Autor: Richard Lawton
Verlag: Corax Games
Für 2-4 Spielende (eher 3-4) ab 14 Jahren (eher ab 10)
Spieldauer: 60-120 Minuten (ca 30 Minuten pro Person)
Das Land ist hinne aber statt zusammenzuarbeiten, um es wieder aufzubauen, verwenden die Altvorderen ihre Armee der Untoten, um sich gegenseitig zu sabotieren. Nein, bei Crown of Ash geht es nicht um die FDP, sondern um Nekromanten, die versuchen wollen, die meisten Siegpunkte in Aschhausen (Name von der Redaktion geändert) zu generieren.
![Spielplan von Crown of Ash mit Einheiten in jedem der 7 Gebiete](https://www.spielbar.com/wordpress/wp-content/uploads/2024/12/73b14fc3-c527-44e9-a4c1-15f82f59a730-1-225x300.jpg)
Viel ist dabei nicht los in Aschhausen: Keine Disco, kein Varieté, nicht einmal eine anständige Topologie. Nur eine Handvoll Gebiete, in denen jeweils pro Gesetz nur ein einzelnes Gebäude stehen darf. Da bleibt eben wenig Raum für eine anständige Restaurantkultur also beschränkt man sich ganzjährig auf Halloween-Artikel: In den Häusern bekommt man Totenschädel, Urnen, Herzen oder Schwefel. Viel Staat ist damit nicht zu machen, also investiert man diese in Untote. Und wenn man die schon hat, kann man die auch dazu nutzen, sich gegenseitig die Gebäude (und damit die Gebiete) wieder abzunehmen. Das macht auch deswegen Sinn, weil es für die Gebiete regelmäßig Siegpunkte gibt – nur für diejenige, die gerade drin steht, versteht sich. Und weil wir Untote benutzen, kann man tote Truppen regelmäßig nachhaltig wiederverwenden. Schon mal gegen Unsterbliche gekämpft?
2005 erschien mit Nexus Ops eines der ersten erfolgreichen Versuche die klassischen Prügelspiele aus dem Risiko/Ameritrash-Fahrwasser zu modernisieren. Insbesondere sollten drei Schwachpunkte eliminiert werden: Spielende sollten nicht zwischen den Fronten zerrieben werden, die Ein-igel-Strategie sollten verhindert werden und vor allem sollten Spielende nicht defacto aus dem Spiel geworfen werden, schon gar nicht, ohne eigenes Zutun. Auch Crown of Ash versteht sich in dieser Tradition. Die ersten beiden Punkte wurden schon durch die fehlende Topologie (Die relative Position der Gebiete zueinander spielt absolut keine Rolle) obsolet. Um den dritten Punkt zu bedienen, verwendet Crown of Ash zum einen Untote – man verliert also eine angesparte Armee nicht dauerhaft aufgrund eines blöden Würfelwurfes und zum anderen Herz und Nieren einiger Eurogames, insbesondere dem Genre der Arbeitseinsatzspiele. Ganze vier Aktionen stehen uns zur Verfügung, von denen eine die wenig befriedigende „Karten wieder auf die Hand nehmen“ ist. Gebäude dienen einzig dem Rohstofferwerb, sind aber auch die Hauptrohstoffquelle um die Einheiten zu erwerben. Bleibt der Kampf. Der ist sehr deterministisch: Der Verteidiger verteidigt mit dem was vor Ort so liegt, die Angreiferin darf aus den Handkarten (je nach Ort) bis zu drei Karten dagegensetzen. Außerdem kommt beiderseitig noch mittels Kampfkarte etwas Unsicherheit ins Spiel. Das clevere ist, dass diese Kampfkarte auch die Belohnung für die Siegerin und den Trostpreis für den Unterlegenden bestimmt. An bestimmte Rohstoffe oder Geld kommt man am ehesten mit Hilfe dieser Karte, so dass man manchmal nicht bös ist, wenn man verliert. Die Angreifer-Einheiten werden zu den neuen Verteidigern, wenn der Angriff erfolgreich ist – das ist clever, insbesondere weil einige besonders starke Karten nach einem Angriff futsch sind. Aber eben auch, weil man so aufpassen muss, dass man seine stärksten Karten nicht irgendwo im Hinterland parkt.
So bietet Crown of Ash ein kleines selbsterhaltendes System, denn früher oder später wird man sich schon mangelns Alternativen angreifen müssen. Und nur für Gebiete gibt es Punkte, die hier aber auf privaten Leisten abgetragen werden. Crown of Ash versucht durch das leichte Eurogame-Feeling ein bisschen die Emotionen rauszunehmen. Das gelingt, wenn auch ein bisschen zu gut.
Frust ist schlecht, aber wenn man versucht, die Kämpfe etwas weniger persönlich zu gestalten, geht auch etwas verloren. Dieses Etwas muss ersetzt werden – Beispiel Kemet: Alles an Kemet ist temporär, man haut sich reihum gegenseitig auf die Mütze. Die Kämpfe sind so zahlreich und der Kreiskampf so in ihrer Wirkung berechenbar, dass sie zur Routine werden. Das Kemet trotzdem so eine große Fangemeinschaft hat, liegt daran, dass das Angreifen durch coole Effekte und Einheiten wieder aufgewertet wird: Es macht einfach Spaß, einen Skorpion gegen die feindlichen Armeen einzusetzen! Auch dann, wenn nächste Runde das gewonnene schon wieder zerbröselt ist.
Crown of Ash fehlt diese Kompensation. Die Graphik ist -so gelungen und einzigartig sie auch ist – der einzige wirkliche Anknüpfungspunkt des Themas. Die Einheiten unterscheiden sich praktisch nur in ihren Werten (und dort auch nur in einem kleinen Rahmen). Selbst die asymmetrischen Fähigkeiten der Fraktionen sind bis auf ein, zwei Ausnahmen wenig beeindruckend („Ich bin die Stimme, alle müssen mir gehorchen! Daher darf ich… drei Rohstoffe tauschen???“). Die Gefahr, dass die Kämpfe in ihrer Wirkung im Laufe der Partie verflachen, besteht daher durchaus. Viel gibt es halt nicht zu tun in Aschhausen, also greift man sich an. Das ist aber als Motivation ein bisschen dürftig. Die Siegpunkte steigen von Runde zu Runde, aber das ist als Dramatik etwas zu wenig. Zumal kann es so passieren, dass jemand zufällig komplett vom Brett gefegt wird und so eine Wertung verpasst. Geschieht das in der vorletzten Runde, ist schon klar, dass diese Person bestenfalls vorletzter werden kann und auch nur, wenn die Person auf Platz drei ihrerseits vernichtet wird. Das ist im Prinzip die Art von Frust, die in den modernen Varianten der Prügelspielen eigentlich vermieden werden sollte!
Es wiederstrebt mir, die altbekannte Metapher von den Stühlen und dem Platz dazwischen zu bemühen, aber Crown of Ash macht nun einmal nichts verkehrt, kann sich aber nicht ganz entscheiden, wo die Reise eigentlich hingehen sollte. Für ein konfrontatives Eurogame ist der taktische Rahmen etwas zu klein und das Meta zu groß, für ein emotionsgeladenes Prügelspiel, sind die Kämpfe nicht nur wegen der Untoten etwas blutleer. So sehr mir der sehr elegante und fast schon minimalistische Spielablauf auch gefällt, fehlt hier in meinen Augen noch eine Ebene. Das Thema hätte das hergegeben.
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