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Was ne Frage

Was ´ne Frage!

Verlag: CGE/Asmodee
Autor: AVlaada Chvátil
Spieleranzahl: 3-6 (in Wirklichkeit bestenfalls 4-6)
Alter: ab 15 Jahre
Spieldauer: ca. 30 Minuten

Was ´ne Frage! ist eine gute Gelegenheit, etwas zu tun, was ich sehr gerne tue: Kurz über Spielegeschichte zu schreiben:

1989 kam ein Spiel heraus, das in der Kategorie „Hat schon Partnerschaften beendet“ ziemlich weit oben stehen dürfte: Therapy. Ich weiß nicht, ob es das erste Brettspiel war, bei dem man seine Mitspieler einschätzen musste (und damit meine ich: „Einschätzen was private Dinge betrifft“, nicht „Spielstrategien vorhersehen“), aber es war das erste kommerziell erfolgreiche. Spielerisch nicht unbedingt der Weisheit letzter Schluss setzte es sich in seiner Zielgruppe aufgrund der damals ungewöhnlichen Spielmechanik durch – es gab sogar Fernsehwerbung! Und ja, ich kenne mindestens zwei Pärchen, die sich bei Therapie zerstritten haben (ich habe aber nicht mitgespielt…)

Wie dem auch sei: Anfang der 90er folgte eine ganze Reihe dieser „Psychologie“-Spiele: Skrupel, Black Box (auch: Farbe bekennen) und die Ravensburger-Reihe mit Lifestyle, Herzklopfen und Astrotime um einige zu nennen. Eine ganze Reihe davon habe ich auch gespielt – einige nur einmal, andere kamen in meinen damaligen Studenten- und Seglerspielerunden gut an. Hier haben wir Spiele, die man gut mit Freunden spielen kann, weil man die ein bisschen einschätzen kann, aber nicht so sehr. Die eigene Familie kennt man zu gut und entsprechend oft ergeben sich dann Situationen, bei denen das Einschätzen zu leicht fällt. Spielt man mit Fremden, sind solche Spiele oft reines Gerate.

Wie bei den meisten der eben genannten, geht es auch bei Was ´ne Frage! darum, jemanden eine Frage zu stellen und die Antwort vorherzusagen. In diesem konkreten Fall ist die Frage eine Ja-Nein-Frage und alle anderen Spieler (außer dem Fragensteller) müssen versuchen herauszufinden, was wohl geantwortet wird. Der Fragesteller selbst bekommt Punkte für falsche Antworten, versucht also eine möglichst schwierig einzuschätzende Frage zu wählen (und deswegen ist das Spiel zu dritt eher albern, da nur einer die Antwort des Gefragten zu raten versucht. Zu viert ist es nur wenig besser). Dieser Kniff gibt Was ´ne Frage! jetzt aber keine großartig andere Wendung gegenüber den anderen genannten Spielen. Auch dass die Spieler genau genommen gar keine Fragen auswählen, sondern die beiden Alternativen für eine der drei Standardfragen stellen, ist Detail. Selbst der gelungene Mechanismus, der dafür sorgt, dass nicht immer dieselben Spieler gefragt werden (Kurz: Wer keine Nuss hat, darf nicht gefragt werden. Wer gefragt wird, gibt dem Frager eine Nuss) ist gutes Handwerk, aber keine Alleinerstellungsmerkmal. Nein, der größte Unterschied zu den anderen Spielen dieser Kategorie ist, dass sich Was ´ne Frage! sich selbst nicht so ernst nimmt.

Die erste Generation der Psychospiele wollte noch gezielt Erwachsene ansprechen und entsprechend bieder kamen die daher – oder es wurde (wie bei Skrupel) betont, wie fies die Mitspieler ganz tief drinnen eigentlich sind und wie fies das Spiel, dass diese dunkle Seiten offenlegt. Selbst bei neueren Psychologiespielchenen wie Privacy steckt der Spaß zwar im Spiel, aber nicht im Äußeren. Bei Was ´ne Frage! dagegen geht es um Fragen wie „Würdest du eher auf Youtube oder Gedichte verzichten?“ und die Spieler verkörpern Eichhörnchen, die eine Punkteleiste im Populus-Stil erklettern. Das ist originell und sorgt für die richtige Stimmung. Schließlich wird hier in erster Linie geraten und auch wenn die Regel von „taktischen Fragen“ quasselt, wird der Sieger eher von Glück als von Menschenkenntnis bestimmt. Und das ist OK: Das Spiel will nicht mehr sein, als ein kleiner Zeitvertreiber mit ein paar lustigen Sprüchen und ohne viel Tiefgang. Das klappt: Bei meinen Partien wurde immer viel gelacht. Das ist gut. Doch nach dem Spieleabend wurde dann doch immer von anderen Spielen geredet. Was ´ne Frage! bleibt nicht im Gedächtnis, es ist kein Spiel, das man immer wieder spielen möchte. Das kann daran liegen, dass man ‑ anders als bei anderen Spielen des Genres ‑ nichts tiefgreifendes erfährt, anschließend keine moralischen Fragen diskutieren kann, man ob der Antworten niemals wirklich geschockt ist.  Das ist eben die Kehrseite  des Humors: Die Fragen sind lustig, aber selten tiefgreifend. Für ein paar Sprüche sind die Fragen gut, aber wenn ich erfahre, dass mein Gegenüber lieber Tänzer als Kuchenbäcker werden würde, ist das keine Antwort, an die ich mich länger als 10 Minuten erinnere – egal ob ich das vorher hätte vielleicht wissen können oder nicht.

Immerhin trennt sich aber auch niemand wegen Was ´ne Frage!, da bin ich fast sicher.

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Peer Sylvester
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