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Gaia

Verlag: Asmodee
Autoren: Olivier Rolko / Julien Castanié
Spieleranzahl: 2-5
Alter: ab 8 Jahre
Spieldauer: 20-30 Minuten

Mein erster etwas ernsthafterer Prototyp war ein Versuch, Populous auf’s Brettspiel zu bekommen. Populous war mal ein Computerspiel, das man mit Nullmodemkabel auch zu zweit spielen konnte (fragt eure Großeltern, was das war), was enorm viel Spaß gemacht hat. Zumindest bis die Verbindung abbrach, was bei einem mehrstündigen Spiel eigentlich immer früher oder später der Fall war. Meine Version hat nie so richtig funktioniert und irgendwie habe ich erst wieder daran gedacht, als ich Gaia in den Händen hielt – denn auch hier geht es um Götter, die versuchen, es ihren Untergebenen möglichst recht zu machen und mit Katastrophen, um sich zu werfen. Und es funktioniert auch nicht viel besser, als mein Prototyp damals, ist aber wenigstens deutlich kürzer.

Eine Partie Gaia sieht in etwa so aus: Alle erfreuen sich an der schönen Kartengraphik der Karten (die das Spiel steuern). Und zwar so sehr, dass alle erst einmal Karten ziehen, wenn sie dran sind. Ziemlich bald ist das Handlimit erreicht und die Spieler müssen Karten spielen. Also tun sie das und spielen diese in die gemeinsame Auslage. Da aber nur zwei Aktionen durchgeführt werden dürfen, man aber meistens mehr bräuchte, um keine Vorlage für den nächsten zu geben, baut man die Auslage so weiter, dass möglichst wenig damit anzufangen ist. Was die nächsten Züge nicht leichter macht, aber dafür darf man ja auch wieder nachziehen. Wer Glück hat, bekommt die Landschaftskarten auf die Hand, für die es einen Bonus gibt – Ziel ist es, seinen Vorrat an Anhängern aufzubrauchen und wer die richtigen Landschaftskombis anlegt, darf diesen Vorrat abschmelzen. Nur wollen das alle und für alle gelten dieselben Zielkarten. Also erfüllt derjenige die Karten, der am meisten Nachziehglück hat.

Eigentlich erfüllt die Auslage noch einen anderen Zweck: Man darf Städte gründen. Und Städte brauchen glückliche Bürger und glücklich sind Bürger, wenn auf den Nachbarplätzen bestimmte Landschaftskarten liegen. Wer eine Stadt baut, darf dort einen Bürger einsetzen. Zwei, falls die Stadt besonders glücklich ist und man die Fortgeschrittenen-Version spielt. Bei der dürfen andere Spieler die Stadt übernehmen, falls diese sie glücklicher machen. Im Grundspiel kommen die einfach dazu, was langweilig ist. In beiden Fällen gibt es genau zwei Strategien: Warten, bis man eine Stadt sicher hat (weil alle vier Nachbarn gelegt sind) oder etwas riskieren, weil man das Spiel langweilig findet und will, dass endlich etwas passiert. Ob es klappt ist in beiden Fällen Glückssache. Wie überhaupt das ganze Spiel Glückssache ist – und sogar noch schlimmer: Eine belanglose Glückssache. Niemand hat irgendeine emotionale Bindung zu irgendetwas, weil man keine Entscheidung trifft, die einen irgendwie fordern würde: Man legt Karten, weil man es muss und nicht weil man es will. Und dann kann sie jeder nutzen und man hat keinerlei Einfluss darauf, ob die Karte irgendeinen Zweck erfüllt oder nicht.
Und die Katastrophen? Die kommen nur in der höchsten Stufe vor und sind damit etwas für Profis. Sie machen aus dem belanglosen Glücksspiel ein chaotischen Glückspiel. Ist es vorher Zufall ob man passende Landschaften oder Städte bekommt, so ist es jetzt auch Zufall, ob man passende Katastrophen bekommt. Und das ganze wird noch egaler, denn wer wie von was getroffen wird ist nicht abzusehen.

Gaia zusammengefasst: Man zieht Karten und spielt irgendwas und am Ende gewinnt irgendwer und alle sehen sich an und fragen sich: War’s das? Und die Antwort ist: Ja. Wer 100 Partien Gaia hinter sich hat dürfte GENAUSO spielen, wie bei seiner ersten. Seine Siegchancen dürften sich nicht im geringsten verbessert haben. Da kann man aber genauso gut Schere-Stein-Papier spielen – das ist auch kurz und erweckt wenigstens nicht den Anschein als wäre es irgendetwas anderes als ein reines Glücksspiel.

Peer Sylvester
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