Drei Neuheiten hat der chilenische Verlag Fractal Juegos auf der #Spiel23 vorgestellt: Sea Dragons, Expedition to 5x und Nebula. Das dritte Spiel im Bunde, Sea Dragons, erschien hierzulande bei Wonderbow Games, die anderen beiden Spiele habe ich mir angeschaut:
Autor: David Brain
Für 3-5 Personen ab 8 Jahren
Spieldauer: 25-35 Minuten
Ich gebe zu: „Gleichzeitig eine Karte aussuchen und spielen und hoffen dass ich nicht so denke, wie alle anderen“ ist nicht mein Lieblingsmechanismus. Ich werde mich bemühen, das nicht allzu sehr in den kommenden Zeilen durchscheinen zu lassen, denn bei Expedition to 5x suchen sich alle gleichzeitig eine Karte aus und spielen diese dann gleichzeitig. Das „5x“ im Titel gibt die Anzahl der prinzipiell möglichen Karten an (also die 5, nicht das x, das wäre ja eine unbekannte Anzahl, dabei ist die Anzahl bekannt. Es sind fünf. Zumindest am Anfang. Gespielte Karten stehen erst einmal nicht zur Verfügung, bis sie wieder aufgenommen wird, also könnte das x doch stimmen, und für eine Zahl zwischen 1 und 5 stehen. Aber das wäre dann verwirrend, weil man ja nicht 51-55 Aktionen hat oder so).
Die Aktionen drehen sich um die Akquisition von Hustenpastillen (halboffiziell nennt man die auch „Wassersteine“, was große Fragen an den letzten Airbender aufwirft), mit diesen Pastillen kann man dann Karten ersteigern, die in der Auslage das Punktekonto erhöhen. In das bekannte Grundwert wirft 5x einige originelle Mechanismen: Erworbene Karten können zusammengepuzzelt werden, um so einerseits seine Aktionen zu verstärken und andererseits Edelsteine zu generieren. Allerdings müssen die Karten dazu zusammenpassen und das ist nicht die Regel.
Da alle gleichzeitig eine Karte aussuchen und spielen ist es logisch, dass es besser ist, wenn man die Aktionen der anderen vorhersagt: Alleine findet man mehr Wasser als zu mehrt und manchmal darf man die Hustenpastillen auch klauen, wenn die Kombi stimmt. Und Versteigern ist einfacher, wenn weniger Leute mitsteigern…. allerdings bekommt die Karte nicht umsonst, wer es alleine in die Auktion schafft – Dann bietet ein Würfel mit, was eine nette Idee ist. Der lässt sich zwar zuverlässig mit hohem Pastillen-Einsatz überbieten, aber vielleicht will man das gar nicht, sondern riskiert lieber etwas… Da die Versteigerung zu mehrt eine blinde Auktion ist, ist das Ergebnis nicht groß anders als wenn alle ihr Gebot in die Hand nehmen.
Expedition to 5x hat also gleich zwei Geheim-Gebot-Mechanismen und das unterstreicht vermutlich nur, dass es ein leichtes Kartenspiel sein will, bei dem man sich dem Chaos hingeben kann. Das Problem mit diesen Gleichzeitig- und Geheim – Mechanismen ist, dass es meistens nicht klar ist, ob man jetzt Kartenanalyse betreiben soll oder ob man loslassen will. Ersteres finde ich anstrengend und nur selten tatsächlich effizient. Letzteres ist potentiell frustrierend. Meine Lieblingsspiele des Genres bieten Kompensationen falls es mal nicht so laufen sollte, das ist hier nicht wirklich der Fall – allerdings hatten wir auch noch niemanden der wirklich komplett abgehängt wurde.
Autoren: Christian Bustos, Bernardo Vasquéz
Für 2-4 Spielende ab 8 Jahren (eher 2-3)
Spieldauer: 30-45 Minuten
Moderne Legespiele stellen häufig ein Puzzle ins Zentrum des Spieles: Viele, oft gegenläufige, Wertungen wollen unter einen Hut gebracht werden. Hinzu kommen oft mehr oder minder restriktive Legeregeln, die eben diesen Wertungen zusätzlich im Wege stehen. Ein gutes Legespiel bietet ein interessantes, knobeliges Puzzle.
Da die Hauptfreude im Lösen des Puzzles liegt, ist die Interaktion oft auf dem Level von &Writes (die ja zumeist ähnliche Puzzle bieten). Oft beschränkt sich die Interaktion darauf, dass die anderen Leute am Tisch einem ohne jede Absicht dringend gewünschte Teile wegnehmen. Außer vielleicht zu zweit, wo man naturgemäß etwas gezielter ag(iti)ieren kann, ist dies auch der Fall bei Nebula: Hier platziert man Steine auf der eigenen Auslage. Die Steine stammen aus einer gemeinsamen Auslage, wo sie durch eine Art Mini-Setzspiel genommen werden. Dieser Nimm-Mechanismus ist bereits ein kleines Puzzle für sich und so wird man sich in der Regel darauf konzentrieren, was man selber aktuell braucht. Das bedeutet freilich, dass man zwischen seinen Zügen die Augen schließen kann und so die Interaktion mit den anderen als reinen Zufallsmechanismus behandelt. Mechanisch macht das keinen Unterschied, emotional erspart man es sich so, die anderen als böse Störenfriede wahrzunehmen.
Das eigentliche Legespuzzle ist ein interessantes: Sternengruppen, Geheimaufträge und öffentliche Aufträge wollen ausgeführt werden (=gegenläufige Wertungen), dabei dürfen gleichfarbige Steine niemals nebeneinanderliegen, dafür darf man einen Bonusstein einer bestimmten Farbe platzieren, den man aber natürlich auch erst einmal haben muss (=Mehr oder minder restriktive Legeregeln). Das Puzzle wird noch dadurch deutlich aufgewertet, dass bestimmte Steine nicht ins Puzzle eingebaut werden dürfen, aber es erlauben die Wertigkeit bestimmter Elemente zu beeinflussen. Einige Elemente punkten sogar erst dann, wenn diese Steine genutzt werden. Dabei ergibt sich ein interessantes Abwägen: Nimmt man sich zu viele diese Steine, wird es einem kaum gelingen allzu viel auf dem eigenen Tableau fertigzustellen, hat aber zumindest viel Einfluss darauf, was ordentlich „metert“. Bekommt man zu wenig oder gar keine dieser Steine ab, so muss man hoffen, dass die eigenen Pläne zumindest mit ein paar Punkten belohnt werden – hat aber dafür potentiell auch eine große Auslage. Dieses Dilemma ist geschickt mit den anderen Teilen verwoben, so dass das Puzzle im Herz von Nebula wirklich reizvoll ist.
Wo allerdings bei verwandten Legepuzzeln irgendwann der Punkt kommt, an dem nicht mehr alle Wertungen gleichzeitig befriedigt werden können – sei es, weil sie sich gegenseitig schlicht wiedersprechen, sei es, weil es die erforderlichen Teile nicht mehr gibt – ist das Puzzle bei Nebula am Ende unlösbar, weil die Zeit fehlt – das Spiel endet, bevor es zum erwähnten Bruch kommt, ja bevor das eigene Tableau fertig gestellt werden kann. Wie früh das Spiel endet hängt in erster Linie davon ab, wie gleichmäßig die einzelnen Teile von den Spielenden bearbeitet werden. Wenn alle, alles versuchen, dann wird es zu einem einigermaßen befriedigenden Ende kommen. Drückt aber nur einer auf die Tube, weil diese Person vielleicht sogar unabsichtlich sich erst einmal auf einen der vielen Aspekte konzentriert – endet Nebula zu früh. Die Chance dass dies passiert, steigt mit der Personenanzahl. Zu viert endet das Spiel u.U. schon im ersten Drittel. Da mit steigender Spieleranzahl naturgemäß auch die Wartezeiten steigen, ist Nebula vor allem ein Spiel für Paare. Hier kann man sich gut im Puzzle verlieren und wenn das Paar sich einig ist, dass man am besten nebenher statt destruktiv gezielt gegeneinander puzzelt, kann Nebula hier auch seine Stärken am besten ausspielen.
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