Verlag: Boardcubator /Asmodee
Autoren: Michal Mikeš, Jan Soukal, Adam Spanel
Spielerzahl: 1-4
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: 20-40 Minuten
Mein Vater hat vierzig Jahre in der IT-Branche gearbeitet. Das ist eine ziemlich lange Zeit, bedenkt man, wie stark sich diese Branche im selben Zeitraum gewandelt hat. In den letzten zehn Jahren oder so, war er allerdings vorwiegend im Projektmanagement tätig. Hier hat er selbst keine Hand mehr an die IT- Dinger angelegt, sondern nur dafür gesorgt, dass ein stetiger Strom neuer Projekte begonnen, bearbeitet und abgeschlossen wurden. Dazu bedarf es in dieser Branche vor allem Personal. Die Projekte selbst waren extrem spezialisierte Programme für das Europäische Patentamt.
Warum ich das erzähle? Wenn man davon ausgeht, dass Spielhandlungen Narrativen sind, so ist Project L die Geschichte wie Projektmanager:innen (die Spielenden) Projekte beginnen, bearbeiten und abschließen. Der Titel kommt wohl nicht von ungefähr. Zwar könnte man ähnliches über viele Spiele – insbesondere über Engine-Builder – schreiben, aber die meisten Spiele haben ja ein anderes Setting, das Setting von Project L ist rein abstrakt gehalten, so dass externe und interne Narrative in diesem Fall nicht kollidieren.
Die Perspektive des Projekmanagements konzentriert sich auf das Wesentliche: Die Projekte selber sind dabei so abstrakt, wie die spezialisierten Patentamt-Programme – es sind Karten mit Freiflächen, die gefüllt werden. Aus Sicht des Projektmanagers ist es eben relativ egal, was hier hergestellt wird – wichtig ist der Aufwand (Größe), Kompelxität (Form) Ertrag (Siegpunkte, Bonus) des Projektes . Gefüllt werden die Flächen mit geometrischen Formen, die vermutlich für das Personal stehen, das am jeweiligen Projekt arbeitet. Es könnten auch anderen Faktoren wie Kosten oder Material sein, letztlich ist das unwichtig! Wichtig aus dieser Perspektive ist einzig und allein, dass diese Faktoren begrenzt sind und unterschiedlich geeignet, Projekte abzuschließen.
Der Manager managet wie folgt: In seinem Zug dürfen drei Dinge gemacht werden. Zur Auswahl stehen dabei: Projekte können begonnen (=Aufträge genommen), Personal (Formen) kann herangeschafft oder in höherwertiges getauscht werden (Fortbildung?) und natürlich darf Material/Personal den jeweiligen Aufträge zugeordnet werden. Das kann mühsam „von hand“ geschehen oder einmal pro Zug wird jedes Projekt mit genau einem Baustein beglückt. Vorausgesetzt, es steht genug Material zur Verfügung. Fertige Projekte bringen in der Regel natürlich Siegpunkte, aber auch eine neue Fläche und alles bereits eingesetzte Material wird für andere Projekte verfügbar – auch deswegen fühlt sich das alles nach Management an: Personal wird gebunden und wieder frei, wenn das Projekt beendet ist. Effizienz ist gefragt, nicht benötigtes Personal liegt nur herum, Aufträge die mangelns Material nicht bearbeitet werden, ebenso. Die drei Optionen richtig nutzen ist die hohe Kunst des Projektmanagements.
Nein, sonderlich interaktiv ist Projektmanagement nicht; nur die Aufträge nimmt man sich gegenseitig weg, aber wenn man nur auf die Auslage schielt, wenn man dran ist, merkt man das nicht. Es geht auch einmal eine Steinsorte aus, das ist aber eher ärgerlich (insbesondere wenn es zu früh geschieht, was aber nur eine Gefahr in Vollbesetzung darstellt). Eine Fokussierung aufs Knobelende zuungunsten von Interaktivität ist aber nicht per se schlecht; Fragen Sie mal die Puzzle-Hersteller und Sudoku-Rätselentwickler!
Projektmanagement als Narrative? Warum nicht? Es ist keine Perspektive, die den Escapismusgedanken in sich trägt. Es ist nicht heroisch, man kann sich nicht damit brüsten, die Welt zu retten oder den Hunger zu bekämpfen. Man managed sehr abstrakte Projekte, an deren Existenz oder Nicht-Existenz die Welt vermutlich nicht zugrunde geht.. Aber auch diese Arbeit kann interessant sein. Auch Manager oder Buchhalter finden oft an ihrer Arbeit gefallen, üben ihre Tätigkeit gerne aus, sehen effizientes und erfolgreiches managen von Projekten als Herausforderung. Ob Project L gefällt wird auch daran hängen, ob man diese Perspektive einnehmen kann.
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