Autoren: Bruno Cathala und Corentin Lebrat
Verlag: Lumberjacks Studio / Asmodee
Für 1-50 Spielende ab 8 Jahren
Spieldauer 10 (ein Berg) bis 30 (drei Berge) Minuten
Die Roll and Write-Welle ist weiter ungebrochen. Mittlerweile ist das Angebot kaum noch zu überschauen, zumal auch verwandte Genres wie Legespiele etwa, in ähnlichen Gewässern fischen. Um zu ermitteln ob ein weiteres RnW noch irgendwo eine Nische finden kann, hilft es dieses Genre etwas näher zu begutachten:
Drei Säulen des Genres würde ich als grundsätzliche Richtung markieren: Hoffen, Puzzlen und Boni.
Prinzip Hoffnung ist die älteste der drei Säulen: Schon die Urahnen des Genres wie Kniffel oder – sehr viel später – Mosaix und Qwixx basierten ihren Spielspaß darauf, dass die Spielenden hoffen genau den richtigen Wurf zu schaffen – und dann zu improvisieren, wenn das nicht klappt. Die Frage wann es sich lohnt, wie viel zu riskieren, erzeugt Spannung, je mehr, desto mehr auf dem Spiel steht, desto mehr man riskiert hat und auch riskieren konnte. Ist der Einsatz zu niedrig oder die Entscheidung darüber, was man riskieren kann, nicht interessant genug wird das Spiel entweder flach (es verkommt zu einem rein mechanischem „Würfeln und Eintragen“) oder frustrierend (weil man zu oft scheitert und nichts dagegen tun kann). Aus diesem Grund geht der Trend dahin, den Schwerpunkt immer weiter in Richtung „Puzzle“ zu verschieben: Dadurch werden die Wahrscheinlichkeiten und das Risiko verschleiert, was den Frustfaktor in Schach halten kann. Vor allem ist jetzt aber weniger das „Glücksspiel“ die Kernmotivation, sondern das Puzzle, möglichst viele gegenläufige Wertungen zu jonglieren. Aber: Geht es nur darum ein Ergebnis (oder eine Karte, ein Plättchen…) möglichst effizient einzubauen, so dass im Moment die meisten Punkte generiert, ist das Spiel flach und tatsächlich auf Dauer eher wenig interessant. Daher muss das Puzzle einen „strategischen“ Effekt haben, also etwas, dass sich erst in der weiteren Partie auswirkt (so wie man bei Carcassonne etwa hofft noch mit in eine Stadt oder Wiese rutschen zu können – obwohl man bei Carcassonne ja keine Plättchen aufspart, die Zukunft also ungewiss ist. Und ja, das ist kein RnW). Gute RnWs mit starkem Puzzlecharakter beinhalten also immer auch noch die erste Säule, sie ist nur weniger prominent.
Spätestens seit Ganz schön clever werden die beiden Säulen verbunden durch die Idee des Freischaltens von Boni – damit meine ich keine Punkteboni (sonst ist es eine Variante der Wertung), sondern Boni. die einem Spielvorteile freischalten und sei es nur, dass ein weiteres Kreuz gesetzt werden kann. Auch das ist natürlich irgendwo sowohl ein Puzzle, als auch ein Hoffnungs-Mechanismus, aber die Befriedigung, etwas freischalten zu können oder etwas gerade rechtzeitig freigeschaltetes jetzt nutzen zu können ist eine neue Motivationsquelle. Elaborierte Bonussysteme sind auch die Richtung, in denen die aktuellen Versuche ein komplexeres Roll and Write zu erschaffen, drängen.
Wie passt nun Trek 12 in diese Analyse? Hinten angefangen ist das Bonussystem sehr klein und beschränkt sich auf einige Karten, die in speziellen Situationen hilfreich sein können. Zudem ist es nicht schwierig an diese heranzukommen, da man lediglich eine Zahl kleiner als 3 eintragen muss und das ist im allgemeinen kein Problem. Es ist allerdings selten lukrativ insofern sind diese Karten eher Kompensation denn Bonus.
Andererseits… ohne den geschickten Einsatz dieser Karten wird es kaum gelingen in höhere Punktebereiche aufzusteigen. Auch wenn Trek 12 einige Puzzlige Aspekte hat, basiert es doch stark auf der ersten Säule, der Hoffnung: Lange Zahlenreihen oder große Gebiete mit benachbarten gleichen, möglichst hohen Zahlen sind lukrativ und da muss man ein bisschen drauf zocken. Zahlen dürfen zudem nur nebeneinander eingetragen werden, so dass man auf die richtigen Zahlen für die Sackgassen spekulieren muss oder die passende Zahl nicht an der richtigen Stelle eintragen kann.
Die Stärke von Trek 12 ist dabei das eigentlichen Würfelsystem: Die beiden Würfel werden nämlich nicht automatisch als Augensumme eingetragen, sondern es darf gewählt werden, ob die Summe, die Differenz oder gar das Produkt (aber maximal 12) eingetragen wird oder ob man nur die Zahl eines Würfels verwendet. All diese Optionen sind aber begrenzt. Zudem zeigt der eine Würfel statt 1-6 nur die Zahlen 0-5. Dadurch sind niedrige Zahlen häufiger als hohe, die übliche Wahrscheinlichkeitsverteilung gilt nicht mehr. Durch die vielen Optionen fühlt sich dieses Hoffnungs-Prinzip aber bisweilen wie ein Puzzle an, insbesondere wird es selten frustrierend – Irgendwas geht fast immer und bis zum Zählen der Punkte hat man das Gefühl etwas geleistet zu haben. Dann allerdings…
Trek 12 bietet die Option einen Durchgang zu spielen, was einem normalem herkömmlichen Roll and Write entspricht. Im „Vollmodus“ dagegen wird wie bei vielen Oink-Spielen ein Rundensieger gekürt. Wichtige Bonuspunkte gibt es aber nur für das Erreichen einer Mindestpunktzahl. Und dafür muss ordentlich geknobelt werden und wie erwähnt, sollten die Bonuskarten zum Einsatz kommen. Obwohl ich die Kürze der Roll and Writes als ihre Stärke erachte, halte ich ich aus diesen Gründen Trek 12 für eine Ausnahme. Obwohl außer möglicherweise ein paar Karten nichts i die nächste Runde mitgenommen wird, gibt es doch eine spürbare Steigerung. Innerhalb des Roll and Writes – Genre nimmt Trek 12 daher doch eine gewisse Sonderrolle ein, auch wenn sich das Spielgefühl jetzt nicht großartig ändert. Diese Mindestpunktzahl ist auch der Grund, warum Trek 12 das zZ einzige Roll and Write ist, wo ich eine Solopartie überhaupt erwägen würde.
Die erwähnte Sonderolle wird noch durch eine „Highscoreliste“ und ein Archievement-System, durch das neue Umschläge mit neuem Material freigeschaltet werden, unterstrichen. Auf den ersten Blick sind die Bedingungen, die für das Öffnen eines Umschlages nötig sind, nur eine weitere Ebene des Wertungs-Puzzles. Tatsächlich kommt aber eine Meta-Ebene ins Spiel, denn wenn man nicht gerade solo spielt, wird man vor die Entscheidung gestellt, möglicherweise Punkte zu opfern, um einen Umschlag öffnen zu können. Das ist ein ungewöhnliches Dilemma, gerade innerhalb dieses Genres, dass sich mangels Interaktion oft schlicht ums Punkteoptimieren dreht.
Trek 12 erfindet das Genre weiß Gott nicht neu. Struktur und Kern (und fehlende Interaktion) entsprechen dem Gewohnten. Doch mit kleinen Ideen (Würfelsystem, Archievements) und sehr sauberem Design vermag das Spiel durchaus aus der eingangs erwähnten Welle herauszuschauen.
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