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7 Wonders Architects

Verlag: Repos Production
Autor: Antoine Bauza
Spieleranzahl: 2-7
Alter: ab 8 Jahren (aber auch mit Vorschülern spielbar)
Spieldauer: 25 Minuten

Manche Spiele überraschen. Nicht weil sie unerwartet Spaß machen oder es ausdrücklich nicht tun. Sie überraschen, weil ihre Stärken nicht dort liegen wo man sie auf den ersten Blick vermutet. 7 Wonders Architects etwa bezieht sich durch Name und Thema deutlich auf den Kennerspiel des Jahres-Gewinner von 2011. Die kurze Spieldauer lässt bereits vermuten, was in der wuchtigen Schachtel steckt: eine kürzere und einsteigerfreundliche Version von 7 Wonders. Das ist es auch; aber irgendwie ist es das auch nicht und irgendwie dann wieder doch. Genau das ist daran so überraschend.

7 Wonders Architects Sortierkästen
Des Vielspielers innigster Wunsch erfüllt

Zuerst springen die Sortierkästen ins Auge, die den Ordnungs- und Inlay-Fetisch der meisten Vielspieler beinahe schon unanständig direkt bedienen. Sobald diese Plastikschuber beklebt und mit den richtigen Karten und Plättchen gefüllt sind, haben sie für normale Menschen vor allem klaren Aufforderungscharakter. Man kann zugreifen, auspacken und (vermeintlich) loslegen. Das stimmt zwar nicht, aber genau dieser Eindruck wird geweckt. Wie bei Fragen der Balance und der Fairness, ist der Eindruck auch hier wichtiger als die Realität.

Die nächste Besonderheit von 7 Wonders Architects ist, dass es einfacher und leichter zu erlernen scheint als 7 Wonders. Ist man am Zug, wählt man eine Karte vom rechten, linken oder mittleren Kartenstapel und legt diese vor sich aus. Je nachdem was für eine Karte das ist und welche man womöglich bereits vor sich auszuliegen hat, muss man nun bestimmte Schritte ausführen. Plättchen umdrehen, Plättchen nehmen, Plättchen austauschen oder die nächste Stufe des eigenen Weltwunders bauen und so dem Ende des Spiels näher kommen. Es gibt fünf verschiedene Farben und damit bis zu fünf unterschiedliche Handlungsabfolgen, die man im Kopf präsent halten muss, wenn man am Zug ist.

Der Grund weshalb das Erlernen dieser Wenn-Dann-Ketten so leicht und eingängig wirkt, liegt nicht zuletzt am genial aufgemachten Regelheftchen. Während 7 Wonders – trotz einfacher Rundenabläufe – mit beeindruckenden 12 Seiten und einer Regelhilfe daherkam, kommt 7 Wonders Architects effektiv mit zwei beidseitig bedruckten A4-Seiten aus. Statt sich unnötig lang mit thematischen Erzählungen oder belletristischen Formulierungen abzugeben, wird der Fokus auf die Aktionen der Spielenden gelegt. Klares Layout, kurze Sätze und unmissverständliche Illustrationen. Hier wurde redaktionell sehr viel richtig gemacht. Die Komplexität des Spielablaufs wird entzaubert ohne Vollständigkeit oder Klarheit vermissen zu lassen.

7 Wonders Architects mag erfahrenen Spielenden aber auch deshalb sehr viel leichter vorkommen, weil die Entschiedungen während des Spiels flacher und enger sind. Man sucht sich aus drei möglichen Karten eine aus, und führt dann blind aus was im Regelheft steht. Das unterscheidet sich deutlich vom Original, in dem man aus bis zu 7 Karten wählen konnte und deren Bedingungen durch die Karten in der eigenen Auslage erfüllt werden mussten. Das ist zwar eine einfachere Aktion, die weniger Regelkenntnis benötigt, aber sie hat auch langfristigere Auswirkungen. Wählt man zu Beginn die falschen Karten, hat man gegen Ende kaum noch Optionen.

Dabei war das Geniale an 7 Wonders, dass man vieles von dem was „der Kenner“ als zwingend notwendiges Vorwissen ansah, organisch durch das Spiel erlernen konnte. Die Bedeutung der Militärkarten wird einem bewusst, wenn die Nachbarn Punkte holen und man selbst Abzüge erleidet. Das Prinzip des „hate drafting“ dämmert einem langsam, wenn zum Ende des Spiels jemand durch die okkulte Praxis der „Wissenschaft“ plötzlich massiv Punkte holt. Die Handelskarten werden in ihrer Bedeutung klar, wenn man bemerkt wie flexibel man plötzlich beim Bauen ist. Diese spielerische Wissensaneignung trägt viel zum Sog bei, den 7 Wonders auf Spielgruppen ausüben kann.

Typische Auslage nach einigen Runden
Symbole sind klar verständlich und schnell erfassbar

7 Wonders Architects hat keine derart organisch entstehende Lernkurve. In der ersten Partie schöpft man schon fast alles von dem ab, was das Spiel taktisch und strategisch zu bieten hat. Es ist ein Wettlauf um Siegpunkte, bei dem man hofft die richtigen Karten zu ziehen. Mal gelingt das, manchmal tut es das nicht. Wenn Fortuna es will, löst man eine Kettenreaktion aus mit der man noch mehr Karten erhält. Das ist ein schönes Erfolgsmoment, aber hier zeigt sich auch mit welchem Spiel 7 Wonders Architects eigentlich verwandt ist und das ist vielleicht die größte Überraschung. 7 Wonders Architects spielt sich nicht wie 7 Wonders, sondern wie Machi Koro.

Statt launischer Würfel, die einen unverschuldet in den Stillstand zwingen, ist hier jeder Spielzug ein Schritt nach vorne. Die Entscheidung die eine oder die andere Karten zu ziehen, stellt die Weichen und man hofft, dass die Achterbahn hinter der nächsten Kurve steil nach unten geht, damit man an Fahrt gewinnt und ins Ziel rasen kann. Zwar bringt jede Karte einen Vorteil mit sich, aber spannend ist immer nur die Frage, ob das Spiel noch lange genug andauern wird, damit sich diese Kartenwahl rentiert.

Das ist unterhaltsam und zündet bei Kindern sehr gut. Machi Koro hat es 2015 auch nicht zu Unrecht zu einer Spiel des Jahres Nominierung geschafft. Wer jedoch 7 Wonders bereits kennt, wird hier nur wenig finden an dem man sich festhalten kann oder möchte.

Vielmehr dient 7 Wonders Architects als Vorgeschmack und Vorbereitung auf das Original. Die grafische Aufmachung und Begrifflichkeiten sind eng verwandt. Wenn man 7 Wonders Architects ein paar Mal gespielt hat, traut man sich den Sprung ins vermeintlich tiefe Kennerspiel-Wasser eines 7 Wonders eher zu. Schließlich ist der Rundenablauf dort viel einfacher, die Entscheidungen dafür anspruchsvoller und die drei Zeitalter schaffen einen ansprechenden Spannungsbogen.

7 Wonders Architects ist nicht 7 Wonders in kleinerer Ausführung, sondern ebnet den Weg für Seltenspieler sich danach auch an diesen modernen Klassiker zu wagen. Der Sprung von Neuling zu Kenner wurden selten so elegant und unauffällig vorbereitet wie hier.

Georgios Panagiotidis
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