Autoren: Jason Hager, Darren Reckner
Verlag: Restoration Games / Hutter Trade
Für 1-4 Personen ab 9 Jahren
Spieldauer: 20-60 Minuten
Unmatched ist ein großer Zwiespalt für mich: Ich liebe das einfache, aber doch extrem flexible System, bei dem sich alle Charaktere wirklich unterschiedlich und zudem thematisch passend spielen. Hinzu kommt noch die tolle Kartengraphik und eine interessante Auswahl an Charakteren und mein Sammlergen wird aktiviert: Ich würde gerne mal Squirrel Girl probieren. Oder Deadpool. Oder den Unsichtbaren. Oder die wirklich gruselige Bloody Mary. Oder…
Aber Unmatched ist ein reines Duell/Prügelspiel. Und wie ich schon beim nicht minder guten Sakura Duell anmerkte: Ich bin absolut kein Duellspieler. Gegnerisches Runterpunkten reizt mich ebenso wenig, wie das Auswendiglernen von Decks.
Insofern gibt es für mich potentiell Grund zum jubilieren: Unmatched Adventure ist Unmatched – in pogform aber kooperativ! Und das beste alles ist kompatibel – Ich könnte also Squirrell Girl oder die Raptoren aus Jurassic Park spielen… aber kooperativ!
„Kooperativ“ heißt hier allerdings „Wir prügeln uns mit einem Kartenstapel“. Obwohl, das wäre unfair, wir prügeln uns ja sogar mit vier Kartenstapeln…
Im Ernst: Die Autoren haben ihr möglichstes getan, die Unmatched – Struktur auszureizen. Die Spielpläne haben z.B. einige Effekte, die vom Obermotz abhängen und die von eben jenem im Laufe einer Partie kaputtgetreten werden. Neben besagtem Obermotz gibt es immer noch drei kleinere Monster, die verhindern, dass man sich auf das eigentliche Ziel konzentrieren kann. Alle Monster und Gegner stammen aus dem Katalog der Pulp Romane der 20, 30er und 40er Jahre (und auch die beiliegenden Held:innen passen dazu – was aber auch bedeutet, dass deren Bekanntheitsgrad zumindest hierzulande sehr viel niedriger ist als in anderen Sets). Das Pulp-Thema finden wir auch in der passenden Graphikeinkleidung wieder. Als Setting sind die Pulps recht unverbraucht. Dabei sorgen sie für eine interessante Abwechslung zum Monstereinerlei – Dracula, Zombies und Lovecraf-Dämonen sind ja mittlerweile Stammgäste im Spieleschrank. Der Blob als Gegner – das ist neu und erst einmal interessant. Auf der anderen Seite sind die Gegner auch schon sehr Amerikanisch – für die Spielenden ist es deutlich schwieriger sich die Spielhandlungen vorzustellen, wenn sie keinen Bezug etwa zum „Jersey Devil“ haben. Auf der anderen anderen Seite (also wieder auf der ersten Seite, vermute ich) ist das Unbekannte aber auch schon wieder spannend – Gerade wenn man einen Gegner zum ersten Mal in einer Partie begegnet und erst experimentiell ermittelt , was der eigentlich kann. Kingdom Death Monster lässt grüßen – und das zu einem Zehntel des Preises und einem Hunderstel der Spieldauer!
Doch, ja, nun, irgendwie, man kämpft am Ende des Tages „nur“ gegen einen Automata. Kooperation, das Salz in der Suppe kooperativer Spiele, beschränkt sich auf die Absprache, wer aktuell am besten gegen welchen Gegner haut, ob man gemeinsam prügelt oder jeder für sich. Mehr als „Ich habe gerade eine gute Karte und kann ordentlich zuschlagen“ wird man hier nicht koordinieren können. Aber gut, das ist bei Dungeon Crawlern wie Descent auch nicht anders. Oder?
Descent – oder, auf geringerem Niveau, HeroQuest – lebt nicht nur vom Kämpfen, sondern auch vom Entdecken. Das fehlt hier. Aber selbst wenn man nur die Kämpfe betrachtet leben Dungeon Crawler zumindest partiell vom Gewinnen von Kämpfen; Die meisten Crawler haben eher viele Monster, die eher schnelle Tode sterben und den Helden:innen so großzügig die Gelegenheit für heroische Handlungen (und dem damit verbundenen positiven Spielgefühl) bieten. Bei den Amazing Adventures sind es vier Monster, die mehr oder minder langsam heruntergepunktet werden müssen. Das kann dauern. Heroische Aktionen punkten lediglich etwas weniger langsam herunter, als eine Standardattacke. Das befriedigende Gefühl ist entsprechend nicht ganz mit der Heldenfigur zu vergleichen, die bei Descent eine Monsterfigur mit einer gut geplanten Attacke (und etwas Würfelglück) aus dem Sockel haut. Das erwähnte Kingdom Death Monster verschiebt das Entdecken zwar auch auf einen Kartenstapel, aber die Handlungen sind sehr viel komplexer in ihrer Wirkung und können dadurch mehr bieten als „Einen Bonus hier, einen Bonus dort“ bieten (und das dann als „Killerschlag mit Riesenpranke“ zu verkaufen).
Unmatched lebt dementsprechend von etwas anderem: eben jenem Kampfsystem mit all den Überraschungen, die es bietet. Monster- wie Heldendecks sind dahingehend wieder 1a: Sie sind thematisch, sie spielen sich komplett unterschiedlich und sie sorgen für Spannung. Wie erwähnt, macht es schon Spaß die Gegner und ihre Fähigkeiten überhaupt erst einmal kennen zu lernen – einer z.B. greift mehrere Runden als einziger mehrfach an, hat aber dafür eher schwache Angriffe. Ein anderer verhindert sehr gerne Sonderfähigkeiten beim menschlichen Gegner. Das ist schon cool. Auch die Dramatik nimmt zu: Die Lage eskaliert immer weiter, denn die Guten müssen sich zwischendurch zwangsläufig ein wenig ausruhen, während die Monster ungehindert weiterwüten. Gegen Ende kommt es meistens zum großen Hurra, in der Hoffnung, es doch noch zu schaffen… Das passt in der Dramatik durchaus zur Vorlage. Es ist aber eben fundamental ein Duellspiel.
Allerdings: Unmatched ist als kartenbasiertes Duellspiel schon mit einem gewissen Zufallsfaktor ausgerüstet. Hier ist das noch einmal potenziert, da das Kartenspiel der Gegner ja komplett zufällig ist. Wenn man einen menschlichen Gegner ausblufft, ist das cool. Wer gegen seinen Gegenüber einen Zufallstreffer leistet, sorgt für einen humorvollen Moment.
Beim Umdrehen einer Karte entstehen dagegen eher Frustmomente. Sei es dass man gerade seine beste Verteidigung für einen Null-Angriff geopfert hat, sei es dass vom Gegner dreimal hintereinander die stärkste mögliche Karte kam. Vor allem aber gerät die Dramaturgie schon mal ins Schleudern; Wenn es früh gut läuft, läuft es richtig gut. Ein richtiger schlechter Start und man braucht nicht weiterzuspielen. Auch wenn das Spiel meistens in der Mitte verläuft, sind doch solche Extremverteilungen suboptimal.
Am Ende des Tages löst aber Unmatched Adventures mein eigens erwähntes Dilemma: Man kann nicht umhin festzustellen, dass auch ein kooperatives Unmatched immer noch ein Unmatched ist. Man verprügelt halt nur einen Kartenstapel-Automat. Das ist mir persönlich zu viel Duell. Für andere ist genau dies das beste Argument, wo gibt und ich hätte mir alle weiteren Worte sparen können.
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