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Photosynthesis

Photosynthese

Verlag: Blue Orange / Asmodee
Autor: Hjalmar Hach
Spieleranzahl: 2-4
Alter: ab 10 Jahre
Spieldauer: ca. 20-30 Minuten

Spieldauer laut Schachtel 30-60 Minuten, aber aus meiner Erfahrung eher das Doppelte.

„Mehr Licht“ sprach Goethe!

(Es wirkt immer sehr intellektuell, wenn man seine Rezensionen mit Goethezitaten beginnt)

Es gibt viele Gründe, warum ein Spiel Spaß macht: Manche Spiele setzen auf Immersion in ein Thema, bei anderen ist es der gesunde geistige Wettstreit oder die Befriedigung jemanden zu ärgern, etwas aufzubauen oder ein Rätsel zu lösen. Wieder andere setzen auf Schadenfreude oder die Komik des Missverständnisses.

Photosynthese macht vor allem deswegen Spaß, weil es so schön anzusehen ist.

Damit meine ich nicht das Spielmaterial, jedenfalls nicht ausschließlich. Ja, Photosynthese sieht top aus, aber vor allem macht es Spaß zuzusehen, wie sich die Spielauslage ändert: Samen werden gepflanzt, Bäume wachsen, werden größer und sterben schließlich wieder. Der Kreis der Lebens, anschaulich dargestellt. Aus einem einfachen Start (Jeder Spieler fängt mit zwei mickrigen Bäumen am Spielfeldrand an), entwickeln sich nach und nach waldähnliche Zustände. Das zu sehen übt einen enormen Reiz aus, jedenfalls bei mir – aber auch bei anderen, auch bei Nichtspielern.

Die Spielbrettentwicklung ist dabei allerdings vom Tempo her auch nicht viel schneller als bei einem echten Wald: Zwar hat man theoretisch beliebig viele Aktionen, aber pro Feld nur eine, will heißen: Ein Baum wächst niemals zweimal in einem Zug.

Vor allem aber wachsen auch Bäume nicht auf Bäumen und alles muss mit „Lichtpunkten“ (Die arboranische Währung) bezahlt werden. Und die bekommt man nur für Bäume, die nicht durch andere Bäume abgedeckt werden – entweder weil sie größer sind oder gar nicht erst im Schatten stehen. Da sich der Sonneneinfall aber nach jeder Runde ändert, man aber möglichst immer möglichst viel Sonne bekommen möchte und man mit jedem gepflanzten Baum potentiell jemand anderem die Sonne nimmt (und umgekehrt), will viel überlegt werden und das dauert eben seine Zeit.

Ja, Photosynthese ist sehr grüblerisch. So grüblerisch, dass ich die 60 Minuten Spieldauer bislang noch in keiner Partie einhalten konnte. Besonders extrem ist dies naturgemäß zu viert, aber auch zu dritt geht es nur unwesentlich schneller, weil jeder Spieler pro Runde mehr Licht abbekommt und daher mehr Aktionen planen kann/darf/sollte. Zu zweit ist Photosynthese dann schon eine sehr direkte Angelegenheit, fast schon wie ein abstraktes Zweipersonenspiel.

Ich hab auch gar nichts gegen grüblerische Spiele, aber zum einen ist Photosynthese insbesondere zu viert auch so interaktiv, dass ich meinen Zug nur bedingt vorplanen kann. Vor allem aber grüble ich in erster Linie, um keinen Fehler zu machen, nicht weil ich á la Schach eine längerfristige Strategie planen würde. Fehler werden hier generell relativ hart bestraft, da man durch abgedeckte Bäume weniger Lichtpunkte bekommt, und damit weniger Aktionsmöglichkeiten hat, eine Fehlplanung zu korrigieren.

Auf die Mechanismen heruntergebrochen ist Photosynthese ein Wirtschaftsspiel, bei dem es darum geht die kurzfristigen Investitionen (große Bäume, die viele Lichtpunkte bringen) gerade so lange am Laufen zu lassen, dass man die langfristigen Investitionen (Siegpunkte gibt es nur, wenn man einen großen Baum entfernt) ernten kann, handlungsunfähig zu werden. Und wie bei richtigen Investitionen auch, rächt sich schlechtes Timing hier fast exponentiell („Fast“, weil die anderen Spieler ja auch irgendwann ihre großen Bäume abholzen müssen)

Das merken auch Wenigspieler wenn auch das Problem der „Analysis Paralysis“ bei ehrgeizigen Vielspieler deutlich größer ist. Das Grübeln steckt im Spiel nun einmal drin und ist – so vermute ich – auch gewollt. Es wäre aber besser für das Spiel, wenn es etwas flotter von der Hand gehen würde – nur geht unter, wer so spielt (zumindest wenn seine Mitspieler nachdenken).

Schlecht spielen, um Spaß zu haben? So schlimm ist es bei Photosynthese nun nicht. Das Spiel ist interessant und es originell und wie eingangs erwähnt, macht es verdammt viel Spaß zuzusehen, wie sich die Auslage entwickelt, wenn man auf sowas steht. Aber dieser ganz grüblerische Ansatz verhindert in meinen Augen den ganz großen Spielspass, der ohne Zweifel in dem Spiel schlummert. Am ehesten ruft Photosynthese sein Potential im Spiel zu dritt ab. Bei entscheidungsfreudigen Bauchspielern zumindest.

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Peer Sylvester
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