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Zoom in Barcelona

Verlag: Cucafera Games
Autor: Núria Casellas, Eloi Pujadas, Joaquin Vilalta
Spielerzahl: 2-6
Alter: ab 8 Jahren
Dauer: 30-60 Minuten

Ich war bisher nur ein Mal in Barcelona. Wir haben einen Tag dort verbracht, bevor wir weiter durch Spanien gereist sind. Wir haben ein paar schöne Orte besucht und einen guten Frappé in einem griechischen Restaurant mit einem beeindruckend unfreundlichen Kellner genossen. Ich würde aber nicht so weit gehen zu sagen, dass ich ein Gefühl für diese Stadt bekommen habe. Paradoxerweise macht mich das gleichzeitig hochgradig geeignet wie auch ungeeignet, um Zoom in Barcelona von Núria Casellas, Eloi Pujadas and Joaquim Vilalta zu besprechen.

An einem dieser sehenswürdigen Orte war ich schon mal

Zoom in Barcelona ist im Kern ein mit Karten bespielter Wettlauf durch Barcelona. Auf dem Spielbrett sind 82 verschiedene Orte der Stadt vermerkt. Vier davon werden zu Beginn aus einem Kartenstapel gezogen. Sobald man einen dieser vier Orte erreicht hat, macht man davon ein Foto (und nimmt sich die Karte). Anschließend wird eine neue Karte gezogen. All das führt dazu, dass man flink über das Spielbrett eilt. Man bewegt sich in dem man Karten aus der Hand spielt, die man aber nur auffüllen kann, wenn man eine der vielen Touristeninformationen besucht. Diese notwendigen Zwischenhalte wollen gut überlegt sein. Denn sonst schleicht man lediglich zwei Felder pro Zug durch die Straßen. Die U-Bahnstationen der Stadt dienen als Abkürzungen um lange Strecken schnell zurückzulegen. So verliert Zoom in Barcelona nie an Schwung. Es dauert selten mehr als drei Züge bis jemand ein Foto machen konnte, und so ein Zielort durch einen anderen ersetzt wurde.

Man beachte wie effektiv die öffentlichen Verkehrsmittel hier sind

In Zoom in Barcelona kommen Veränderungen schlagartig. Bis man wieder am Zug ist, muss der letzte Runde gefasste Plan an die nun veränderten Zielorte angepasst werden. Neue Chancen Punkte zu machen sind schnell in Reichweite und die Entscheidung, die man jetzt fällt ist viel wichtiger als die von vor zwei Zügen. Je nach Veranlagung fühlt sich das frustrierend willkürlich und chaotisch, oder ansprechend taktisch und flexibel an. Die vereinfachte “Starterkit” Fassung der Spielregeln ist für unerfahrene Spieler gedacht und entsprechend eingängig. Im normalen Spiel gibt es eine gestaffelte Punktewertung und die Möglichkeit per “Zoom” ein Foto aus bis zu drei Feldern Entfernung zu schießen. Das Spielgefühl wird dadurch nicht wesentlich verändert, aber diese kleineren Komplikationen helfen dabei auch erfahrene Spieler bei Laune zu halten.

Das „Natürliche Licht“ macht die Punktewertung etwas kniffliger

Zoom in Barcelona ist unterm Strich ein angenehmes Spiel. Das Layout ist für Menschen mit Farbschwäche geeignet. Die Illustrationen von Sophie Wainwright und Craig Petersen bilden reale Fotografien der Orte ab, die man in Barcelona dort sehen würde. Der Zeichenstil gibt dem Spiel einen eigenen Charakter, ohne so aufdringlich zu sein, dass es vom spielen ablenkt. Über das Spielbrett zu huschen schafft genug Spannung, um den eigenen Ehrgeiz zu wecken. Dabei wird dieser Wettlauf jedoch nie so intensiv, dass man seine Soft Skills auffahren muss, um die gute Laune am Tisch zu bewahren. Das ist eine nicht zu unterschätzende Leistung. Denn einen angenehmen Wettkampf zu schaffen ist die Art von Kunststück, zu dem nicht viele Spiele in der Lage sind. Der regelmäßige Austausch der Zielorte, zusammen mit der hohen Varianz des Kartenstapels, führt zu einem Spiel, das näher an einer Schnitzeljagd ist als an einem Wettstreit sorgfältiger Bewegungsstrategien. Rückschläge sind hier von kurzer Dauer. Man wird nur selten von anderen Spielern in seinem Handeln blockiert.

Drachen ziehen immer eine Menschenmenge auf sich

Ich kann mir gut vorstellen, dass der Hintergrund des Spiels bei Leuten, die Barcelona etwas kennen, sehr gut ankommt. Die Kartenzeichnungen laden dazu ein Anekdoten aus der eigenen Erinnerung den anderen Spielern mitzuteilen. Diese Art der persönlichen Nähe lässt die Stadt in diesem Spiel auf eine Art aufleben, wie es Regeln nicht tun können. Für alle anderen, bietet Zoom in Barcelona ein unterhaltsames Wettrennen entlang der Fassaden einer modernen europäischen Großstadt.

Georgios Panagiotidis
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