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Buchkritik: Abstrakte Brettspiele

Statt eines Freitags-Interview heute einmal eine Freitags-Buchkritik. Der Autor Tobias Grad war so freundlich ein Exemplar seines im Eigenverlag herausgebrachten Buches abtrakte Brettspiele zu schicken.

Wie der Untertitel bereits andeutet werden hier 50 abstrakte Zweipersonenbrettspiele beschrieben. Allesamt sind entweder auf einem 8×8-Brett (also einem Schachbrett) oder einem kleineren 5×5-Brett zu spielen (für letzteres bietet der Autor einen Ausdruck an). Auch wenn es durchgehend Strategiespiele ohne Glücksanteil sind, ist die Spannbreite doch recht hoch und vom kleinen Zwischendurchspiel bis zum Hirnverzwirbler ist doch so ziemlich alles dabei. Ich habe aber allerdings nicht alle Spiele ausprobiert :-) Auch historisch gesehen ist die Spannbreite groß und umfasst traditionelle Spiele (wie Schach) genauso wie moderne Klassiker (wie Lines of Action von Claude Soucie) und vor allem sehr viele sehr neue Entwicklungen, inklusiver einiger Spiele die hier zum ersten Mal in Buchform erschienen sind. Auch der Autor des Buches selbst hat einige Spiele beigesteuert (darunter die Schachvariante „Mini-Schach“). Für den Autoren spricht übrigens, dass er alle beteiligten Autoren um Erlaubnis gebeten hat – so ein Fall wie bei den Humboldt-Spielebüchern ist damit vermieden. Er schreibt übrigens auch, dass die Autoren allesamt unglaublich freundlich und hilfsbereit waren, etwas was ich selbst auch von meiner Arbeit an Jam Dudel bestätigen kann!

Wer diese Art von Spielen mag, findet in abstrakte Brettspiele definitiv viele Schätze zum heben. Ich persönlich hätte jetzt keine weitere Regeln zu Schach und Dame gebraucht, aber das sind zwei Spiele von 50 und stört somit nicht. Ich hätte mir allerdings etwas mehr an Einleitung zu den Spielen gewünscht: Grad beschränkt sich in vielen Fällen auf ein paar Sätze, wo das Spiel herkommt, vermutlich auch basierend auf dem, was die Autoren von sich aus erzählt haben. Es wäre hier interessant gewesen zu erfahren, welchen Werdegang die Autoren und die Spiele hinter sich gehabt haben – und auch eine kurze Einschätzung des Spieles selbst, so dass man etwas gezielter die Spiele suchen kann, die am ehesten den eigenen Spielegeschmack treffen. Das ist aber natürlich Geschmackssache, Grad pflegt sich hier aber m.E. etwas zu sehr in Zurückhaltung (selbst zu seinem eigenen „Von Seite zu Seite“ schreibt er nur: „Von Seite zu Seite ist ein Verbindungsspiel für zwei Personen, das 2016 erfunden wurde und erstmals in diesem Buch veröffentlicht wird“ (sic) – selbst dass er der Autor ist, verschweigt er an dieser Stelle (im Inhaltsverzeichnis steht es drin). Aber gut, wer 50 Spiele auf 165 Seiten vorstellen will, muss platz sparen. Auch die Regeln sind knapp gehalten (Schach wird auf 4 Taschenbuchseiten erklärt), Klarstellungen fehlen weitestgehend. Da aber die meisten Regeln eh eindeutig sind, ist dies völlig in Ordnung.

Spielebücher haben es immer ein bisschen schwer, da keine bunten Schachteln locken, insofern ist eine Beschränkung auf ein Genre sicherlich sinnvoll. Abstrakte Brettspiele ist diese Beschränkung definitiv gelungen und die Zielgruppe sollte sich vom New-Age-Cover nicht abschrecken lassen, sondern unbedingt zugreifen! Selbst Spielekenner finden ausreichend neues, um den Preis von unter zehn Euro absolut zu rechtfertigen!

Peer Sylvester
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