Autor: Michael Szewczyk
Verlag: Trefl
Für 2-8 Spielende ab 8 Jahren
Spieldauer: 20-30 Minuten
Es ist keine Überraschung, dass der Mensch nicht gut unter Stress funktioniert. Wer schon einmal eine Quizshow gesehen hat, wo dem Kandidat partout nichts anderes einfällt als „Weiter“ oder wer angesichts der ablaufenden Sanduhr bei Magic Maze zur Salzsäule (oder Salzstange?) erstarrt, weiß wovon ich rede. Spiele setzen einen gerne unter Druck: Los! Mach! Doch! Endlich! Los! Sei Kreativ! Und Spontan! Und Sag ! Wer! Rom! gegründet! hat! War´s Kain Oder Abel? Naaaaaaa?hhhhhaahhrghhh!
Spiele wie Blurble oder 5 Seconds (Megableau) haben diesen geistigen Totalausfall zum Spielprinzip erhoben, in dem sie Fragen stellen, die super simpel sind, aber die Antwortzeit so kurz bemessen, dass es zwangsläufig zu lustigen Ausfällen kommt. Meine bilinguale Tochter hat auf die Aufgabe „Nenne drei Tiere, die fliegen können“ jüngst „Taube, Pigeon und Dove“ geantwortet.
Das ist lustig, solche Ausfalle bleiben im Gedächtnis – auch wenn das Spiel drumrum (wie jenes 5 Seconds) nicht ganz sauber designend ist.
Und auch Vabang! spielt mit dieser Idee, fleischgeworden und symbolisiert durch einen riesigen Button-Timer-Dings, der, einmal aktiviert nicht nur 5 viel zu kurze Sekunden abmisst, sondern dass auch mit einer besonders enervierenden Melodie tut, die garantiert alle Gedanken aus dem Hirn spült. Wer da nicht Stresspickel bekommt, ist selber schuld!
Einschub: Stress als etwas positives? „Positiver Stress“ ist eigentlich ein Buzzwort, das aus psychologischer Sicht ziemlicher Unsinn ist – Stress ist für den Körper nie gut – aber er kann halt lustig sein und bei einer Partie Vabang wird schon niemand einen Herzanfall oder Bluthochdruck erleiden! Das würde nur passieren, wenn man dauerhaft Vabang spielen müsste – kurzzeitig ist ein Adrenalinschub in Ordung. Langfristig sollte man ihn vermeiden.
Einschub Ende
Die Idee von Vabang mag also nicht originell sein, aber sie ist klar. Stress erzeugen, um Spaß zu haben!
Das Problem: Vabang erzeugt Stress, der aber eher dafür sorgt, dass die Aufgabenstellung verhauen wird, statt die eigentliche Aufgabe.
Vabang will etwas zu clever sein, für das eigene Spielprinzip: Statt eine konkrete Frage zu stellen, werden zwei Begriffe vorgelesen. Wer nicht vorgelesen hat, darf nun eine Frage stellen, die zu diesen Begriffen passt – Auf „Belgien und Holland“ wären jetzt Fragen wie „Welche Länder grenzen an Deutschland an?“ oder „Was sind europäische Länder?“ oder gar „Was sind Ländernamen?“ (Ob „Nenne 2 Länder“ gelten würde, ist aus den Regeln nicht zu entnehmen – eher nein, denn es ist explizit von einer Frage, die Rede. Ob das gewollt ist? Keine Ahnung!) Wer die Frage vorgelesen hat, haut auf den Buzzer. Ab jetzt dürfen immer alle antworten – Immer 2 passende, noch nicht genannte Antworten geben und den Buzzer hauen. Hat der Buzzer -endlich! seine enervierende Melodie beendet, gewinnt den Punkt, wer zuletzt draufgehauen hat. Das kann auch schon die Person sein, die eine Frage gestellt hat, wenn niemandem etwas eingefallen ist (Theoretisch kann man das auch forcieren „Was sind Benelluxländer?“ wäre nicht beantwortbar, ohne etwas doppelt zu nennen, da immer zwei Begriffe genannt werden müssen – praktisch geht alles viel zu schnell für solche Winkelzüge.) Die Fragen sind durch die Begriffe dabei schon stark vorgegeben – soweit, dass man sich fragt, warum diese Ecke überhaupt eingebaut wurde.
Klingt alles soweit einleuchtend?
Nun, Sie sind ja auch nicht gestresst!
Nicht nur muss das Hirn zwei Begriffe zu irgendetwas unter Zeitdruck auswerfen, es muss auch noch dafür sorgen, dass erst gesprochen und dann gedrückt wird (wieder dem Impuls das genau anders herum zu tun) und zweitens dass man überhaupt antworten darf oder soll oder kann – Ja, man kann auf seine eigene Frage antworten – WENN jemand anderes schon geantwortet hat. Ja, auch die Person, die vorliest kann antworten, ABER keine Frage stellen. Und wenn man antworten KANN, SOLLTE man das auch tun, denn nur dann kann man gewinnen.
Das klingt nicht wie eine große Hürde, aber es gibt einen Grund warum bei oben genannten Stressspielen immer entweder nur eine Person direkt gefragt wird oder zwei Personen im Duett antreten: Stress limitiert nicht nur die Fähigkeit einfache Fragen zu beantworten, es limitiert auch die Fähigkeit, Regeln konkret und in der richtigen Reihenfolge zu befolgen (siehe Magic Maze, wo man einfachste Züge übersieht, weil man nicht prozedural unter Stress denkt). In all meinen Partien hatte das zu Folge das bei jeder zweiten bis dritten Frage irgendetwas falsch gemacht wurde: Zuerst gehauen, dann nachgedacht. Zuerst eine Antwort gegeben, dann gehauen, dann nachgedacht. Nicht verstanden, dass man jetzt antworten darf (und sollte) – und das ist in erster Linie spielhemmend statt lustig. Vabang hebelt sich selber aus, weil es zu wenig auf die Aufgabenstellung fokussiert ist. Der Zusammenbruch trifft die Regeln, nicht die Aufgabe. Ich vermute das etwas umständliche Prozedere um die Frage, die erst erdacht werden muss, soll das Spiel von ähnlichen Spielen abheben, aber leider verwirrt Vabang mehr als es Spaß macht.
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