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echoes: Der Cocktail

Verlag: Ravensburger
Autoren: Dave Neale und Matthew Dunstan
Spieleranzahl: 1-6
Alter: ab 14 Jahren
Spieldauer: 60 Minuten

echoes (wird klein geschrieben. Warum auch immer) bezeichnet sich selbst als „Audio Mystery Spiel“ und das ist sicherlich korrekt, aber nur partiell hilfreich: Ja, Audio spielt eine große Rolle. „Mystery“ ist aber zumindest doppeldeutig: Gibt es übersinnliche Elemente? Nur in soweit, als dass die Rolle der Spielenden in der Spielwelt auf diese Art erklärt wird, innerhalb der Spielinternen Narrative aber eigentlich nicht. Ich vermute hier soll „Mystery“ eher „Hier gibt es ein Geheimnis zu lösen!“ signalisieren. Damit umgeht Ravensburger das Problem, dass mit der Bezeichnung „Escape-Game“ einhergeht, denn hier wird nicht entkommen. Generell ist diese Bezeichnung kritisch, denn viele Krimispiele und Escape-Games einigt doch einiges. „Einmal-Spiele“ ist aber negativ konnotiert und will sich sicherlich kein Verlag auf die Packung schreiben – aber abgesehen davon, denke ich eh, dass die Bezeichnung verwirrt, ist doch (von der Exit-Reihe vielleicht abgesehen) das Einmal-Konzept eher eine in Kauf genommene Nebenwirkung denn ein Zentralmechanismus. Ich benutze die Bezeichnung „Rätselspiele“, denn es geht darum ein oder mehrere Rätsel zu lösen. Und darum geht es auch hier in echoes. Nicht aber um das Lösen eines Krimis.

Im Prinzip haben wir hier ein Audiobook einer Krimi-Kurzgeschichte. Die wurde in einzelnde Teile geschnitten. Die meisten Schnipsel sind mit bestimmten Bildern verknüpft. So hört man bei Bild A vielleicht das Ende eines Telefongespräches und bei Bild B wie jemand geschlagen wird. Die Aufgabe der Spielenden ist es jetzt erst einmal diese Schnipsel in Kapitel einzuordnen, also heruaszufinden, was zusammengehört. Anschließend müssen noch alle Kapitel in die richtige Reihenfolge gebracht werden. Insofern wird hier nicht wirklich ein Fall gelöst, sondern es geht primär um mittels Mustererkennung die Geschichte zu rekonstruieren. Natürlich muss durchaus das eine oder andere logisch geschlossen werden: Hier ist die eine Figur noch da, hier ist sie weg, daher kommt das später. Hier wird der Gegenstand genutzt, der vorher geholt werden soll etc. Das ist alles durchaus logisch aber natürlich auch nicht gerade bockeschwer. Das ist aber hier auch nicht gewollt. Ich kenne nur diesen Fall, daher kann ich über die Stoßrichtung der Reihe nur aus dem Cocktail ableiten, aber es geht hier wirklich eher darum über die Geschichte und die Figuren zu spekulieren, als tatsächliche Deduktionsarbeit zu leisten. Ich würde echoes daher eher mit der Undo-Reihe vergleichen, die auch ihre Stärke eher in den Diskussionen und dem Spekulieren hat, als in der echten Detektivarbeit. Das merkt man auch daran, dass hier keinerlei Fragen am Ende gestellt werden, die man beantworten müsste. Ich fand es sogar etwas enttäuschend, dass bestimmte Hinweise gar nicht abgefragt werden, sondern, dass diese lediglich im Epilog erklärt werden. Bei einem zweiten Fall wüsste ich, dass es darum gar nicht geht, sondern eben darum, sich gemeinsam eine Geschichte zusammenzupuzzlen. Ein bisschen wie die Sach-Comic, die man in der Schule zusammenpuzzlen soll, nur eben sehr viel interessanter und unterhaltsamer gemacht.

echoes großer Trumpf ist dabei die Produkitionsqualität: Nicht nur sind die Karten (das einzige Spielmaterial) wirklich hochwertig und enorm gut gezeichnet, vor allem hat die Geschichte wirklich Hörbuch-Qualität. Bei einem solchen Spiel macht das eine Menge aus – ich erinnere mich an Instacrime, dass genau an der nicht ausreichenden Qualität der Photos scheiterte. Inhaltlich darf man kein Tolstoi erwarten, immerhin leben diese Krimigeschichten ja auch ein Stückweit davon, dass sie sich bekannter Motive bedienen, damit die Spielenden diese auch lösen können. Sie ist gut genug, dass die Spielenden motiviert sind, sie sich komplett und noch einmal in der Zusammenfassung anhören zu können – das ist schon in Ordnung.

Ohne die Geschichten der anderen echoes zu kennen: Ravensburger ergänzt den Rätselspielbereich um eine neue Facette. Statt die hunderste Variante des Escape-Themas oder ein herkömmliches Krimispiel auf den Markt zu werfen, hat man hier das Gefühl, wirklich mal wieder etwas neues zu tun. Auch wenn das neue, das man tut, lediglich das Ordnen einiger Soundschnipsel ist.

 

Peer Sylvester
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