Autor: Pesu Nabeno
Verlag: EmperorS4 / Blue Orange
für 3-8 Spieler*innen
ab 10 Jahren
Dauer: 15 Minuten
In der Popmusik wurde das Sampling vor allem im Rahmen der aufkommenden Hip-Hop Bewegung ein Thema. Dadurch, dass man sich an kurzen Auszügen bekannter Songs bediente, konnte der Künstler, die Künstlerin oder auch die Crew etwas neues entstehen lassen. Das Vertraute machte die Songs eingängig, ohne das man genau sagen konnte warum; und so konnte man sich auf den neuen Rhythmus oder den Flow einlassen. Versucht man in Brettspielen eine Idee zu „samplen“, dann muss man sehr vorsichtig sein nicht einfach nur als billiger Abklatsch, oder schlimmer noch, kaum verhohlenes Plagiat verunglimpft zu werden.
Dabei können viele Spiele so schön eingängig und einladend wirken, wenn man neue Spieler*innen mit einem gelungenen Sample ködert. Mord in der Shadow-Villa könnte man etwa als ein Spiel umschreiben, welches „Schwarzer Peter“ als Sample nutzt, um ein leichtfüßiges und oft sehr humorvolles Kartenspiel daraus zu basteln.
Auch hier geht es darum, dass eine Karte die Runde macht, mit dem man nicht ertappt werden will. Das ist in gleichem Maße kinderleicht wie auch nervenaufreibend. Es ist leicht, denn es gibt viele Möglichkeiten wie man die unbeliebte Täter-Karte wieder abgeben kann. Es ist aber auch nervenaufreibend, da im Laufe des Spiels es auch zu Anschuldigungen kommt, wer denn nun den Täter auf der Hand hat. So spielt man Karten aus, schiebt Karten umher, zieht bei anderen oder tauscht. Im Idealfall wäscht man seine Hände in Unschuld, wenn jemand anders angeklagt wird.

Chaos ergibt Gelächter.
Aber nun ist das moderne Spieldesign vor allem dafür bekannt Spieler*innen mehr aktive Teilhabe und Einflussnahme zuzugestehen. Dahingehend fügt Mord in der Shadow-Villa weitere Regeln hinzu, die es nicht nur ermöglichen, dass der Täter eine Runde erfolgreich beendet. Es gibt auch Möglichkeiten wie man sich auf die Seite des Täters stellen kann, sollte man dort bessere Gewinnchancen wittern. Es gibt aber auch Möglichkeiten wie ein Sieg des Täters verhindert werden kann, ohne ihn rechtzeitig entlarvt zu haben. Und dann gibt es noch Karten, die nur daran erinnern sollen, dass man laut drüber reden soll, wer denn wohl vermutlich der Täter ist und wie man diese Person entlarven kann.
Es ist Mord in der Shadow-Villa hoch anzurechnen, dass diese zusätzlichen Regeln überschaubar bleiben und auch die Spieldauer nicht in die Länge ziehen. Im Gegenteil: eine Partie dauert kaum halb so lange wie eine Runde „Schwarzer Peter“. Zumindest fühlt sie sich so flink an.
Mord in der Shadow-Villa ist keine Designoffenbarung oder ein vollkommen neuartiges Spielerlebnis. Es ist ein Mitbringspiel: kurz erklärt und flink gespielt. Gerade für Gruppen, die sich bei Spielen abseits traditioneller Kinderspiele sichtlich unwohl fühlen, ist es ein unverbindliches Lugen in Richtung des modernen Kartenspiels. Es fühlt sich frisch und unverbraucht an. Es lädt nicht zuletzt wegen seiner kurzen Spieldauer dazu ein, einfach mal was auszuprobieren. Und wenn man nach der ersten Partie mitbekommen hat, dass das Unvorhersehbare den Spieltisch durchaus regiert; aber deshalb nicht unbezwingbar ist, fühlt sich so manch eine angehende Spielerin oder aus dem Tiefschlaf erweckte Spieler am Ehrgeiz gepackt.
Ein ganzer Spielabend lässt sich mit Mord in der Shadow-Villa sicherlich nicht füllen. Aber ein Spiel, welches in 15 Minuten für Überraschungen, Heiterkeit und etwas augenzwinkerndes Ärgern sorgt, kann nicht völlig belanglos sein.
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