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Dogs of War

Verlag: Cool Mini Or Not / Asmodee
Autor: Paolo Mori
Spieleranzahl: 3-5 (eigentlich 4-5)
Alter: ab 14 Jahre
Spieldauer: ca. 75-90 Minuten

Wir reisen zurück in das Jahr 2014, das Jahr, in dem es noch kein Nintendo Switch gab oder Pokemon Go und als sich noch niemand vorstellen konnte, dass Trump tatsächlich einmal der Präsident der vereinigten Staaten werden würde (genau genommen, kann ich mir das heute noch nicht vorstellen). Es war eine naivere Zeit damals. Und Cool Mini or Not war noch ein eher unbekannterer Verlag, der noch keine Trilliarden bei Kickstarter umsetzte. Damals brachte eben dieser Verlag eben jenes Dogs of War heraus, über welches ich jetzt zu berichten gedenke! Ja, so war das damals.

Wenn man die Schachtel und das Material und den Titel sieht, dann sieht man ein typisches Cool Mini or Not – Spiel: Große, fein modelierte Plastikfiguren, ein dickes Regelheft, viel Material, schön gestaltet, offensichtlich ein Kriegsthema…

Wenn man dann die Regel in die Hand nimmt, stellt man fest, dass sie ca. 80% Hintergrundgeschichte und nur zu 20% Regeln enthält. Und das Dogs of War eher ein kniziamäßiges Punktetauziehen ist, als ein episches Schlachtenspiel. Das ist nichts schlechtes – um mal die Wertung vorwergzunehmen, gefällt mir Dogs of War tatsächlich sehr – aber es verschleiert die Zielgruppe schon etwas. Das könnte durchaus ein Grund sein warum Dogs of War nach meinem Gefühl in Deutschland etwas untergegangen ist – die Zielgruppe erkennt es nicht als potentielles Kaufobjekt, die vom Titel und Aufmachung angesprochene Gruppe dagegen erwartet eher etwas anderes.

Wenn ich „kniziamäßig“ als Attribut verwende, dann ganz bewusst: Das grundsätzliche Spielprinzip erinnert an Schotten Totten: Man legt an eine Seite an eine Schlacht Karten an, und die Seite mit der höheren Kartensumme gewinnt. Doch was bei Schotten Totten bereits das ganze Spiel ist, ist hier nur die Spitze des Eisberges: Es fängt damit an, dass immer drei Schlachten gleichzeitig geschlagen werden und wo ich mich engagiere ist mir erst einmal freigestellt – nur darf ich mich nicht auf beiden Seiten derselben Schlacht engagieren. Dass letzteres tatsächlich eine Einschränkung ist, liegt darin begründet, dass einen der Ausgang der Schlacht nur partiell tangiert: Zum einen bekommt man unabhängig vom Ausgang eine Sofortbelohnung. Zum anderen sind einem die eigentlichen Konkurrenten der Schlacht (6 Familien) erst einmal egal. Eine Schlacht zu gewinnen gibt einem erst einmal schlicht ein paar Siegpunkte – und zwar je mehr, desto mehr Gegner es gab (viel Feind, viel Ehr!), so sind leichte Siege gegen eine Familie, für die sich niemand interessiert zwar leicht, aber bringen einem auch nichts (kein Feind, kein Siegpunkt!). Zudem gibt es noch eine weitere Belohnung für denjenigen unter den Siegern, der die meisten Figuren in die Schlacht geschickt hat. Da das Setzen der Figuren zum einen beschränkt und zum anderen teuer ist, eine schöne kleine Schlacht, innerhalb der Schlacht!

Die Familien selbst sind wie erwähnt keinem Spieler direkt zugeordnet. Je nach Schlachtenglück steigen und fallen aber deren „Aktienkurse“ im Laufe des Spieles und endet dann irgendwo zwischen 7 (unwahrscheinlich) und „-1“ (SIC!) Siegpunkten für jede „Aktie“, die ein Spieler bei Spielende von der Familie hält. Die Spieler beginnen mit zwei Aktien an einer Familie und bekommen während des Spieles durch Belohnungen neue dazu.

All die Belohnungen, Streitpunkte (Schlacht gewinnen oder verlieren, Mehrheitenregel bei den Gewinnern), Einschränkungen (Begrenzte Anzahl an Aktionen, begrenzte Anzahl an Einheiten, begrenzter Platz auf jeder Seite der Schlacht, man muss sich pro Schlacht für eine Seite entscheiden) und Variablen (Geld, Siegpunkte, Kartenstärken, Sonderkarten, Anzahl Aktionen, Aktien) sind gerade so gut austariert, dass das Spiel zwar einfach und klar bleibt, die Entscheidungen aber selten trivial sind und man immer abwägen muss. Jeder Einsatz muss genau überlegt werden (lohnen sich die Kosten für den potentiellen Ertrag? Bleibe ich handlungsfähig, wenn die anderen meine Pläne durchkreuzen?), jeder Einsatzort stellt die Weichen für den weiteren Spielverlauf und schränkt gleichzeitig meine Möglichkeiten für den Rest der Runde ein. Mit anderen Worte: Jede Entscheidung ist wichtig.

„Kniziamäßig“ bezieht sich damit auf die goldene Zeit des Mathematikers, als Spiele wie Ra oder Euphrat und Tigris erschienen sind und in deren Tradition auch Dogs of War passt. Wer die klassische 90er Jahre Zeit der Euros mochte, dem sei Dogs of War durchaus auch ans Herz gelegt – Zumindest wenn man es abkann, dass es durchaus auch mal fies, dreckig und gemein zugeht, dass das Schlachtenglück sich manchmal einfach gegen einen wendet, wenn die Mitspieler sich willkürlich entscheiden, immer die falschen zu unterstützen.

Allerdings merkt man dem Spiel auch an, dass es eines der früheren Werke des Verlages ist: Zwar ist das Material wirklich aufsehend erregend überproduziert, aber die „Usability“ bleibt dabei gelegentlich auf der Strecke – Die Schrift auf den Aktionskarten ist schwer lesbar, die Wappen nicht immer leicht zu unterscheiden. Statt einer mehrseitigen Hintergrundgeschichte wären einige Klarstellungen (insbesondere bezüglich der Aktionskarten) in der Anleitung sinnvoller gewesen. Vor allem aber: Zu dritt funktioniert das Spiel nicht richtig. Zu viert ist oft zu wenig los, erst  zu fünft spielen die Dogs of War ihre Stärke aus. Das aber tun sie fürwahr wirklich!

 

 

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Peer Sylvester
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