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Automania

Verlag: Aporta Games
Autoren: Kenneth Minde, Kristian Amundsen Østby
Spieleranzahl: 2-4
Alter: ab 12 Jahre
Spieldauer: laut Schachtel 60-90, m.E. eher 90-120 Minuten

Meine werten Mitstreiter Matthias und Jürgen sind uneins über dieses Spiel. Der eine finde es mittelmäßig, der andere toll. Das passt. Ich bin auch uneins über das Spiel.

Keinen Zweifel gibt es über die Graphik: Die ist in allen Belangen misslungen. Keine Katastrophe, sicher nicht, aber weder ist sie irgendwie ansprechend, noch zum Spielablauf oder zur Zielgruppe passend. Aber gut, dies hier ist die Spielbar, nicht Arthouse Magazine, also springe ich mal zur spielbarkeit.

Ich vergleiche ja gerne willkürlich zwei Spiele miteinander und Automania möchte ich mal mit Quadropolis vergleichen – nicht weil, dort die Schachtelgraphik in etwa denselben Gähnfaktor hat, sondern, weil der Zentralmechanismus verwandt ist (wer Quadrapolis nicht kennt, sollte die Gelegenheit nutzen und die entsprechende Rezi lesen!): Auch Automania verwendet eine quadratische Auslage, aus der ich ein Randfeld wähle und dann ein Plättchen aus der entsprechenden Reihe oder Spalte nutzen kann. Auch hier speist sich ein Gutteil des Spielspaßes daraus, dass man bestimmte Plättchen haben will, die dazugehörigen Randfelder aber nicht passen oder besetzt sind. Hier wird man zwar nicht (wie bei Quadropolis) komplett blockiert, aber man muss mit Arbeitern überbieten und das kostet defacto Geld und/oder Aktionen, während der Mitspieler den Arbeiter erneut einsetzen kann (sich selbst kann man auch gar nicht überbieten). Zu dritt wählt man diese Option nur, wenn es nicht anders geht, zu viert geht es regelmäßig nicht anders.

Das Hauptding ist aber: Das Randfeld gibt an, welches Auto ich produzieren MUSS. Die drei Typen unterscheiden sich im Preis und in der Ausstattung, wobei es da leichte Überschneidungen gibt. Die Ausstattung bestimmt die Güteklasse des Autos und damit den potentiellen Gewinn (dazu gleich mehr). Nebenbei wollen noch Auftragskarten erfüllt werden, die besondere Güteklassen und/oder Ausstattungsmerkmale bei bestimmten Autotypen verlangen. Mit anderen Worten: Es darf – wie bei Quadrapolis – fröhlich gepuzzelt werden. Man wird kaum das Wunschplättchen UND das Wunschauto auf einmal bekommen, also wie welche Kompromisse eingehen? Was riskieren? Ja, das kann bei Grüblern auch schon einmal dauern. Aber hier liegt für mich der Schlüssel zum Reiz des Spieles.

Wenn keiner mehr bauen will oder kann, werden produzierte Autos verkauft, wobei die besseren Autos zuerst verkauft werden und somit mehr Erlös abwerfen, während die Rostlauben sich mit den Brosamen vergnügen müssen. Zudem ist man eingeschränkt, wie viele Autos man verkaufen kann, so dass man auch mal ein Auto in Hoffnung auf einen höheren Erlös für die nächste Runde parkt.

Wäre das Spiel so kompakt wie hier beschrieben, fände ich es vermutlich ähnlich gut wie Quadropolis; Wie gesagt macht mir das Gepuzzle Spaß; man hofft und bangt, dass die Mitspieler einen nicht zu sehr in die Suppe spucken, man freut sich, wenn was klappt und ärgert sich, wenn nicht.

Das Problem ist: Das Spiel ist nicht so kompakt, wie hier beschrieben. Es gibt noch eine ganze Menge Kleinigkeiten, die alle nicht kompliziert sind. Die thematisch durchaus Sinn machen und die für sich genommen durchaus nett und bestimmt für einen funktionierenden Spielverlauf nötig sind. Nur in der Masse erhöhen sie die Komplexität und den Grübelfaktor und ich bin nicht überzeugt davon, dass sie die strategischen Möglichkeiten gleichermaßen erhöhen. Schlimmer: Ich bin nicht überzeugt, dass sie auch den Spielspaß erhöhen – zumindest was mich betrifft. Für mich ist das Spiel dadurch nicht ganz so schön auf den Punkt wie es Quadropolis ist. Das liegt daran, dass ich den Puzzlefaktor als das spaßbringende Element empfinde. Wer eher eine Simulation eines Wirtschaftsbetriebes spielen will, empfindet möglicherweise anders. Insofern liege ich mit meiner Meinung zwischen meinen Kollegen: Ich habe Spaß, wenn ich es spiele und finde es auch irgendwo gut, aber ich habe auch immer das nagende Gefühl in meinem Hinterkopf, dass es hätte besser sein können.

Das hängt aber auch mit den Spielerzahlen zusammen: Zu dritt ist die Konkurrenz logischerweise kleiner. Man kann eher planen, sich mehr auf das Optimieren konzentrieren und geht sich insgesamt eher aus den Weg. Zu viert ist mehr los auf dem Brett, das Spiel ist deutlich interaktiver und gemeiner – ob das jetzt was Gutes ist, hängt von den eigenen Vorlieben ab. Allerdings ist es zu viert definitiv länger und es ist möglich, dass der letzte Spieler in der Reihenfolge keine brauchbaren Plättchen mehr vorfindet. Das kann frustrieren (ich habe aber auch schon die ersten zwei Runden hinten gesessen und dennoch gewonnen, groß ist der Nachteil also eher nicht).

Ich versuche mir gerade abzugewöhnen, Rezensionen mit einem Fazit zu beenden, da ich der Meinung bin, dass der Leser sein eigenes Fazit aus den Beschreibungen zuvor ableiten können muss. Da ist es nur passend, dass ich für Automania gar kein Fazit schreiben könnte – das Spiel ist nicht nur Geschmackssache, es ist auch geschmacksachiger als die meisten anderen Spiele.

Peer Sylvester
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