Autor: Jeffrey CCH
Verlag: Broadway Toys
Für 3-5 Personen ab 8 Jahren
Spieldauer: 60 Minuten
Die Inka hatten ein interessantes Gesellschaftssystem. Die Elite waren Götter, Priester und herrschende Kaste zugleich; also absolute Herrscher. Aber im Reich wurde eine Art Planwirtschaft unterhalten: Alle Inka arbeiteten für das Volk, etwa als Soldaten, in der Landwirtschaft oder bei der Unterhaltung des elaborierten Wegesystems. Im Gegenzug bekommen sie vom Staat Essen und Wohnung und alles für das Tagewerk gestellt (wird auch alles vom Volk für das Volk hergestellt). In diesem wohl sehr effizientem System war eine Währung überflüssig.
Insofern hat es mich schon etwas amüsiert, dass bei Urubamba Valley die Person gewinnt, die am meisten Dollar (sic!) bei Spielende vorweisen kann.
Aber klar, Urubamba Valley ist ein Eurogame, oder wie es in der poetischen Sprache von Boardgamegeek heißt:
Nun könnte man, wenn man wollte, durchaus einen Zusammenhang zwischen den Mechanismen des Spieles und dem Gesellschaftssystem der Inkas konstruieren: Alle legen ihre Plättchen in dieselbe Auslage. Der Ertrag hängt davon ab, wie groß das Gebiet gleichartiger Plättchen ist, an das man anlegt – wer also ein Gebiet vergrößert, vergrößert potentiell für alle auch den Ertrag. Ganz klar eine Verbindung zum „alles-gehört-allen“-System der Inkas, so wie bereits Einfach Genial oder Wu Hsing (von Sid Sackson) das Gesellschaftssystem der Inkas nutzten, um am westlichen Kapitalismus Kritik zu üben. Oder so.
Dieses Legesystem hat immer den kleinen Nachteil, dass durch den steigenden Wert bestimmte Gebiete, es immer profitabler wird, wenn man die passenden Plättchen zieht. Wu Hsing hat daher einen hohen Glücksfaktor. Einfach genial umgeht das Problem, durch die „Beste Schlechteste Farbe“-Wertung. Bei Urubamba Valley können nicht alle am Tisch jedes Plättchen legen: Man muss die Möglichkeit, andere Farben als die eigene Plättchenfarbe legen zu dürfen, erst kaufen – farbweise! Und es gibt mehr Farben, als man kaufen kann. Dadurch haben nicht alle gleichermaßen ein Interesse daran, dass eine bestimmte Auslage wächst. Gerade zu Beginn entstehen ganz natürlich Allianzen von Spielenden, die dieselben Plättchen anpflanzen wollen. Da jede weitere Farbe, die man dazukauft teurer wird, will jede Erweiterung des Repertoires wohlüberlegt sein – es muss sich schon dauerhaft lohnen, sonst ärgert man sich, aufs falsche Pferd gesetzt zu haben.
Das bedeutet auch, dass es gerade zu Beginn darum geht, den Markt richtig einzuschätzen: Welche Plättchen möchte ich legen können? Das ist durchaus interessant, aber in meinen Runden gab es in jeder Besetzung immer eine Person, die ziemlich zufällig aus allem ausgeschlossen wurde – am Anfang zufällig aufs falsche Alpaka gesetzt, wird es unmöglich mit den anderen mitzuhalten; Alleine wird man die Gebiete der anderen nicht klein halten können und der Ertrag wächst überproportional. Vor die Wahl gestellt jemand anderen abzuschneiden oder selbst stark zu profitieren, wählt man das letztere. Anders ausgedrückt: Wer hat dem wird gegeben, wenn nicht aggressiv gegengesteuert wird. Gegeben wird allerdings der Mehrheit am Tisch. Und dabei bleibt eine Person bleibt meistens zurück. Kapitalismuskritik…?
Ist auch deswegen so präzise, weil Geld eben Siegpunkte sind: Geld ausgeben ist immer gut in diesem Spiel, aber vielleicht nicht effizient. Gerade weil das Spiel sehr klar ist, zählen gerade die kleinen Entscheidungen. Wer nicht gerade komplett hinterherläuft, wird Probleme haben, seine Position präzise einzuschätzen und das ist auch gut so. Urubamba Valley ist aber nicht nur klar aufgebaut, sondern auch angenehm schnell, die einzige Zugoption, die etwas länger dauert ist die „Kaufoption“, weil man dort so viel Kaufen kann, wie man will, auch wild durcheinander: Plättchen, die anderen Pflanzfarben, Vorteilsplättchen, Rankenplättchen (die immer denselben Ertrag haben und damit gerne genutzt werden, um Gebiete zuzuranken)… Da dauert die Einkaufstour schon mal etwas. Alle anderen Optionen sind aber angenehm flott ohne Kombos oder Brimborium direkt auf den Punkt. Die angegebene Spieldauer ist tatsächlich einmal keine Untertreibung
Für die spielerische Umsetzung eines Planwirtschaftssystem (`) fühlt sich Urubamba Valley bemerkenswert kapitalistisch an. Weniger weil man wie bei Acquire irgendwie auf den Erfolg bestimmter Gruppen aus Plättchenmonokulturen spielt, sondern mehr, weil man doch mit einer gewissen Aggressivität vorgehen sollte; wenn am Ende alle jede Runde das Maximum ernten ist das Spiel nicht nur repetitiv, sondern es profitiert auch allein die Person, die damit angefangen hat. Opfern mag sich aber keiner- wer verzichtet schon auf die Fleischtöpfe, wenn es sich vermeiden lässt? Dann schon lieber schon rechtzeitig den Anfängen wehren und ein bisschen auf Krawall gebürstet sein.
#spiel23
Nicht wirklich
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