CMYK ist hierzulande vermutlich als der Originalverlag von Perfect Match und Die Knuffies bekannt oder, wenn man Shut Up & Sit Down – fan ist, auch von Monikers und Wilmots Warehouse. Jetzt starten sie eine neue Reihe von Kartenspielen und dabei gehen sie gegen den Trend: Die Spiele haben eher die Größe von dicken Videokassetten, pumpen also das klassische Kartenspieleformat der Konkurrenz deutlich auf. Zur Einheitsgröße kommt eine graphische Gestaltung, von der sich zumindest sagen lässt, dass sie hervorsticht. Ob man das neonpinke Grunddesign eher als „modern“ oder eher als „Augenkrebs“ wahrnimmt ist sicherlich sehr individuell, aber die Spiele machen als Reihe im Regal schon etwas her, auch wenn die Größe und Schubergestaltung nicht unbedingt das Label „praktisch“ verdient. Gestalterisch macht sie jedenfalls neugierig. Dass allerdings weder auf Schuber noch auf Schachtel die Autoren genannt werden ist schon ein ziemlicher Faux Pax. Bei aller Liebe zum Design, wäre es kein Problem gewesen, zumindest auf der Textseite des Schubers die Namen der Spielschaffenden zu nennen. Ein Grund für diese Auslassung kann ich nicht erkennen (zumal die in der Pressemitteilung sehr prominent genannt wurden).
Mechanisch mögen die vier bisher erschienenen Kartenspiele unterschiedlich sein, die Ausrichtung ist dieselbe: Auch CMYK beackert das Feld der leicht zugänglichen Kartenspiele (keine Überraschung, wenn man das bisherige Verlagsprogramm bedenkt). Dabei geht die Redaktion aber noch sehr viel konsequenter vor, als die Konkurrenz z.B. von Allplay. Die Spieldauer bleibt selbst mit Erklärung zum Teil deutlich unter einer halben Stunde. Alle Spiele haben zudem Regeln, die auf einen Bierdeckel passen. Wie die oben genannten anderen Spiele des Verlages, geht es hier nicht um Tiefe, nicht in das Eintauchen in fremde Welten, sondern eher für den kurzen Zeitvertreib zwischendurch, oft garniert mit einer Prise Schadenfreude. Alle vier Spiele sind zudem Neuauflagen von älteren Spielen, ob sich das in Zukunft ändert, wird man sehen müssen. Eine Reihe mit ein paar „gescouteten“ Klassikern zu beginnen, ist erst einmal aber keine schlechte Idee.
Figment
Autor: Wolfgang Warsch
Für 1-6 Spielende ab 8 Jahren
Spieldauer: 30 Minuten (nur bei sehr viel Diskussionsfreude, eher so 15-20 Minuten)
Hinter Wolfgang Warsch´ Figment versteckt sich das beim NSV erschienene Illusion. Dort ging es darum, Farbanteile in einer wilden, an optischen Täuschungen angelegten, Graphik einzuordnen: Ist der Silberanteil auf der linken Karte jetzt höher als auf der rechten? Das ist zumindest eine originelle Aufgabe, die deutlich schwieriger ist, als man annehmen sollte. Das liegt vor allem daran, dass eben Anteile nicht absolute Zahlen gesucht sind: Vielleicht ist die absolute Fläche bei Karte B größer, aber da die gesamte Farbfläche bei A wesentlich kleiner ist, ist der Anteil insgesamt dort vielleicht doch größer… Das Problem mit Illusion war, dass anscheinend unbedingt die intuitive Anno Domini – Wertung vermieden werden sollte. Die verwendete Wertung war dann schlicht unnötig sperriger Murks.
Figment verwendet ebenfalls keine Anno Domini– Wertung, löst aber das daraus entstehende Problem durch ein cleveres Ausweichmanöver: Figment ist ein kooperatives Spiel. Entsprechend muss die Gruppe nun lediglich fünf Karten in eine aufsteigende Reihenfolge bezüglich des Farbanteils einer zufälligen Farbe bringen. Das ist -trotz des sperrigen Satzbaus meiner Beschreibung- absolut intuitiv.

Allerdings ist auch schnell klar, dass „Welche Karte hat jetzt einen höheren Silberanteil“ keine Frage ist, die man tiefgreifend in einer Gruppe diskutieren müsste oder bei der sich der Vorteil von sechs gegenüber drei Mitspielenden irgendwie bemerkbar machen würde. Die klaren Fälle sind klar, die schwierigen für alle schwierig. Insofern hat Figment etwas von einem Partytrick: Man bringt es auf den Tisch, Neulinge sind überrascht, dass es ein solches Spiel gibt, man spielt eine Runde und ist überrascht, wie schwierig die Schätzungen manchmal sind. Dann ist das Spiel zu Ende und man war verblüfft. Es wird noch einmal ausprobiert, um zu sehen, obs jetzt besser klappt. Nein, tut es nicht. Spielt man es dann noch ein drittes Mal? Oder später? Eher nicht. Das Spiel lebt von der Überraschung, den Kniff zum ersten Mal in einem Spiel zu sehen. Ist die Überraschung bekannt, ist es immer noch ein ungewöhnliches Schätzspiel, aber eben eines, bei dem man irgendwie immer ähnliches schätzt und bei dem sich die eigentlichen Überlegungen in sehr engen Grenzen halten. Anders als The Mind ist Figment schnell auserzählt, zumindest bis es auf eine neue Gruppe trifft.
Fives
Autor: Taiki Shinzawa
Für 3-4 Personen ab 8 Jahren
Spieldauer: 30 Minuten
Alle vier Magenta-Spiele sind Neuauflagen, doch hierzulande wird kaum jemand Fives wiedererkennen, denn das Original mit dem Titel The green Fivura, war eines jener japanischen Kleinverlagsspiele, die man fast ausschließlich auf Tokyo Game fairs bekommt.
Der Autor, Taiki Shinzawa, scheint es sich zur Lebensaufgabe gemacht zu haben, mit jeder Konvention eines Stichspieles in mindestens einem Spiel komplett zu brechen und dann das Spiel so zu gestalten, dass es dennoch klar als Stichspiel erkennbar ist. In Fives ist diese Konvention ein so fundamentales Strukturelement, dass die meisten Spielende es vermutlich gar nicht mehr als „Konvention“ wahrnehmen, sondern es schon als Fundamentalteilchen sehen: Karten sind unveränderbar:
Jede Karte in Fives kann alternativ als Magenta-Fünf gespielt werden. Das lustige ist jetzt, dass man quasi die Realität verändert: Man spielt eine Karte als Magenta-Fünf und alle tun so, als wäre es eine Magenta-Fünf. Damit das funktioniert, müssen ansonsten alle Regeln beachtet werden: Es muss bedient werden und natürlich darf keine zweite Magenta-Fünf in den Stich gespielt werden (praktischerweise gibt es keine Magenta-5 im „regulären“ Blatt, so dass es da zu keinen Konflikten kommen kann). Ja, natürlich, du hast also eine Magenta – 5 gespielt. Was auch sonst? Ganz normal, hier gibt es nichts zu sehen…. Außer natürlich, dass theoretisch jeder Stich eine Magenta-5 enthalten kann. Eine seltsame Realität, aber eine an dessen Regeln man sich rasch gewöhnt, auch weil alle üblichen Standardregeln (Bedienpflicht, Trumpffarbe etc.) gelten.

Man wird die namensgebende 5 dabei in erster Linie spielen, um eigene hohe Karten zu verstecken. Denn wer einen Stich macht, legt die gewinnbringende Karte nach oben in seine Auslage. Wenn am Ende aller gespielten Karte der Wert der eigenen Auslage über 25 liegt, gibt es Minuspunkte und man gibt der Person, die am dichtesten an der 25 liegt, noch einen zusätzlichen Extrapunkt („zusätzlich“, weil diese Person sowieso schon Punkte bekommt). Da die Karten bis 12 gehen, ist es nicht überraschend, dass man die hohen Karten, mit denen man mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Stich gewinnt, loswerden will: Zwei Stiche mit Zwölfen und schon liegt man bei 24! Jetzt wird es knapp!
Das ist durchaus interessant, allerdings insbesondere zu viert oft auch für einzelne frustrierend – Wer mehr als zwei Zwölfen hat oder viele hohe Trumpfkarten oder viele hohe Magentakarten oder alles zusammen, kann gar nicht so viele Karten verstecken, wie es nötig wäre – auch weil eine Karte eben nicht umgewandelt werden kann, wenn jemand anderes bereits eine Magenta-5 in den Stich gespielt hat. In meinen Partien war eigentlich immer mindestens eine Person am Tisch, die keine Wahl hatte, als Karten zu fressen. Anders als bei Stichansagespielen, kann man auch niemanden direkt schaden, wenn man einen Stich nimmt -tatsächlich wird man eher helfen, da dann die anderen eher unter der magischen Grenze bleiben. Es bleibt also nur Stichvermeidung, in der Hoffnung, auf dass man möglichst viele Mitspielende mit ins Verderben reißt. Fives bewegt sich trotz des originellen Ansatzes vom Spielgefühl her bemerkenswert dicht an einer Hearts-Variante; Wenn gut läuft kann man sich clever fühlen, aber mit den falschen Karten, wird es schnell frustrierend.
Fruit Fight
Autor: Reiner Knizia
Für 2-5 Spielende ab 8 Jahren
Spieldauer: 15 Minuten
Interessanterweise ist Fruit Fight fast zeitgleich mit der Amerikanischen Magenta-Reihe in Deutschland bei Kosmos als „Abgestaupt“ erschienen. Optisch könnten die beiden Versionen kaum weiter voneinander entfernt sein, also: Augen auf beim Spielekauf!
Fruit Fight ist aber auch schon als Hit, No Mercy oder Cheeky Monkey erschienen. Das zeigt bereits, dass das Thema ziemlich egal ist, aber auch, dass Kniziaspiele generell immer irgendwie bei jedem Verlag gehen – sie sind eine solide Bank, sie funktionieren immer gut, sind auf den Punkt und sind – im Falle seiner kleinen Kartenspiele – schnell zu lernen. Alles Attribute, die zweifelsohne auch auf Fruit Fight zutreffen.
Bei Fruit Fight deckt man Karten auf, bis man aufhört Karten aufzudecken und die aufgedeckten Karten behält oder bis man eine Frucht ein zweites Mal aufdeckt und aufhören muss und alle Karten verliert. Ein Push-Your-Luck, dass in dieser Form etwas zu solistisch wäre. Daher kommt noch die zweite Regel hinzu: Wer eine Frucht aufdeckt, die bereits jemand anderes ausliegen hat, bekommt diese. Erst wenn man wieder dran ist, hat man gesammeltes aus dem Vor-zug sicher, so dass Früchte immer wieder die Besitzer:innen wechseln können und -weil ja immer eine Karte dazukommt – dabei immer im Wert steigen.

Mit dieser Regel passiert etwas witziges: Das Ziehen der Karten vom Stapel ist ja nichts, was die Spielenden irgendwie kontrollieren könnten. Und doch nimmt man das recht zufällig geschehene Stehlen von guten Früchten sehr persönlich, schwört Rache und Blutwurst und freut sich, wenn einem „ein Coup“ glückt. Die einzige Entscheidung des Spieles – Wann hört man mit dem Ziehen auf – wird so von den Spielenden mit einer Bedeutung aufgeladen, die diese Entscheidung eigentlich gar nicht hat. Von den hier vorgestellten Spielen ist Fruit Fives vermutlich das Spiel, an dessen Ausgang die Spielenden den wenigsten Einfluss haben. Und doch fühlt es sich nicht unbedingt so an. Zumindest nicht wenn man gewinnt. Wer vom Schicksal arg gebeutelt wird, der wird allerdings sehr wohl wissen, welche Göttin ihn hier nicht wohlgesonnen war! Aber nächste Partie, da zeigt man es denen!
Duos
(Leider kein Titel, der mit F beginnt. Wenn ich darüber nachdenke, wäre es noch cooler gewesen, wenn CYMK die Anfangsbuchstaben der ersten vier Titel gewesen wären)
Autor: Johannes Schmidauer-König
Für 4 oder 6 Spielende ab 8 Jahren
Spieldauer: 30 Minuten
Ich verrate hier jetzt ein kleines Geheimnis: Die Reihenfolge, dich gewählt habe, ist nicht die Reihenfolge, in die der Verlag die vier Spiele nummeriert hat, sondern eher so meine persönliche Präferenz. Wobei ich die beiden mittleren Titel nur schwer in eine Reihenfolge bringen kann. Bei Duos ist der Fall klarer: Das mochte ich schon, als es noch den nichtssagenden Titel „Team-Work“ hatte und mit nichtssagender Graphik bei Schmidt erschienen war. Nicht dass die Graphik jetzt aussagekräftiger wäre, aber zumindest passt sie a) in die Reihe und b) sagt mir der Titel zumindest, dass immer zwei Leute zusammenspielen. Spiele für 6 Spielende sind immer noch verhältnismäßig selten, zumal kurze, knackige Spiele mit Team-Work (haha).
Auf dem Papier sieht Duos erst einmal unspektakulär aus: Mit Zahlenkarten versucht man Auftragskarten zu erfüllen – „Zwei Paare“, „Drei Aufsteigende Blaue Zahlen“, sowas halt. Auftragskarten gehören sicherlich mit zum Unoriginellsten, was die Spieleszene zu bieten hat. Doch durch Kooperation werden herkömmliche Konzepte neu interpretiert und das gilt auch für Duos. Dabei ist die regeltechnische Innovation gering: Zwei Karten ziehen (offene oder vom verdeckten Stapel), ggf. Auftrag erfüllen und dann bis zu zwei Karten an den/die Spielpartner:in weitergeben. Die letzte Regel macht das Spiel. Denn plötzlich sammelt man nicht nur für sich, sondern passt eben auch auf, was die andere Person im Duo macht: Welche Karten werden genommen? Welche Karten werden weggegeben? Welche Karten, die ich weitergegeben habe, werden verwendet, welche werden beim Überschreiten des Handlimits weggeworfen?

Dabei sind all diese Überlegungen ‑ genau wie die Regeln ‑ vor allem eines: sehr intuitiv. Die Einstiegshürde ist kaum vorhanden, mit ein bisschen Kommunikation wissen bald alle wie der Hase läuft und können sich auf die Jagd nach Aufträgen machen. Dass die Aufträge unterschiedlich schwierig sind und entsprechend unterschiedlich viele Punkte ermöglichen, erlaubt es dem Spiel im Niveau genau jenen kleinen Schritt zu machen, dass Anfänger: innen nicht nach einer Partie meinen, alle Kniffe zu kennen.
Früher waren Skip Bo und Phase 10 Spiele große Erfolge. Duos deckt eine ähnliche Zielgruppe ab, da es sich ähnlich an klassischen, intuitiven Spielweisen orientiert. Und anders als die Ebengenannten ist Duos dabei sogar noch interessant, wenn man mehr als drei Spiele kennt; Das Partnerspiel macht’s!
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