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Perfect Words

Autor: Paul-Henry Argiot

Verlag: Piatnik

Für 2-6 Spielende ab 10 Jahren (eher ab 12)

Spieldauer: 15-30 Minuten

Kooperative Kommunikationsspiele setzen oft gerne auf Kreativität: Wie kann man mit den gegebenen Mitteln einen Begriff oder einen Code oder was-auch-immer den anderen vermitteln? Gelingt dies auf besonders kreative, ja geniale Weise, sorgt das für ordentlich Stimmung am Tisch – dies sind die Moment, an die man sich gerne erinnert (das und die besonders lustigen Fehlleistungen). Insofern sollte ein Spiel möglichst viel Kreativität erlauben – oder?

Natürlich ist das eine rhetorische Frage, ich weiß es doch eh besser!

Dass „Kreativität erlauben“ ein zweischneidiges Schwert ist, sieht man bei Perfect Words (Insofern war es nicht nur eine rhetorische Frage, sondern auch ein rhetorisches Stilmittel): Perfect Words ist so etwas wie ein kooperatives „Ein solches Ding“: Reihum legen die Spielenden Hinweise wie „Metall“, „Weihnachten“ oder „König:in“in ein Raster aus. Zwei (oder mehr) Karten in gerader Linie gehören zusammen und weisen auf einen Begriff hin. Am Ende der Auslegephase sollten die Spielenden idealerweise alle denselben Begriff für die Hinweiskombinationen aufschreiben – liegen etwa „Tier“ und „Pirat“ nebeneinander würde sich „Papagei“ anbieten. Allerdings ist das natürlich gewährleistet – garantiert denkt jemand eher an Krokodil (wegen Captain Hook“) oder Schnabeltier (Weil die cool sind“) oder an gar nichts. Sicherheitshalber kann es daher sinn machen, vielleicht noch ein „bunt“ zur Verdeutlichung anzulegen. Manchmal sorgt die Verdeutlichung auch dafür, dass der Rest des Tisches in die Tischkante beißt, weil die sich etwas ganz anderes ausgedacht haben, dass jetzt nun überhaupt nicht mehr passt.

Was regeltechnisch so einigermaßen einfach klingt, braucht daher tatsächlich mindestens eine Probepartie um richtig zu funktionieren. Das Problem ist tatsächlich, dass einem das Spiel sehr viel Freiheit liegt und das Kreativität mitunter anstrengend ist: Je offener ein Spiel ist, desto mehr kreative Arbeit wird von den Spielenden verlangt. Und nicht immer können alle wunderbar die tollsten kreativen Höchstleistungen vollbringen. Man kennt das von Codenames, wo mitunter nach minutenlangem Nachdenken dann doch ein „Baum-1“ genannt wird. Bei Perfect Worlds beginnt man ohne jegliche Vorgabe und muss mit vorgefertigten Karten treffsichere Hinweise auf etwas generieren, dass man sich ausgedacht hat. Es macht natürlich sinn, dass hier keine fertigen Begriffe gezogen werden, auf die man hinweisen muss – denn dann passen die Hinweiskarten garantiert nicht – aber das bedeutet eben, dass die Spielenden selbst kreativ sein müssen. Und dann müssen die Hinweise auch noch so kombiniert werden, dass man nicht nur selbst einen Bezug herstellen kann (wie es bei So Kleever gelingt), sondern ebenfalls alle andere – und zwar alle denselben. Diese kreative Arbeit ist in dieser Form ungewöhnlich, sie ist aber auch nicht zu unterschätzen und liegt eher noch oberhalb von Codenames, gerade weil man hier nichts fertiges hat, an das man sich orientieren kann. Gewissermaßen dreht Perfect Words das gewohnte Prinzip um: Statt sich für einen gegebenen Begriff Hinweise auszudenken, muss hier zu gegebenen Hinweisen ein Begriff gefunden werden, wobei die Hinweise auch noch selbst kombiniert werden müssen, also nicht So-Kleeverhaft vom Himmel fallen. Perfect Words stellt überraschend hohe Ansprüche. Das kann sich mitunter anstrengend anfühlen. Zudem macht sich bei der Auflösung eher Erleichterung breit, denn Bewunderung der Genialität – schließlich ist ja nicht ein genialer Begriff, sondern ein logischer gefragt. Aber wenn dann tatsächlich alle dasselbe haben, obwohl die Hinweise scheinbar wenig klar waren, das ist dann doch schon etwas besonderes!

Perfect Words ist eine anspruchsvolle Aufgabe, eine echte Herausforderung also. Als solches ist es eher ein Gelegenheits- denn ein Immer-wieder-Spiel. Aber für die passenden Gelegenheiten ist es tatsächlich wie gemacht.

 

Peer Sylvester
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