Autoren: Richard Borg, Adrien Martinot
Verlag: Days of Wonder / Asmodee
für 2-4 Spieler*innen
ab 8 Jahren
Dauer: 30 Minuten
John Williams’ Titelmelodie zu „Krieg der Sterne“ ist nicht nur episch und eingängig. Sie sorgt auch dafür, dass die gleichnamige Filmreihe einen bestimmten Ton trifft. Entgegen des martialisch anmutenden Namen, soll man sich hier auf Abenteuer, Aufregung und Heldenmut einstellen können. So düster und dramatisch einige Wendungen in der Geschichte auch sein mögen, sie stehen alle im Dienst der Abenteuerlust, welche die Filme wecken.
In Battle of Hoth treffen – wie auch in den Star Wars-Filmen – zwei unterschiedliche Stimmungen aufeinander. Auf der einen Seite Spannung, Spaß und strategische Entscheidungen; auf der anderen Seite mähen sich Gruppen von Soldaten gegenseitig nieder, um Medaillen für den Sieg zu gewinnen. Auf der einen Seite Abenteuerlust wie bei John Williams, auf der anderen Seite das wahllose Töten im Namen der militärischen Dominanz.
Diese Gegensätze sind nicht zufällig, basiert das Spiel doch auf dem vor gut 20 Jahren veröffentlichten Memoir 44. Ein einsteigerfreundliches Kriegsspiel in dem man nach quasi identischen Regeln Soldateneinheiten im 2. Weltkrieg kommandiert. Die Allierten stehen dabei auf der einen Seite, auf der anderen Seite steht die deutsche Wehrmacht. Memoir 44 ist erst mit sehr großer Verspätung offiziell in Deutschland erschienen. Eine Entscheidung, die sich durch die Pressetexte der nun erhältlichen deutschen Edition als richtig herausstellen sollte.
Unabhängig der persönlichen Befindlichkeiten, dass man in einem Spiel als „deutsche Wehrmacht“ handel, rutscht man während des Spiels dann doch zu schnell in eine verklärende Erzählung von Soldatenschicksalen hinein. Einzelne Figuren werden zu Helden verklärt, weil sie aus ihrer Position heraus mehrere Einheiten eliminieren. Mehr noch, durch die Bezugnahme auf reale Gefechte der Geschichte wird suggeriert, dass diese Soldaten mehr als nur Kanonenfutter waren. Sie waren schicksalhafte Individuen, die den Fortgang der Geschichte beeinflusst, wenn nicht sogar geschrieben haben.
Das ist mit Verweis auf die deutsche Kriegsgeschichte natürlich mehr als nur höchstproblematisch. Entsprechend ist das Umpflanzen des Spielerlebnisses in ein weniger verfängliches Thema eine naheliegende, wie auch zielführende Entscheidung. Das fantastische Setting der “Star Wars”-Filme unterstreicht den fiktionalen Charakter des spielerisch Erlebten. Man wird kaum auf die Idee kommen dem Spiel eine historische Aussagekraft oder einen immersiven Einblick in die Vergangenheit anzudichten.
Wer Battle of Hoth spielt versteht, dass hier lediglich eine Erzählung erspielt wird, die selbst wiederum auf eine Erzählung (namentlich den ersten Akt des Films “Das Imperium schlägt zurück”) verweist. Entsprechend findet hier nicht willkürliche Existenzvernichtung und maschinell betriebenes Massensterben im Subtext des Spiels statt, sondern eben die heldenhaften, abenteuerlustigen, John-Campbell-geleiteten Heldenmythen, die Star Wars zu einem Titan des Hollywood-Kinos gemacht hat.
Innerhalb dieses erzählerischen und damit auch emotionalen Rahmens finden nun Gefechte zwischen der Rebellion (in etwa vergleichbar mit vietnamesischen Freiheitskämpfern) und dem Imperium (man stelle sich theokratische US-Faschisten vor) statt. Dabei wird auf das über viele Iterationen erprobte Memoir ‘44 Regelsystem gesetzt, welches mit Battle Cry, Command & Colors und auch Battlelore bereits überzeugen konnte.
Es sollte nicht unerwähnt bleiben, dass Memoir ‘44 auch 20 Jahre später noch im Vertrieb ist – und just erst eine rein kosmetische Neuauflage erfahren hat. Diese Langlebigkeit lässt sich vor allem auf einen einfachen Umstand zurückführen: es macht einfach einen Heidenspaß.
Ist man zu Beginn seines Zuges noch in den Zwängen gefangen, die einem die eigene Kartenhand bietet; endet jeder Zug aber auch mit dem Nervenkitzel eines Würfelwurfs. Die Karten präsentieren eng bemessene Mittel um die Spielsituation zu den eigenen Gunsten zu drehen. Während die Würfel Angreifer wie auch Verteidiger mitfiebern lassen, wer in diesem Zermürbungsgefecht den längeren Atem haben wird. Alles das ist eingebettet, in ein sehr dynamisches Stellungsspiel. Oft bewegt man im eigenen Zug mehrere angreifende Einheiten auf ein Mal. Nachdem die Würfel für den Feuerwechsel gefallen sind, ist die Gegenseite oft zu einem Rückzug gezwungen.

Battle of Hoth fühlt sich selten statisch an, ohne dabei in Zufälligkeiten abzurutschen. Da wundert es nicht, wenn man schon bald das Spielbrett mit anderen Augen sieht. Man scannt die Schneelandschaft danach ab, wo die eigenen Einheiten am wenigsten exponiert stehen, aber gleichzeitig auch nah genug am Feind sind, um – wenn man die Gelegenheit hat – möglichst erfolgreich zuzuschlagen.
Nach wenigen Partien nimmt man ganz selbstverständlich die Perspektive eines Generals oder einer Generälin ein, die den eigenen Truppen gezielt Anweisungen gibt, um strategisch wichtige Positionen einzunehmen. Es dauert nicht lange und man ertappt sich nach einem Gefecht dabei, wie man mit seinem Gegenüber fachsimpelt welche taktisch klugen Aktionen den Sieg ermöglicht haben. Oder auch an welchen Punkten einem der entscheidende taktische Vorteil allein durch Würfelglück verwehrt geblieben ist.
Battle of Hoth schwört die beiden Spieler*innen nach nur wenigen Szenarien zu einer Gemeinschaft ein, die taktische Finessen und strategische Überlegungen auf hoch empfundenem Niveau auszutauschen weiß. Die zugängliche Herausforderung des Spiels ragt in diesen Momenten über den Spieltisch hinaus und weiß die beiden Spieler*innen zu vereinnahmen.
Wer jedoch die Designwurzeln des Spiels kennt, wird sich nicht dagegen verwehren können, hier das schemenhafte Phantom des verharmlosenden Kriegsspiel zu erahnen. Es drängt sich eben doch die Frage auf, ob dieses hohe Maß an Spielfreude und Begeisterung nicht auch normalisiert über Kriegsszenarien zu sprechen, als wären sie ähnlich überschaubar in ihren Konsequenzen wie Spiele.
Aber damit unterscheidet sich Star Wars – Battle of Hoth nur unwesentlich vom riesigen Disney-Buffet an Unterhaltungsinhalten. Es ist primär Unterhaltung in Spielform und wird darum selten bis nie viel Reflektion nach sich ziehen. Aber politisch ambitionierte Inhalte hat Star Wars eigentlich auch erst mit Andor erreicht. Vielleicht müssen wir auch nur ein paar Jahre warten, bis sich ein Spiel mit den politischen Ideen des Settings beschäftigt. Bis dahin haben wir mit Star Wars – Battle of Hoth einen hoch unterhaltsamen Zeitvertreib, der uns kleine Plastiksoldaten über das Spielbrett spielen lässt, während man die Klänge von Laserwaffen-Feuer imitiert und eben John Williams epochale Titelmelodie nachsummt. Es gibt sicherlich Schlimmeres.
Bilder des Spielmaterials von Ingo (The Spielträumers) zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!
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