt man wie bei anderen Deckbauern auch zuweilen, dass der eigene Motor doch arg stottert und die Kartenverteilung doch ungünstig ist und dass man keine Chance mehr auf einen Sieg hat. In der Regel passiert das in den letzten Zügen, insofern ist dieses Problem nicht allzu groß.

Es ist aber ein ganz klitzekleines Anzeichen dafür, dass Wettlauf nach El Dorado nicht das größte Spiel dieses Jahrhunderts ist. Es ist gut und spannend und ich spiele es gerne. Ich mag das Austüfteln des Weges und das Ausprobieren diverser Deckstrategien und das Mitfiebern auf die nächste Kartenhand. Die Spieldauer hat die richtige Länge. Das macht das Spiel wirklich gut. Aber für die allerhöchsten Weihen fehlt mir ein bisschen das überraschende Moment. Wettlauf nach El Dorado ist eher solide als originell. Es bietet nichts wo ich dachte: Oh Wow, Das ist ja eine tolle Idee! Das habe ich wirklich noch nicht gesehen! Das Design riskiert nichts.

Aber das muss ja vielleicht auch nicht. Wer nicht den Anspruch hat, das größte Spiel in diesem Jahrhundert zu entdecken, der kommt durchaus auf seine Kosten. Und das mehr als bei so manch anderen Spielen. Bei Alea wäre es jedenfalls auch gut aufgehoben gewesen.

 

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Peer Sylvester
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1 Kommentar

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