spielbar.com

Machi Koro Legacy

Verlag: Pandasaurus Games
Autor: Rob Daviau et al. ; basierend auf Machi Koro von Masao Suganuma
Spieleranzahl: 2-4
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: 30 Minuten (und mehr)

Im fernen Jahr 2015 (also ca. 5 Jahre vor der Pandemie) war ein kleines unscheinbares Spiel für den Spiel des Jahres-Preis nominiert. Im Vorfeld sorgte diese Nominierung in einigen Kreisen für Unverständnis. Grund für den Unmut war die hohe Zufälligkeit, durch die sich das Spiel auszeichnete. In den gehobenen Feinschmecker-Kreisen waren Würfel eine Altlast aus den dunklen Urzeiten des Brettspiels. Ein Relikt, welches das gehobene taktische-strategische Spiel durch die Willkür von lieblos geschmissenen sechsseitigen Spielsteinen entwertete.

Dabei war genau das natürlich das Besondere und auch Reizvolle an Machi Koro. Es war ein Glücksspiel, welches gerade genug Substanz lieferte, um für eine kurze Partie für Unterhaltung zu sorgen. Die Betonung lag hier auf kurz, denn sobald sich das Spiel in die Länge zog, wurde der sehr reaktive Charakter des Spiels schnell ermüdend. Man konnte lediglich die eigenen Chancen erweitern bei Würfelwürfen Geld zu sammeln, um sich davon den Spielsieg zu kaufen. Dabei hat das Hoffen und Bangen auf den richtigen Würfelwurf durchaus seinen Reiz. Auch die Entscheidung ob man auf ein breites Portfolio setzt, oder sich auf auf bestimmte Würfelergebnisse spezialisiert, wusste zu unterhalten. Für „Spieleexperten“ war das aber zu wenig. Statt das Spielgeschehen direkt beeinflussen zu können, verschob man lediglich Wahrscheinlichkeiten leicht zu den eigenen Gunsten. Es gab zu wenige und wenn dann nur reaktive Entscheidungen. „Ein gutes Spiel hat gefälligst Entscheidungen zu bieten, die aktiv die Spielsituation verändern!“

Mit Machi Koro Legacy nimmt sich nun Rob Daviau dieser Kritik an und hat dafür den mehr oder minder direkten Weg gewählt. Im Laufe der Legacy-typischen Entwicklung und Erweiterung der Spielregeln werden mehr Entscheidungen ermöglicht, mehr Effekte durch die Würfel ausgelöst und auch die Zahl der erwerbbaren Karten wird erhöht. Auch wird die 12-Sitzungen lange Kampagne um eine erzählte Geschichte erweitert, die man zwischen den Partien von Karten vorliest. Für den Spielverlauf haben die Ereignisse darin keine Relevanz. Sie geben aber einen mehr oder minder nachvollziehbaren Rahmen für die Regeländerungen, die mit jedem Kapitel eingeläutet werden.

Die leichte Handschrift des Originals spürt man vor allem in den ersten Partien noch am deutlichsten. Leider verschwindet diese schrittweise unter einem Stapel an neuen Regeln und Einschränkungen, die man zusätzlich im Kopf halten oder wahlweise von den ausliegenden Regelkarten ablesen muss.

Damit macht Machi Koro Legacy leider die gleichen Fehler, die das Legacy-Konzept als solches zu einem zweischneidigen Schwert machen. Das Spielkonzept zu vergrößern ist hier wichtiger als es zu verändern. Durch seine Kampagne fühlt sich Machi Koro Legacy mit der Zeit nicht anders oder individueller an. Es handelt sich lediglich um ein erweitertes Spielpaket. Eines, welches sich zu Beginn der Kampagne kaum anders spielt als zum Ende; nur eben umfangreicher, komplizierter und vor allem länger.

Die Inspiration für das Legacy-Konzept kam Rob Daviau über Videospiele, die zusätzliche Inhalte und Herausforderungen in Form von neuen Levels erst mit der Zeit zum Spielen freigeben. Dieser Ansatz funktioniert so lange das Spiel am Ende genau so viel Raum einnimmt, wie man es sich wünscht. Wenn man also zu Beginn mit der abgespeckten Variante des Spiels beginnt (vgl. Betrayal Legacy) und erst im letzten Akt der Kampagne das Spiel in voller Ausstattung genießt. Wer jedoch zu einem Machi Koro-Spiel greift, wünscht sich vielleicht kein Spiel, welches den gesamten Spieltisch einnimmt.

Hier ist es so, dass das kleine, sympathische Glücksspiel mit dem man die Kampagen beginnt am Ende zu einem ungewollt groß geratenen Würfelspiel geworden ist, bei dem es viel zu handhaben und so einiges abzuwägen gilt. Da aber Machi Koro Legacy im Kern immer noch ein reaktives Spiel bleibt und Veränderungen nur selten durch Entscheidungen der Spieler*innen verursacht werden, geht der Charme und Reiz des Original etwas unter. Nach einigen Partien ist Machi Koro vor allem länger und umständlicher geworden. Die Zahl der Entscheidungen wurde erhöht, ohne dabei einen Mehrgewinn zu liefern, der mit dem Reiz des Original in Einklang steht. Machi Koro Legacy hat eine andere Textur und Spieldauer als sein Vorgänger, aber die Substanz bleibt unangetastet.

Dieser Punkt wiegt umso schwerer, wenn man ihn neben die große Schwäche von Legacy-Spielen setzt: die Verpflichtung sich wiederholt und möglichst zeitnah mit dem Spiel zu beschäftigen. Selbst in meiner vierköpfigen Familienrunde, die unter einem Dach lebt, lagen zwischen der vorletzten und letzten Partie gut zwei Wochen. Eine vergleichbare Absprache von Haushalts-fremden Personen einzufordern, ist um einiges kniffliger. Damit gelingt es Machi Koro Legacy leider nicht die zwei großen Schwachpunkte von Legacy-Spielen zu vermeiden. Das Regelwerk bläht sich auch hier auf und die Kampagnenstruktur wirkt mit der Zeit wie eine noch ausstehende Verpflichtung, die mahnend im Spielschrank steht.

Trotz der familienfreundlichen Aufmachung und dem niedlichen Tonfall hat man es bei Machi Koro Legacy bald mit einem behäbigen Brocken zu tun, den es abzuarbeiten gilt. Dass dieser Punkt jedoch überhaupt erreicht wird, liegt auch daran, dass Machi Koro selbst noch immer ein sehr gutes und grundsolides Design ist. Es ist zugänglich, liefert klare Ziele und schnelle Erfolgserlebnisse. Die Würfel sorgen für Spannung und manchmal auch große Dramen, z.B. wenn die Würfel sich weigern eine 7 zu liefern. Aber dem Spiel geht immer noch die Luft aus, wenn es zu lange dauert. Das ist eine Schwäche, die durch die Legacy-Ergänzung nicht behoben werden konnte.

Georgios Panagiotidis
Letzte Artikel von Georgios Panagiotidis (Alle anzeigen)