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Pampero

Autor:  Julián Pombo

Verlag: Skellig Games

Für 1-4 Spielende ab 14 Jahren

Spieldauer: 60-150 Minuten (eher 40-60 Minuten pro Person, je nach Spielerfahrung)

Georgios war etwas überrascht, dass ich mich für Pampero interessierte und tatsächlich fallen Euros mit überlanger Spieldauer und einer Schachtelgröße, in der vermutlich auch ein zusammengefaltetes Windrad untergebracht werden könnte, in der Regel nicht so in mein Beuteschema. Doch irgendetwas sprach mich schon an: Sei es das Thema (Uruguay stellt die Energieproduktion auf Windkraft um), sei es unaufgeregte aber supergelungene Artwork von Ian O´Toole, sei es die Chance eine Art Lacerda spielen zu können, ohne einen Lacerda erlernen zu müssen (Vital Lacerda war als Entwickler an dem Spiel beteiligt).

Tatsächlich merkt man den Lacerda-Einfluss dem Spiel schnell an: Zwar gibt es hier einen klaren Kernmechanismus statt dem Lacerdatypischen  Matrjoschka-Design ineinander verschachtelter Mechanismen aber dafür ergießt sich eine regelrechte Ikonokalypse über die Spieler: Auf Plättchen, auf Karten, auf dem Spielplan… Überaus viele, viele, viele Icons, die gelesen und verstanden sein wollen. Eigentlich müssten Karten und Plättchen größer sein, um alles ohne Lesebrille erfassen zu können, aber das Material passt auch so schon nur auf die größeren Tische dieser Welt. Auch Pampero ist daher keine leichte Kost.

Die gesamte Bildsprache ist sicherlich schlüssig und nicht allzu schwer zu erlernen, aber: Sie schreckt ab und erschwert vor allem die Übersicht in einem Spiel, dass Übersicht verlangt. Prinzipiell stellt sich also die Frage: War es das wert? Oder hätte eine Reduktion dem Spiel gut getan? Ja, wäre eine Reduktion der Plättchen, Karten, Symbole überhaupt möglich gewesen?

Das Ende einer Dreierpartie. So viel liegt bei Civilization nicht mal zu sechst auf dem Tisch.

Pampero ist erst einmal ein klassisches Wirtschaftsspiel: Wer am Ende am meisten Geld hat, gewinnt. Geldmünzen sind aber nicht nur schnöde Siegpunkte, sondern müssen auch ausgegeben werden: Gerade am Anfang wird man mehr für seine Aktionen ausgeben, als man unmittelbar einnimmt. Die Kurve umzudrehen helfen eine Reihe von Ketteneffekten, die durch die eben erwähnten Ikons ausgelöst werden.

Aber zuerst noch einen Schritt zurück: Im Kern ist Pampero nicht nur ein Wirtschaftsspiel, es stellt auch erst einmal eine nicht allzu komplexe Struktur in den Mittelpunkt: Man schiebt Bulldozer umher, um Bauen zu können. Man baut Strommasten um Dinge freizuschalten, in anderen Gebieten agieren zu können und um Sondereffekte zu bekommen (Ja, alles drei). Man baut Windanlagen, um Strom zu erzeugen und man nutzt diese Strom und ggf. hoffentlich frei geschalteten Bereiche auf dem eigenen Plan, um Verträge zu erfüllen, die letztlich regelmäßig Geld abwerfen. Eingeschränkt wird man in seinem Tun nicht nur durch beschränktes Geld ( fast jede Aktion kostet Bares), beschränkte Bauplätze und nicht frei geschaltete Dinge, sondern auch durch einen Kartenmechanismus: Eine Aktion durchzuführen bedeutet eine Karte zu spielen. Bis zu drei Karten spielt man pro Runde, von denen man nur eine zurücknehmen darf und zudem eine bestimmte. Das völlige Zurücknehmen der Karten kostet einen Zug und ist oft gar nicht unbedingt was man will: Jede gespielte Karte verringert nämlich die Kosten der später gespielten Karten und das komplette „Resetten“ der Auslage ist somit gar nicht unbedingt erstrebenswert. Dieses Dilemma ist sehr clever, allerdings muss man die Fallen im System selbst erleben, um sie umgehen zu können. In der ersten Partie wird man sich fast zwangsläufig selbst einbauen – eine willkürlich getroffene Entscheidung am Anfang kann sich Runden später als hinderlich erweisen und das lässt sich in der Erstpartie schlicht nicht erfassen ‑ Auch mit Hilfe erfahrener Mitspielenden nicht. Dennoch:  Den Kartenmechanismus zumindest einigermaßen in den Griff bekommen zu wollen, kann sehr motivierend  sein, zumal man ja nicht nur die Karten haushaltet, sondern eigentlich ja alles andere auch. Das ist schon ein reizvolles Puzzle, wenn man die Enge nicht als bedrückend empfindet.

Die erste Karte kostete 8$, die zweite 6$. Die nächste kostet abhängig vom Ort 5, 10 oder 17$. Man beginnt mit 25$ also ist letzteres erst einbmal absoluter Unsinn.
Die Symbole in all ihrer Pracht. Eine Regelhile mit Inhaltsverzeichnis.

Bis zu diesem Punkt sind die Ikons nicht nur notwendig, sondern auch größtenteils gelungen. Die Karten lassen sich gut lesen. Die Aufträge sind aufgrund der Größe etwas frikkelig. aber das lässt sich – siehe oben – nicht lösen, will man nach dem Auspacken des Spieles in dem Haus noch Platz zum wohnen haben. Ob die Freischaltelemente derartig diffizil verschlungen sein müssen, sei dahingestellt. Es macht es halt in erster Linie schwieriger die Konsequenzen des Tuns abschätzen zu können. Da sie im wesentlichen positiv sind, ist das vielleicht nicht dramatisch, aber es erschwert es das Spiel zu lernen und zu erfassen. Und das gilt insbesondere weil es eine Menge Zusatzeffekte gibt, die in vielen, wenn nicht sogar den meisten, aller Partien gar nicht zu Zuge kommen.

Viele Dinge, die ich hier nicht erwähnt habe, wie z.B. Solarenergie oder Auslandsverträge, hängen von ihrer Wichtigkeit enorm davon ab, ob bestimmte Karten oder Plättchen überhaupt im Spiel sind. Andere Symbole spielen sogar nur dann eine Rolle, wenn es eine Bonusauschüttung (=Wertung) gibt, die diese Symbole abfragt. Was bei der hohen Anzahl an möglichen Plättchen vielleicht einmal alle zehn (!) Partien der Fall ist. Diese Elemente wirken als wäre die Erweiterung bereits dabei. Bei einem Preis von jenseits der 100 Euro sicherlich irgendwo ein verständlicher Service, aber sie erhöhen die Einstiegshürde, da sie unabhängig von ihrer tatsächlichen Rolle in der jeweiligen Partie ja gelernt werden müssen. Wer noch hofft, es ohne allzu vielen Nullzüge durch die Partie zu kommen, weiß nicht unbedingt zu schätzen, dass in vier Partien vielleicht ganz andere Strategien möglich sind. Wo ein Rosenberg auf ein eher klares Design wert legt, konnte sich das Entwicklerteam um Lacerda offensichtlich nicht stoppen. Die Tatsache dass alle Mitspielenden ein kleines achtseitiges Heft mit allen Plättchen und Karten an die Hand bekommen ist ein schöner Service. Besser noch, wenn dieser gar nicht nötig gewesen wäre. Mehr ist manchmal einfach nur mehr.

An dieser Stelle könnte man natürlich sagen: OK, das Spiel ist gut, der Kern ist interessant,  es bietet Herausforderungen für die absoluten Expertenspieler – Wen interessiert’s, ob’s  auch elegant ist?

Pampero bietet eine faszinierende Möglichkeit: Zwar braucht man einen Bulldozer zum bauen oder einen Strommast zum Erfüllen von Aufträgen, aber das muss nicht der eigene sein! Vielmehr kann man alle Objekte der anderen mitbenutzen – man zahlt lediglich die Kartenkosten nicht an die Bank, sondern an die Person, dessen Krams man mit verwendet. Das ist eigentlich sogar eine sehr gute Option: Zwar gibt man der direkten Konkurrenz Geld, aber dafür spart man selbst Bauaktionen und bleibt flexibler. Es erlaubt flexiblere Strategien (wie z.B. in der teuersten Gegend einen Strommast zu errichten, in der Hoffnung die anderen nutzen den entsprechend oft). Die Geldmenge im System ist größer und davon profitieren alle, weil dann bessere -und teurere Optionen möglich sind. Sogar Nickligkeiten werden möglich, wenn Person A Person B mit deren eigenem Strommast einen Auftrag wegschnappt und dafür nur einen Hungerlohn bezahlt. Win – Win für alle!

Nur, wurde die Option in meinen Partien eher spärlich genutzt. Anders als bei anderen Spielen, bei denen man den anderen durch seine Handlungen Möglichkeiten eröffnet  wie z.B. Via Nebula aber auch Concordia, ist hier das konstruktive bezahlen der anderen kontrainduktiv zum spielen: Bei den anderen muss ich mir der Position der anderen bewusst sein, um diese nicht in eine konstruktive Aktion einzuschließen. Hier muss ich mir die Position der anderen bewusst sein, um deren Dinge zu nutzen. Gerade bei fortschreitender Partie habe ich im allgemeinen aber genug damit zu tun, nachzuhalten, wo meine eigenen Dinge sind. Habe ich mir mittelfristige Ziele gesucht, dann solche, die ich selbstständig erfüllen kann. Wenn sich unterwegs herausstellt, dass ich die mit Hilfe einer anderen Person besser erfüllen kann, dann muss ich das erst einmal bemerken. Und um auf eine lukrativere Möglichkeit umzuschwenken, muss ich die ganzen Ketteneffekte, die dann doch dranhängen (von den Bedingen ganz zu schweigen) auch erfassen können. Das wird durch die zahlreichen prinzipiell nicht zwingend notwendigen Elemente von Pampero erschwert. Im Effekt braucht Pampero nicht nur einige Partien, um es flüssig spielen zu können, es braucht auch eine große Reihe an Partien, um überhaupt zu entdecken was durch das System des gegenseitigen Bezahlens möglich wird. Und dann sind die sporadischeren Elemente noch gar nicht berücksichtigt.

Pampero ist somit eine Nummer größer, als es müsste. Dadurch versteckt Pampero seine eigenen Stärken und Möglichkeiten. Positiv formuliert schafft das zumindest den Raum, das Spiel entdecken zu können. Wenn man denn einige Wochen, Monate, Spielejahrgänge sonst nichts anderes spielt.

 

 

 

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Peer Sylvester
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